Premiere: Test eines Rastertunnelmikroskops unter Schwerelosigkeit

06.12.2001
Das mit dem Nobelpreis für Physik an Gerd Binnig und Heinrich Rohrer ausgezeichnete Rastertunnelmikroskop (Scanning Tunnelling Microscope, STM) ist erstmals während eines Parabelflugs über Korsika unter den Bedingungen der Mikrogravitation getestet worden. Mit dem vom Team um Prof. Wolfgang M. Heckl vom Institut für Kristallographie und Center for NanoScience entwickelten und im eigenen Institut gebauten Gerät wurden von den beiden jungen Mitarbeitern Dr. Tanja Drobek und Michael Reiter während eines Parabelfluges zum ersten Mal Atome an der Oberfläche eines Graphitminerals in Schwerelosigkeit abgebildet. Den Flug veranstaltete das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln. Rastersondenmikroskop für die Internationale Raumstation Dieses Vorhaben im Bereich der Bio-Nanotechnologie ist Teil eines Projektes für den Aufbau eines atomar auflösenden analytischen Meßinstruments auf der Internationalen Raumstation ISS. Als erster Schritt wurde das Prototyp-STM im Hinblick auf die mechanische Stabilität (insbesondere bei Vibrationen), die Sicherheit und Ergonomie unter Schwerelosigkeit (Stichwort Human Interface) getestet. Es soll auf der ISS dazu verwendet werden, das Wachstum großer, defekt-freier DNA-Kristalle unter Mikrogravitationsbedingungen zu untersuchen. Solche Experimente sind auf der Erde nicht optimal möglich, da der Einfluß der Gravitation die Präparation aus der wässrigen Lösung stört und damit die Selbstorganisation der Biomoleküle behindert. Mögliche Anwendungen beinhalten die Entwicklung DNA-basierter Mikrochips sowie die Herstellung von pharmazeutisch wirksamen Makromolekülen mit einem "Labor auf dem Chip". Lebensspuren im Nano-Bereich Mit der Rastersondenmikroskopie steht ein von den Nobelpreisträgern Gerd Binnig und Heinrich Rohrer entwickeltes Instrument zur Verfügung, um Mikrostrukturen auf atomarer und molekularer Ebene sichtbar zu machen. Dieser einzigartige Einblick in den Nanokosmos hat bisher schon zu spektakulären Ergebnissen geführt. Dem Münchner Physiker Prof. Dr. Wolfgang M. Heckl gelang beispielsweise erstmals, die vier Basen der DNS sichtbar zu machen. Seine Forschungsgruppe an der Ludwig-Maximilians-Universität beschäftigt sich mit Projekten zur Entstehung von Leben. Wann und unter welchen Bedingungen begannen Moleküle, sich selber zu replizieren? Rastersondenmikroskop für Marsmission Eine Frage, die auch in der extraterrestrischen Planetenforschung eine herausragende Rolle spielt, etwa bei der Beantwortung der Frage nach Lebensformen auf dem Mars. Neueste Entwicklung der Forschungsgruppe Heckl ist ein mobiles Rastersondenmikroskop (Scanning Probe Microscope, SPM), das als Nutzlast eines Roboters im Format eines Spielzeugautos autonom auf der Marsmission 2003 nach Spuren von Wasser aus der Frühzeit der Marsgeschichte an der Oberfläche von Sedimenten suchen soll. Erste Experimente mit einem AFM, einem Rasterkraftmikroskop, zeigten die prinzipielle Machbarkeit an Hand von untersuchten irdischen Sedimentproben. Hier ist es dem Mitarbeiter Andre Kempe bereits gelungen nanometrisch große Erosionsspuren von Wasser nachzuweisen. Voraussetzung für diesen Einsatz auf unserem Nachbarplaneten ist eine Tauglichkeitsprüfung, die das hochauflösende STM auf mehreren von der DLR durchgeführten Parabelflügen unter den Bedingungen der Mikrogravitation Mitte November in Frankreich bestanden hat. Nun ist ein weiterer Einsatz des Gerätes auf der Internationalen Raumstation ISS geplant. Es soll dazu verwendet werden, das Wachstum großer, defektfreier DNS-Kristalle unter den Bedingungen der Mikrogravitation zu untersuchen. Damit wären nanotechnologischen Anwendungen, die nur unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit möglich sind, die Türen auch in der Raumfahrt geöffnet.

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