Der neue BASF-Chef: Chemiker mit Erfahrung als Pianist

Brudermüller will vor allem Forschung an Zukunftsmaterialien stärker voranbringen

02.05.2018 - Deutschland

(dpa) «Nach vorne», «Innovation», «Begeisterung»: Wer mit dem neuen BASF-Chef Martin Brudermüller spricht, hört diese Worte öfter. Sie signalisieren eine Dynamik, die dem Chemiker eigen zu sein scheint. Der sportlich und offensiv wirkende 56-Jährige ist seit 30 Jahren bei der BASF und hatte in dieser Zeit zehn Posten inne. Ein Werdegang, den der selbstbewusste Manager mit Blick auf die elfte Tätigkeit für «ideal» hält: Als Vorstandschef müsse er keinen Kaltstart hinlegen. «Ich kenne viele Menschen im Unternehmen, und ich weiß, dass ich auf die bauen kann.»

Brudermüller war schon 2010 als Spitzenkandidat im Gespräch. Den Zuschlag bekam damals allerdings Kurt Bock. Der Betriebswirt ist auch ein BASF-Gewächs, wirkt aber distanzierter als Brudermüller. Der gilt in der Belegschaft nicht nur als freundlich und mitreißend, sondern auch als entschlussfreudig und zupackend, wenn es um neue Geschäftsfelder geht. Viele sehen in ihm einen Macher.

Der «Neue», der mit leicht schwäbischem Einschlag spricht, wurde in Stuttgart geboren, wuchs aber im badischen Karlsruhe auf, wo er auch Chemie studierte und promovierte. Der Vater, ein Kernphysiker, habe in ihm schon früh ein Interesse für Naturwissenschaften geweckt und ihn - als er sich für Chemie entschied - damit geneckt, er habe «den schmutzigen Teil der Physik» gewählt. Der Sohn konterte, dass der Chemiker Otto Hahn statt der Kernphysiker die Kernspaltung entdeckte.

Zunächst hatte Brudermüller, der «gern etwas mit den Händen macht», Chirurg werden wollen. Als Ärzte ihm aber sagten, zu 50 Prozent heile man mit Worten, zu 25 Prozent mit Medikamenten und nur zu 25 Prozent schneide man auf, ließ er den bereits zugesagten Medizin-Studienplatz sausen. Grund sei der hohe Gesprächsanteil gewesen, erklärt er: «Ich weiß nicht, ob ich dafür geduldig genug wäre.»

Über einen Ferienkurs der BASF für ausgewählte Doktoranden kam er mit der Firma in Kontakt. 1988 - nach einem Jahr als Post-Doc im kalifornischen Berkeley - begann er im Ammoniak-Labor der BASF. Der Zeit in der Forschung folgte eine Zeit bei den Zwischenprodukten, bevor er in Mailand im Vertrieb für Pharma-Chemikalien tätig war.

Brudermüller arbeitete unter anderem im Stab des Vizevorsitzenden Hanns-Helge Stechl sowie in der strategischen Planung der BASF-Gruppe und wechselte 2006 als Vorstandsmitglied mit der Zuständigkeit für die Region Asien-Pazifik nach Hongkong. 2015 kam er - seit 2011 auch Vize-Vorstandschef - zurück und wurde Technologievorstand.

In Asien machte er viele Erfahrungen - zum Beispiel, dass die chinesischen Partner der BASF stets lächeln, wenn die deutschen Ingenieure akribisch einen Plan zur Wartung einer Anlage erstellen. Weil sie sagen, dass immer etwas dazwischenkommt.

Was dann auch passiert. Gerät wegen eines korrodierten Rohres der Zeitplan in Gefahr, setzen die Chinesen übers Wochenende 300 Arbeiter ein, die das Problem beseitigen. Dass dann montags alles wieder nach Plan läuft - davon hätten beide Partner gelernt, sagt Brudermüller. «Wir kombinieren die Stärken.»

Technikchef will er bleiben. «Dafür schlägt mein Herz», sagt der Manager, der unter anderem eine Funktion in der Nationalen Plattform Elektromobilität hat. Über Pannen, etwa bei einer teuren Anlage für das BASF-Kunststoffprodukt Toluoldiisocyanat (TDI) in Ludwigshafen, redet er dagegen nicht so gern.

Da sei das eine oder andere nicht so gelaufen, wie man es gewollt habe. «Aber wir haben ja viele andere Dinge abgewickelt, die sehr gut laufen.» Dass die BASF derzeit - wegen der Fusion der US-Konkurrenten Dow und Dupont - nicht mehr weltgrößter Chemiekonzern ist, scheint ihn nicht zu irritieren. Größe allein sei nicht das Thema. «Wir wollen der innovativste und führende Hersteller sein für Chemieprodukte.»

Bereits als Technikvorstand und Vize-Vorstandschef habe sich Brudermüller dafür eingesetzt, die Innovationskraft des Konzerns zu stärken, sagt der Betriebsratsvorsitzende der BASF SE, Sinischa Horvat. «Als Arbeitnehmervertreter sehen wir das als eine positive Entwicklung an.» Innovationen seien nicht nur der Motor für neue Produkte, Anwendungen oder Märkte, sondern auch für neue Jobs - «und zwar für gute Jobs».

Brudermüller treibt Sport, hat dafür aber - wie für die Oper und das Klavierspiel, für das er 17 Jahre Unterricht nahm - wenig Zeit. Er versuche, sich fit zu halten, sagt der verheiratete Vater von 22 Jahre alten Zwillingen beiderlei Geschlechts. Seine Handwerker-Leidenschaft lebt er an Haus und Auto aus - «weil es mir einfach gut tut, mal was mit den Händen zu machen».

Der Leiter des IG-BCE-Bezirks Ludwigshafen, Gunther Kollmuß, findet es gut, «dass mal wieder jemand aus dem naturwissenschaftlichen Bereich, der die BASF gut kennt, das Ruder übernimmt». Brudermüller sei in der Forschung durch seine Fachkompetenz «recht gut angesehen». Diese Sichtweise verhelfe womöglich zu einer besseren Einschätzung, was in den Geschäftsfeldern in Zukunft wichtig werden könnte.

Die Ära Bock sei stark von finanzwirtschaftlicher Logik geprägt gewesen, meint Gewerkschafter Kollmuß. «Ich verspreche mir von dem Wechsel, dass in den Kernbereichen wieder eine stark auf den Chemiemarkt ausgerichtete Politik erfolgt.»

Weitere News aus dem Ressort Personalia

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen

Entdecken Sie die neuesten Entwicklungen in der Batterietechnologie!