«Brain Gain» aus den USA - Rückkehrhilfe für deutsche Jungforscher

18.08.2004
San Francisco (dpa) - Der promovierte Physiker Joerg Jinschek ist einer von knapp 7000 deutschen Nachwuchswissenschaftlern, die in den USA arbeiten. Ein Forschungsauftrag vom National Laboratory in Berkeley lockte ihn von der Friedrich-Schiller-Universität in Jena im Herbst 2001 ins sonnige Kalifornien. Ein typischer Fall von «Brain Drain», dem Verlust hoch qualifizierter Nachwuchsforscher für den deutschen Arbeitsmarkt. Das meint die in San Francisco ansässige German Scholars Organisation (GSO), die vor einem Jahr gegründet wurde. Der gemeinnützige Verein will die «Exil»-Wissenschaftler wieder an den deutschen Arbeits- und Forschungsmarkt anbinden und damit für einen «Brain Gain» sorgen. Jinschek ist ein geeigneter Kandidat. Aus familiären Gründen will der junge Familienvater gerne wieder nach Deutschland zurück. Doch trotz mehrerer Bewerbungen in seiner Heimat habe er bis jetzt «nichts Festes» in den Händen, klagt der Physiker. «Ich denke, dass ich eher hier eine Arbeit finde, als in Deutschland. Keiner interessiert sich mehr für dich, wenn du einmal weg bist.» Er hofft auf die Hilfe der GSO, die bei einem Scholars-Treffen in San Francisco auf die Dringlichkeit der Bindung deutscher Nachwuchsforscher an den heimischen Arbeitsmarkt verwies. «Es ist ein Drama, dass uns diese jungen Leute fast verloren gehen», sagte Wolfgang Benz, Personalleiter beim Schering-Konzern und Mitbegründer der GSO, der dpa. Trotz der Anspannung auf dem deutschen Arbeitsmarkt ist er zuversichtlich, dass es dort Jobs für die hoch qualifizierten Forscher gibt, solange man «mit der richtigen Strategie» auf die Suche geht. GSO-Vorsitzender Eicke Weber, Professor für Materialwissenschaften in Berkeley, will Kontaktnetze aufbauen und über eine Job-Börse Industrieunternehmen, Forschungseinrichtungen und Hochschulen mit den Wissenschaftlern in den USA zusammenführen. «Wir sind keine Headhunter, aber wir wollen Informationen austauschen und Alternativen aufzeigen.» Als potenzielle Arbeitgeber hat die GSO vor allem mittelständische Unternehmen im Auge, die im Gegensatz zu Großkonzernen nur selten im Ausland auf Nachwuchssuche gehen. Bei der GSO, die seit dem Frühjahr auch ein Standbein in Berlin hat, sind mittlerweile 500 Jungwissenschaftler online vernetzt. Doch für viele ist die Jobsuche in der Heimat weiterhin frustrierend. Ein junger Elektroingenieur aus Hamburg, der seit 2001 an der Universität Berkeley forscht, beschwert sich: «Ich habe Auslandserfahrung, spreche englisch und war an einer von Amerikas Top-Universitäten - und jetzt will mich keiner.» Seinen Namen will er nicht nennen, aus Sorge, dass offene Kritik die Jobsuche in Deutschland weiter erschwert. Auf dem Campus in Berkeley sind alleine 350 der rund 7000 deutschen Jungforscher tätig. Aus Sicht des 33-jährigen Ingenieurs will nur einer von zehn in den USA bleiben. Die übrigen wollten aus familiären Gründen langfristig wieder in Deutschland Fuß fassen. Mit gemischten Gefühlen bewirbt sich die Raum- und Umweltplanerin Karina Pallagst nach dreijähriger Forschung in Berkeley jetzt wieder in Deutschland. Wie viele Gastwissenschaftler schätzt sie das lockere Arbeitsklima an den US-Hochschulen, mit weniger Hierarchien und mehr Freiheiten. Die Schwierigkeit, eine feste, unbefristete Stelle an einer deutschen Universität zu bekommen, dämpft jedoch die Rückkehr- Lust. Vieles spreche dafür, in den USA zu bleiben, meint Pallagst. «Doch ich fühle auch eine gewisse Verantwortung, meine Auslandserfahrung zu Hause anzuwenden.»

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