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Mefloquin



Steckbrief
Name (INN) Mefloquin
Wirkungsgruppe

Antiprotozoikum

Handelsnamen

Lariam®, Mephaquinää®, Mefliam®

Klassifikation
ATC-Code BC02
CAS-Nummer 53230-10-7
Verschreibungspflichtig: ja


Fachinformation (Mefloquin)
Chemische Eigenschaften

IUPAC-Name: 2,8-bis(trifluoromethyl)quinolin-4-yl]-(2-piperidyl)methanol
Summenformel C17H16F6N2O
Molare Masse 378,312 g/mol

Mefloquin ist ein synthetisch hergestellter Arzneistoff zur Malariaprophylaxe und –behandlung, der u. a. unter den Markennamen Lariam®, Mephaquin® und Mefliam® vertrieben wird. Das Medikament ist eine gemeinsame Entwicklung des Walter-Reed-Instituts der United States Army und des Pharmakonzerns Hoffmann-La Roche. Es unterliegt der ärztlichen Verschreibungspflicht.

Die Wirkung von Mefloquin liegt wie bei Chinin und Chloroquin auf die erythrozytären Stadien der Malariaparasiten. Der genaue Wirkungsmechanismus ist unbekannt. Mefloquin wirkt gegen Malaria tropica und Malaria tertiana mit Chloroquinresistenz. In einigen Gebieten Thailands, Myanmars und Kambodschas zeigen sich häufig Resistenzen von Plasmodium falciparum. Bei Malaria Plasmodium vivax wird eine Weiterbehandlung mit einem anderen Medikament empfohlen, um Rezidiven vorzubeugen (siehe auch: Primaquin). Es wird generell dazu geraten, Mefloquin nicht zur Behandlung einzusetzen, wenn es bereits als Prophylaxe eingenommen wurde.

Von der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit e.V. (DTG) wird das Medikament momentan als eins von drei möglichen Mitteln zur Prophylaxe der Malaria Tropica in Gebieten mit hohem Übertragungsrisiko ohne Mefloquin-resistente Erreger empfohlen (mögliche Alternativen: Atovaquon-Proguanil oder Doxycyclin). Gleiches gilt für den Einsatz zur notfallmäßigen Selbstbehandlung in Gebieten mit mittlerem Risiko (mögliche Alternativen: Artemether-Lumefantrin oder Atovaquon-Proguanil). Die notwendige Berücksichtigung der Reisezeit, der Reisedauer, der Reiseart, der geplanten Aktivitäten, eventueller Vorerkrankungen, Unverträglichkeiten und der Einnahme von Medikamenten wird dabei bei allen Optionen ebenso wie die ärztliche Pflicht zur Aufklärung über mögliche Nebenwirkungen betont.[1][2] Dagegen wird der Einsatz von Mefloquin zur Behandlung von Malaria aufgrund möglicher Nebenwirkungen in Großbritannien und in den USA gar nicht bzw. nur in Ausnahmefällen empfohlen.[3][4]

Inhaltsverzeichnis

Pharmakologie

Nebenwirkungen

Mefloquin kann Probleme im Verdauungstrakt verursachen wie Übelkeit, Durchfall, Erbrechen. Weitere Nebenwirkungen können Schlafstörungen, Schwindel, in selteneren Fällen auch Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen, Verwirrtheit, Angstzustände, Depressionen, Psychosen, Halluzinationen und Krämpfe sein. Darüber hinaus treten mitunter dermatologische Nebenwirkungen (vereinzelt auch schwere Fälle) auf. Die Ausscheidung dauert sehr lange, 2 bis 3 Wochen ist die Plasmahalbwertszeit, unerwünschte Nebenwirkungen können also noch nach Wochen auftreten bzw. längere Zeit anhalten. Nach Langzeitstudien scheint es, wenn kurzfristig keine Nebenwirkungen auftreten, auch über Jahre keine Probleme zu geben.

Kontraindikationen & Wechselwirkungen

Mefloquin sollte nicht bei Überempfindlichkeit gegen chininartige Stoffe genommen werden, auch bei Epilepsie und psychischen Vorerkrankungen sollte das Mefloquin nicht verwendet werden. Mindestgewicht des Einnehmenden sollte 5 kg betragen. Bei Nieren- oder Lebererkrankungen, Herzrythumsstörungen und der Einnahme von Herz- und Kreislaufmedikamenten muss besondere Vorsicht walten. Während der Schwangerschaft sollte kein Mefloquin eingenommen werden.

