Schrittweise Selbstorganisation von Molekülen zu hexameren Rosetten und weiter zu Nanoröhrchen

05.01.2004
Winzige Strukturen wie nanoskopische Röhrchen sind als mögliche Bauteile für die Optoelektronik, "intelligente" Materialien oder Basis für neuartige Systeme zum Transport von Pharmawirkstoffen im Körper heiß begehrt. Solche Mini-Schläuche müssen genau definierte Dimensionen und spezifische chemische Eigenschaften haben, was gar nicht so einfach zu realisieren ist. Ein niederländisch-belgisches Team um Frans C. De Schryver und E. W. Meijer hat einen Molekül-Typ synthetisiert, der per Selbstorganisation schrittweise zu langen Röhrchen aggregiert. Als die Wissenschaftler ihre Moleküle, zwei Oligo-para-Phenylenvinylene (OPV3 und OPV4 genannt), synthetisierten, forschten sie eigentlich gar nicht mit dem Ziel, Nanoröhrchen zu erschaffen. Rastertunnelmikroskopische Aufnahmen brachten dann eine Überraschung: Auf einen Graphitträger aufgetragen hatten sich die Moleküle zu hochgeordneten rosettenförmigen Strukturen angeordnet. In Lösung dagegen stapeln sich diese Rosetten zu langen Röhrchen. Geheimnis der ungewöhnlichen Aggregate ist der spezielle Aufbau der Moleküle aus "Kopf", langgestrecktem "Rückgrat", seitlichen "Armen" und drei langen "Schwänzen". Je sechs Moleküle stecken die Köpfe zusammen. Die gesellige Runde wird durch je zwei Wasserstoffbrückenbindungen zwischen Nachbarköpfen zusammengehalten. Die Anordnung der Brücken zwingt die Köpfe in eine schräge Position, sodass die Rückgrate nicht strahlenförmig nach außen weisen, sondern eine Rosette bilden. Die zweidimensionale Variante wird durch das Verschränken der Schwänze von Nachbar-Rosetten fixiert. Rosetten können wie Spiralen gegen oder im Uhrzeigersinn "gedreht" sein. Erstaunlicherweise drehen OPV3- und OPV4-Rosetten entgegengesetzt - und das, obwohl sie sich nur in der Länge ihres Rückgrates und der Anzahl der Arme (zwei bzw. vier) unterscheiden. "Die Moleküle sind bestrebt, den zur Verfügung stehenden Raum möglichst intensiv auszunutzen - ohne dass sich dabei Molekülteile in die Quere kommen," erklärt Meijer. "Unsere OPVs sind nicht völlig spiegelsymmetrisch und die Rosetten-Drehrichtungen damit nicht gleichwertig. Welche bevorzugt wird, hängt von der konkreten Größe und Geometrie des betrachteten OPVs ab. Zudem spielen Wechselwirkungen mit der Graphitstruktur des Trägers eine Rolle." Auch bei der Stapelung der Rosetten in der Lösung, die über Anziehungskräfte zwischen den flachen aromatischen Ringen der OPV-Rückgrate zusammengehalten werden, ist die Raumausnutzung optimal. So entstehen sehr Dichte Röhrchen mit etwa 1 nm Innendurchmesser, die als Transportkanäle interessant sein könnten. Über eine Variation der OPVs sollten gezielt Röhrchen mit anderen Dimensionen und Eigenschaften zugänglich werden.

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