Heißer Fluss am Meeresboden

Max-Planck-Wissenschaftler entdecken in Gesteinsproben vom Ozeanboden Zusammenhänge, mit denen die Erdmanteltemperatur bestimmt werden kann

23.04.2001

Gestein wird im Erdmantel permanent neu aufgeschmolzen. Dass sich dabei der Gehalt bestimmter Haupt- und Spurenelemente geochemisch sehr ähnlich verhält, haben Wissenschaftler am Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie bei der Analyse von Erdmantelmineralen aus den mittelozeanischen Rücken festgestellt (Nature, 5. April 2001). Die jetzt festgestellte Korrelation ermöglicht es künftig, den Aufschmelzgrad entlang der ozeanischen Rücken und damit die Variation der Erdmanteltemperatur mit einfachen analytischen Mitteln zu bestimmen.

Etwa 70 Prozent unserer Erde sind mit Wasser, und darunter mit submarinen Vulkangesteinen, Basalten, bedeckt. Der Basalt bildet sich an den mittelozeanischen Rücken im Pazifik und Atlantik ständig neu. Die Entstehung der mittelozeanischen Rückenbasalte ist einer der wichtigsten Stoffflüsse auf der Erde. Jährlich bilden sich entlang der 75.000 Kilometer langen mittelozeanischen Rücken mehr als 20 Kubikkilometer neue magmatische Kruste. Das entspricht etwa 90 Prozent der globalen Magmenproduktion. Obwohl ozeanische Rücken und mittelozeanische Rückenbasalte zu den am meisten untersuchten geologischen Themen gehören, gibt es noch immer einige offene Fragen. Dazu zählen der absolute Aufschmelzgrad des Erdmantels und die Faktoren, die diesen bestimmen.

Das Aufschmelzen unter den mittelozeanischen Rücken kann man am besten mit einem Schwamm vergleichen, aus dem beim langsamen Aufsteigen Magma - wie Wasser - herausgepresst wird und auf den Ozeanboden fließt. Unter der sechs bis sieben Kilometer dicken basaltischen Kruste bleibt der trockene Schwamm in Form von Harzburgit (ein magnesiumreiches Gestein, zum ersten mal im 19. Jahrhundert in Bad Harzburg beschrieben) im obersten Erdmantel zurück. Beim Aufschmelzen werden so genannte "inkompatible" Bestandteile, wie Aluminium und Spurenelemente wie die seltenen Erden aus dem Harzburgit entfernt und in das Magma aufgenommen. An bestimmten Stellen in der ozeanischen Kruste konnten in den letzten Jahrzehnten solche Mantel-Harzburgite untersucht und zusätzliche Information über die Bildung von mittelozeanischen Rückenbasalten gewonnen werden. Bisherige Arbeiten zeigten, dass der Aufschmelzgrad - die "Trockenheit" des ausgepressten Schwammes - nicht überall gleich ist, sondern in Abhängigkeit von der Manteltemperatur, der Geschwindigkeit, mit der sich die tektonischen Platten auseinander bewegen, und weiteren Faktoren variiert.

Die Zusammensetzung der Mantelminerale aus den mittelozeanischen Rücken enthält Informationen über diesen variablen Aufschmelzprozess. So z.B. das meerwasserresistente Mineral Spinell, dessen Verhältnis von Chrom (Cr) zu Aluminium (Al), Cr/(Cr+Al), die so genannte Cr-Zahl, im Allgemeinen als guter qualitativer Indikator für den Aufschmelzgrad betrachtet wird, da das eine Element (Cr) im Mantelmineral verbleibt, während das andere (Al) in die Schmelze übergeht. Die Elektronenstrahl-Mikrosonde liefert die Hauptelementzusammensetzung der vorhandenen Mantelrelikte. Die Konzentrationen der inkompatiblen Spurenelemente werden mit der weniger verbreiteten Ionensonde - einem zeitaufwendigen Verfahren - bestimmt. Die entscheidende Hürde zum quantitativen Verständnis der Schmelzvorgänge unter den mittelozeanischen Rücken war aber bisher, dass diese zwei Methoden zur Bestimmung des Aufschmelzungsgrades nicht mit einander im Einklang zu bringen waren - ein Grund, weshalb diese Gesteine bisher relativ selten untersucht wurden.

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