Medikamentenführer

In den USA werden Patienten seit 2003 mittels eines sogenannten Medikamentenführers ("medication guide") über mögliche Neben- und Wechselwirkungen sowie Kontraindikationen des Mefloquins informiert. Darin wird auch auf Selbstmordfälle nach der Einnahme des Medikaments hingewiesen, wenngleich hervorgehoben wird, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen Suizid und der Einnahme von Mefloquin bislang nicht einwandfrei bewiesen werden konnte. Ausdrücklich betont die Broschüre die Notwendigkeit, beim Auftauchen neuropsychiatrischer Symptome einen Arzt aufzusuchen, um in Absprache mit diesem das Medikament möglicherweise abzusetzen und auf einen anderen Wirkstoff umzusteigen (siehe u.a. auch: Doxycyclin, Atovaquon-Proguanil). Der Medikamentenführer enthält außerdem einen ausschneidbaren Zettel, der erneut die wichtigsten Warnhinweise zusammenfasst. Dieser soll während der gesamten Einnahmezeit im Portemonnaie mitgeführt werden.[5]

Kritik

Der Einsatz von Mefloquin zur Prophylaxe von Malariainfektionen wird schon seit Einführung des Medikamentes kontrovers diskutiert. Liegen die Vorteile einerseits in dem relativ guten Schutz vor Infektion bei nur wöchentlicher Einnahme, wird andererseits immer wieder von neurologischen und psychiatrischen Nebenwirkungen berichtet. Studien, die ursprünglich zur Zulassung führten und eine scheinbar gute Verträglichkeit des Medikaments zeigen, zeichnen sich durch methodische Schwächen aus (z.B. Mangel einer adäquaten Kontrollgruppe im Rahmen einer randomisierten, kontrollierten Studie, nicht-repräsentative Patientenkollektive wie z.B. Soldaten oder Gefängnisinsassen, problematische Definitionen schwerer Nebenwirkungen).[6][7][8] Randomisierte Doppel-Blind-Studien an Durchschnittsreisenden mit 976 bzw. 623 Teilnehmern zeigen hingegen bei 29-37% neuropsychiatrische Nebenwirkungen unterschiedlicher Ausprägung. Diese Werte sind statistisch signifikant höher als in den Kontrollgruppen.[9][10]

In der Politik wurde das Thema der Mefloquin-Nebenwirkungen wiederholt thematisiert.[11][12][13][14][15][16] Im Januar 2005 forderte die demokratische Senatorin Dianne Feinstein den damaligen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld schriftlich dazu auf, einen möglichen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Mefloquin und Hirnstammschäden unter US-Soldaten aufzuklären. [17] Von der australischen bzw. US-Armee publizierte Untersuchungen zeigen einerseits eine offenbar gute Verträglichkeit bei Soldaten.[18][19]. Andererseits weisen diese Studien bei näherer Betrachtung ähnlich methodische Schwachpunkte auf, wie sie schon Jahre zuvor in der wissenschaftlichen Forschungsliteratur kritisiert wurden (u.a. retrospektive Studie bzw. Mangel einer adäquaten Kontrollgruppe im Rahmen einer randomisierten, kontrollierten Studie und/oder problematische Definition schwerer Nebenwirkungen).[6][20] Der republikanische US-Kongressabgeordnete Bart Stupak und der demokratische Senator Christopher John Dodd forderten darüber hinaus bereits 2002 unabhängige Forschung, die zivilen Strukturen unterliegen solle .[21]

Eine im Februar 2006 veröffentlichte Studie mit Tierversuchen an jungen Ratten belegt eine dosisabhängige Wirkung auf das Verhalten der Tiere bis hin zur Degeneration von Nervenkernen im Hirnstamm, wobei sich eine Schwelldosis ermitteln ließ.[22]

Weiterhin berichteten die Nachrichtenagenturen United Press International und Associated Press in den Jahren 2002-05 über einer Anhäufung suizidaler, paranoider und aggressiver Symptome unter australischen und US-Soldaten nach der Einnahme von Mefloquin, so dass dieses Thema auch in den internationalen Medien an Bedeutung gewann und zu Verunsicherung führte.[23][24][25]

