Gedränge im Reagenzglas

Viele Teilchen machen Massenwirkungsgesetz ungenau

08.03.2012 - Deutschland

Wie schnell zwei chemische Elemente miteinander reagieren, wird auch von der Wahrscheinlichkeit beeinflusst, mit der die Reaktionspartner aufeinander treffen. Das sogenannte Massenwirkungsgesetz beschreibt diesen Umstand, indem es besagt, dass die Reaktionsgeschwindigkeit von der Konzentration der beteiligten Teilchen abhängt. Am Arnold Sommerfeld Center für theoretische Physik der LMU haben Professor Erwin Frey und sein Mitarbeiter Anton Winkler nun die Gültigkeit dieses Gesetzes mithilfe mathematischer Modelle überprüft. Dabei konnten sie zeigen, dass bei genügend hohen Atom- oder Moleküldichten das Massenwirkungsgesetz nicht mehr exakt gilt. „Diese Abweichung ist auf sogenannte Vielteilcheneffekte zurückführen und lässt sich aus der Zahl der Einzelreaktionen pro Zeiteinheit ableiten“, erklärt Frey.

Obwohl die Grundkräfte der Physik immer nur zwischen zwei Teilchen wirken, kann das Zusammenspiel von Abermillionen Teilchen in Vielteilchensystemen zu grundlegend neuen Phänomenen führen. Die Forscher analysierten mithilfe eines Simulationsmodells, welche Rolle Vielteilcheneffekte bei der Geschwindigkeit chemischer Reaktionen spielen. Eine solche Reaktion wäre zum Beispiel die Bildung von stabilem Wasserstoffgas (H2) aus zwei Wasserstoffatomen (H). Unter normalen Umständen liefert das Modell exakt die Reaktionsgeschwindigkeit, wie sie durch das Massenwirkungsgesetz beschrieben wird. „Wenn wir aber die Dichte der Reaktanten immer weiter erhöhen, wird diese Beziehung verletzt“ sagt Anton Winkler, „diese Abweichungen konnten wir mit Vielteilcheneffekten erklären, die zu starken Korrelationen führen“

Die entdeckten Abweichungen sind universeller Natur, also unabhängig von Teilcheneigenschaften wie Größe oder Form, und lassen sich aus der Reaktionsrate – d.h. der Zahl der Einzelreaktionen pro Zeiteinheit - ableiten. Allerdings sind sie so klein, dass sie schwer zu messen sind. Die Forscher gehen jedoch davon aus, dass ihre Theorie experimentell überprüft werden kann. Die Arbeit wurde im Rahmen des Exzellenzclusters „Nanosystems Initiative Munich“ und des Sonderforschungsbereichs TR12 „Symmetrien und Universalität in Mesoskopischen Systemen“ gefördert.

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