Was uns das Arabidopsis-Genom über die Evolution der Pflanzen verrät

Vergleich mit anderen Pflanzen zeigt, dass die Vervielfältigung des Genoms ein wichtiger Mechanismus in der Evolution der Blütenpflanzen ist

14.12.2000

Die "Arabidopsis Genom Initiative" feiert den erfolgreichen Abschluss des ersten Pflanzen-Genomprojektes: Die Erbsubstanz von Arabidopsis thaliana (Ackerschmalwand) liegt mittlerweile komplett sequenziert vor. Dazu veröffentlicht die Initiative unter dem Namen "Analysis of the genome sequence of the flowering plant Arabidopsis thaliana" am 14. Dezember 2000 in der britischen Fachzeitschrift "Nature" eine Zusammenfassung der Forschungsergebnisse, die in den letzten vier Jahren weltweit in mehr als 100 Labors über das Genom dieser Modellpflanze erzielt wurden. Neben Angaben über die genaue Genomgröße und die Anzahl der Gene gehören dazu auch Beiträge über den Stoffwechsel und die Entwicklung von Arabidopsis.

Vor diesem Hintergrund rückte auch die Frage in das Zentrum des Interesses, inwieweit die Ergebnisse der Arabidopsis-Genom-Analyse auf andere Pflanzen übertragbar und somit auch für die Pflanzenzüchtung von Bedeutung sind? Die Arbeitsgruppe von Renate Schmidt aus dem Max-Delbrück-Laboratorium in der Max-Planck-Gesellschaft untersuchte daher zusammen mit der Gruppe von Ian Bancroft vom John-Innes-Centre in Norwich/England pflanzliche Genom-Mikrostrukturen mit Hilfe von Sequenzinformationen. Hierzu verglichen sie Details der Genkarten von Arabidopsis mit denen von Capsella rubella, einer engen Verwandten des Hirtentäschelkrauts, und mit dem Gemüsekohl, Brassica oleracea. Alle drei Arten gehören zur Familie der Kreuzblütler, zu der auch Raps oder Senf zählen. Sie alle unterscheiden sich in der Größe ihres Genoms und in der Zahl der Chromosomen: So umfasst der einfache Chromosomensatz bei Arabidopsis thaliana fünf, bei Capsella rubella acht und bei Brassica oleracea neun Chromosomen.

Mit molekularbiologischen Methoden verglichen die Forscher einzelne Gene und ihre Lage auf den Chromosomen. Hierbei stellten sie fest, dass die Genom-Mikrostruktur zwischen Arabidopsis und Capsella nahezu identisch ist. Bis auf einige wenige Unterschiede, wie beispielsweise Chromosomenbrüche, sind die Gene beider Arten in nahezu gleicher Weise auf den Chromosomen angeordnet (s. Grafik). Große Unterschiede gibt es hingegen in der Genom-Mikrostruktur zwischen Arabidopsis und dem Gemüsekohl Brassica. So finden sich bei Brassica zahlreiche Veränderungen in der Reihenfolge der Gene, die die Wissenschaftler auf Inversionen, also die Umkehr von Chromosomenstücken, auf Translokationen - dabei werden Gene an andere Stellen im Genom befördert - und besonders häufig auf Deletionen, das ist der Verlust einzelner Gene, zurückführen.

Diese Unterschiede in der Mikrostruktur des Arabidopsis- und des Brassica-Genoms sind wesentlich größer, als man aufgrund des Zeitpunktes annehmen würde, an dem sich beide Arten in der Evolution voneinander getrennt haben: Dies geschah zwischen Arabidopsis und Capsella vor etwa 8 Millionen Jahren, zwischen Arabidopsis und Brassica jedoch bereits vor über 16 Millionen Jahren. Zeitlich besteht also kein linearer Zusammenhang zwischen den Veränderungen des Brassica-Genoms im Vergleich zu Arabidopsis. Folglich müssen weitere evolutionäre Einflüsse auf das Brassica-Genom gewirkt haben.

Interessanterweise entdeckten die Forscher, dass sich einzelne Segmente des Arabidopsis-Genoms in Brassica dreimal auf verschiedenen Chromosomen wiederfinden. Das lässt den Schluss zu, dass es nach der Trennung der beiden Arten in der weiteren Evolution von Brassica zu einer Verdreifachung des Genoms gekommen ist. Der Vergleich der Mikrostruktur dieser verdreifachten Chromosomen-Segmente untereinander und mit dem Arabidopsis-Genom zeigt grosse Unterschiede. Doch die Grundstruktur von Arabidopsis ist auch im Brassica-Genom zu finden, wenn auch in unterschiedlichen Varianten. Seit längerem vermutete man bereits, dass Genomvervielfältigungen, sogenannte Polyploidisierungen, einen großen Einfluss auf die Evolution von pflanzlichen Genomen haben. Mit den Forschungsergebnissen aus Köln und Norwich liegt nun zum ersten Mal der N

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