Quellen

  1. Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit e.V.: Empfehlungen zur Malariavorbeugung. Januar 2007. [1]
  2. Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit e.V.: Checkliste für die Malariaberatung durch den Arzt. [2]
  3. Lalloo DG, Shingadia D, Pasvol G, Chiodini PL, Whitty CJ, Beeching NJ, Hill DR, Warrell DA, Bannister BA; HPA Advisory Committee on Malaria Prevention in UK Travellers: UK malaria treatment guidelines. J Infect. 2007 Feb;54(2):111-21. PMID 17215045.
  4. Guidelines for Treatment of Malaria in the United States (Based on drugs currently available for use in the United States). Centers for Disease Control. [3]
  5. FDA Creates Medication Guide for Lariam. Pressemeldung der US Food & Drug Administration, 9.6.2003. [4]
  6. a b Croft AM, Garner P: Mefloquine for preventing malaria in non-immune adult travellers. Cochrane Database Syst Rev. 2000;(4):CD000138. PMID 11034675
  7. Croft AM, Whitehouse DP: Prophylaxis against malaria. More studies of mefloquine prophylaxis must be done in tourists. BMJ. 1999 Apr 24;318(7191):1139-40. [5]
  8. Croft AM: Healthy people need safe drugs, too. Lessons from Lariam and Halfan. Health Action International Europe Conference 2004. [6]
  9. Overbosch D, Schilthuis H, Bienzle U, Behrens RH, Kain KC, Clarke PD, Toovey S, Knobloch J, Nothdurft HD, Shaw D, Roskell NS, Chulay JD; Malarone International Study Team: Atovaquone-proguanil versus mefloquine for malaria prophylaxis in nonimmune travelers: results from a randomized, double-blind study. Clin Infect Dis. 2001 Oct 1;33(7):1015-21. [7]
  10. Schlagenhauf P, Tschopp A, Johnson R, Nothdurft HD, Beck B, Schwartz E, Herold M, Krebs B, Veit O, Allwinn R, Steffen R: Tolerability of malaria chemoprophylaxis in non-immune travellers to sub-Saharan Africa: multicentre, randomised, double blind, four arm study. BMJ. 2003 Nov 8;327(7423):1078. [8]
  11. Jean Corston (Member of Parliament): Parlamentarische Anfrage zum Nebenwirkungsprofil von Mefloquin. British House of Commons, März 1997.
  12. John Cummins (Member of Parliament), Joseph Volpe (Parliamentary Secretary to Minister of Health): Adjournment Debate on Mefloquine. Kanadisches Parlament, 4.11.1997. [9]
  13. Senator Feinstein Urges CDC To Review Its Recommendations on Anti-Malarial Drug. Pressemeldung der demokratischen US-Senatorin Dianne Feinstein. Juni 2004. [10]
  14. Senator Feinstein Urges Pentagon to Step Up Efforts to Track Medical Damage Caused by Anti-Malarial Drug. Pressemeldung der demokratischen US-Senatorin Dianne Feinstein. Juni 2004. [11]
  15. Senator Feinstein Urges Secretary Powell to Reassess Lariam Use by State Department Employees. Pressemeldung der demokratischen US-Senatorin Dianne Feinstein. Juli 2004. [12]
  16. Democratic Policy Commitee: S. 1042, the National Defense Authorization Act for Fiscal Year 2006. 24.5.2005. [13]
  17. Senator Feinstein Urges Rumsfeld to Complete Lariam Study. Pressemeldung der demokratischen US-Senatorin Dianne Feinstein. Januar 2005. [14]
  18. Kitchener SJ, Nasveld PE, Gregory RM, Edstein MD: Mefloquine and doxycycline malaria prophylaxis in Australian soldiers in East Timor. Med J Aust. 2005 Feb 21;182(4):168-71. [15]
  19. Wells TS, Smith TC, Smith B, Wang LZ, Hansen CJ, Reed RJ, Goldfinger WE, Corbeil TE, Spooner CN, Ryan MA: Mefloquine use and hospitalizations among US service members, 2002-2004. Am J Trop Med Hyg. 2006 May;74(5):744-9. [16]
  20. Barrett PJ, Emmins PD, Clarke PD, Bradley DJ: Comparison of adverse events associated with use of mefloquine and combination of chloroquine and proguanil as antimalarial prophylaxis: postal and telephone survey of travellers. BMJ. 1996 Aug 31;313(7056):525-8. [17]
  21. Benjamin M, Olmsted D: Army Fort Bragg study faces scrutiny. United Press International, 8.11.2002. [18]
  22. Dow G et al., Walter Reed Army Institute of Research: Mefloquine induces dose-related neurological effects in a rat model. Antimicrob Agents Chemother. 2006 Mar;50(3):1045-53. [19]
  23. Burns R: Army sending health experts to Fort Bragg to look for links to spousal killings. Associated Press, 23.8.02. [20]
  24. Benjamin M, Olmsted D: Navy coverup alleged on drug side effects. United Press International, 8.9.03. [21]
  25. o.A: Report: Lariam affects Aussie troops. United Press International, 29.9.05. [22]
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