London (dpa) - Die Ozonschicht wäre nach
Einschätzung des Chemienobelpreisträgers Paul
Crutzen Mitte der 70er Jahre um ein Haar völlig
zerstört worden. Diese Umweltkatastrophe wäre
eingetreten, wenn die Industrie in Sprays und
Kühlschränken nicht Chlorverbindungen, sondern das
chemisch verwandte
Brom eingesetzt hätte, berichtet das
britische Wissenschaftsmagazin «New Scientist» (Nr.
2300, S. 5) in seiner am Samstag erscheinenden Ausgabe.Chlorverbindungen könnten die Ozonschicht nur im
Zusammenspiel mit Eispartikeln zerstören, zitiert der
«New Scientist» Crutzen, der als Entdecker des
Ozonlochs gilt. Deswegen sei das Ozonloch über der
Arktis und der Antarktis besonders groß. «Brom
braucht aber keine Eispartikel», sagte Crutzen. Es
hätte das
Ozon viel schneller und gründlicher
zerstört.Der niederländische Atmosphärenspezialist
Crutzen hatte nachgewiesen, dass der
Ozonabbau in der
Atmosphäre durch
Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW)
deutlich verstärkt wird. 1995 erhielt er dafür den
Chemie-Nobelpreis. Die deutsche Industrie stellte die
inzwischen verbotene Produktion von FCKW 1994 ein.Der ehemalige Direktor der Abteilung
Chemie der
Atmosphäre des Max-Planck-Instituts in Mainz warnte
zudem seine Kollegen davor, unerwartete Beobachtungen zu
ignorieren. «Die Forscher werfen oft Daten weg, die
nicht zu den Vorhersagen ihrer Modelle passen»,
kritisierte er. «Das ist sehr gefährlich. Solche
Daten sind meist die Bedeutendsten.» Viele
Wissenschaftler hätten auch erste Anhaltspunkte für
das Ozonloch zunächst ignoriert. dpa