Gasturbinen würden
Strom effektiver und umweltschonender erzeugen, wenn das
Erdgas in ihrem Inneren bei höheren
Temperaturen verbrannt würde als es heute üblich ist. Doch die Materialien in der Brennkammer und auf den Turbinenschaufeln
halten eine Hitze von über 1250 °C dauerhaft nicht aus. Abhilfe verspricht eine Wärmedämmung, die Wissenschaftler des
Forschungszentrums Jülich entwickelt haben.
Der neue Hitzeschutz setzt sich aus zwei verschiedenen Schichten - Zirkonoxid und Lanthanzirkonat - zusammen, die jeweils rund 150
Mikrometer (Tausendstel Millimeter) dick sind. Proben mit einer solchen Doppelschicht überstehen über 1000 mal einen Zyklus, bei dem sie
zunächst auf 1350 °C erhitzt und anschließend rasch abgekühlt werden. Zum Vergleich: Wärmedämmschichten, wie sie derzeit in Gasturbinen
eingesetzt werden, platzen spätestens nach 600 Zyklen ab.
Wegen der kurzen Lebensdauer des herkömmlichen Hitzeschutzes bei Temperaturen über 1250 °C werden Gasturbinen heute nicht bei
höheren Temperaturen betrieben. Wie Ingenieure weltweit aus Computersimulationen und Modellrechnungen wissen, wäre das aber
wünschenswert: "Die Turbinen hätten dann einen höheren Wirkungsgrad", sagt Prof. Detlev Stöver, Leiter des Instituts für Werkstoffe und
Energietechnik 1 (IWV-1) im
Forschungszentrum Jülich. Weniger wissenschaftlich ausgedrückt: Es könnte mehr Strom aus dem Erdgas
herausgeholt werden. Oder im Falle von Flugzeugturbinen: Die Flugzeuge würden weniger Kerosin verbrauchen. Die Jülicher
Wärmedämmschichten ermöglichen somit, Kosten zu sparen, aber auch die Umwelt zu schonen. Denn geringerer Brennstoffverbrauch geht mit
einem geringeren Ausstoß des Treibhausgases
Kohlendioxid einher.
"Wir stellen die wärmedämmende Doppelschicht mit Hilfe des Plasmaspritzens her - ein Verfahren, das auch industriell intensiv zur
Herstellung von Wärmedämmschichten genutzt wird", sagt Dr. Robert Vaßen, Arbeitsgruppenleiter am IWV-1. Dazu lassen die
Wissenschaftler zunächst pulverförmiges Zirkonoxid in die sehr heiße Fackel eines Plasmabrenners rieseln, wo es schmilzt und beschleunigt
wird. Ein
Roboter fährt mit dem
Brenner wie mit einem Pinsel die Oberfläche des Bauteils ab und trägt so die Zirkonoxidschicht auf.
Anschließend wiederholen die Forscher den Vorgang mit Lanthanzirkonat.
Lanthanzirkonat dehnt sich bei steigenden Temperaturen weit weniger stark aus als die Bauteile, die es schützen soll. Eine
Wärmedämmschicht, die allein aus diesem Material besteht, springt deshalb bei starken Temperaturwechseln relativ leicht ab. Nur in der
Kombination mit Zirkonoxid, das herkömmlich als Hitzeschutz in Turbinen eingesetzt wird, zeigt sich die hohe Leistungsfähigkeit des
Lanthanzirkonats: Es behält seine Struktur - also seine atomare Architektur - bis zu seinem Schmelzpunkt (2300 °C) und leitet Wärme um 20
Prozent schlechter als Zirkonoxid, schützt also darunter liegende Materialien besser vor den hohen Temperaturen.
Die Wissenschaftler des IWV-1 untersuchen derzeit noch andere Substanzen, die wie Lanthanzirkonat eine so genannte Pyrochlor-Struktur
aufweisen. Sie hoffen, auf noch bessere Materialien für die Wärmedämmung zu stoßen. Mehrere Industrieunternehmen wollen die Jülicher
Werkstoffe in gemeinsamen Projekten bis zur Anwendungsreife bringen.
ffr