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Quantenphysik



Die Quantenphysik ist der Bereich der Physik, der sich mit dem Verhalten und der Wechselwirkung kleinster Teilchen befasst.

In der Größenordnung von Molekülen und darunter liefern experimentelle Messungen Ergebnisse, die der klassischen Mechanik widersprechen. Insbesondere sind bestimmte Größen quantisiert, das heißt sie treten nur in bestimmten Portionen auf – den sogenannten „Quanten“. Außerdem ist keine sinnvolle Unterscheidung zwischen Teilchen und Wellen möglich, da das gleiche Objekt sich je nach Art der Untersuchung entweder als Welle oder als Teilchen verhält. Dies bezeichnet man als Welle-Teilchen-Dualismus. Die Theorien der Quantenphysik suchen Erklärungen für diese Phänomene, um u a. die Vorhersage von Messergebnissen auf kleinen Längen- und Massenskalen zu ermöglichen.

Inhaltsverzeichnis

Theorien der Quantenphysik

Semiklassische Quantentheorien

Hauptartikel: Semiklassische Quantentheorie

Als semiklassische, alte oder frühe Quantentheorien werden Theorien bezeichnet, die zwar die Quantisierung bestimmter Größen postulieren und manchmal auch mit der Welle-Teilchen-Dualität begründen, jedoch keine tieferen Einsichten in die zugrundeliegenden Mechanismen erlauben. Insbesondere lieferten diese Theorien keine Vorhersagen, die über ihren entsprechenden Gegenstand hinausgingen.

Im Jahr 1900 entwickelte Max Planck eine Formel zur Beschreibung der gemessenen Frequenzverteilung der von einem Schwarzkörper emittierten Strahlung, das Plancksche Strahlungsgesetz, wobei er von der Annahme ausging, dass der schwarze Körper aus Oszillatoren mit diskreten Energieniveaus besteht[1]. Planck betrachtete diese Quantelung der Energie also als Eigenschaft der Materie und nicht des Lichtes selbst. Das Licht war nur insofern betroffen, als dass Licht in seinem Modell immer nur in bestimmten Portionen Energie mit Materie austauschen konnte, weil in der Materie nur bestimmte Energieniveaus möglich seien.

Albert Einstein erweiterte dieses Konzept und schlug im Jahr 1905 eine Quantisierung der Energie des Lichtes selbst vor, um den photoelektrischen Effekt zu erklären[2]. Der photoelektrische Effekt bezeichnet die Beobachtung, dass die Energiemengen, die ein Lichtstrahl an Materie abgeben kann, proportional zur Frequenz, also einer Eigenschaft des Lichtes, sind. Daraus schloss Einstein darauf, dass die Energieniveaus nicht nur innerhalb der Materie gequantelt sind, sondern dass das Licht ebenfalls nur aus bestimmten Energieportionen besteht. Dieses Konzept ist mit einer reinen Wellennatur des Lichtes nicht vereinbar. Es musste also angenommen werden, dass sich das Licht weder wie eine klassische Welle, noch wie ein klassischer Teilchenstrom verhält.

1913 verwendete Niels Bohr das Konzept gequantelter Energieniveaus um die Spektrallinien des Wasserstoffatoms zu erklären. Das nach ihm benannte Bohrsche Atommodell geht davon aus, dass das Elektron im Wasserstoffatom auf einem bestimmten Energieniveau um den Kern kreist. Das Elektron wird hierbei noch als klassisches Teilchen betrachtet, mit der einzigen Einschränkung, dass es nur bestimmte Energien haben kann. Das Bohrsche Atommodell wurde noch um einige Konzepte wie elliptische Bahnen des Elektrons erweitert, insbesondere von Arnold Sommerfeld, um auch die Spektren anderer Atome erklären zu können. Dieses Ziel wurde jedoch nicht zufriedenstellend erreicht. Außerdem gab Bohr keine Begründung für seine Postulate, so dass sein Modell keine tieferen Einsichten bot.

Im Jahr 1924 veröffentlichte Louis de Broglie seine Theorie der Materiewellen, wonach jegliche Materie einen Wellencharakter aufweisen kann, und umgekehrt Wellen auch einen Teilchencharakter aufweisen können[3]. Mithilfe seiner Theorie konnten der Photoelektrische Effekt und das bohrsche Atommodell auf einen gemeinsamen Ursprung zurückgeführt werden. Die Umlaufbahnen des Elektrons um den Atomkern wurden als stehende Materiewellen aufgefasst. Die berechnete Wellenlänge des Elektrons und die Längen der Umlaufbahnen nach dem bohrschen Modell stimmten gut mit diesem Konzept überein. Eine Erklärung der anderen Atomspektren war jedoch weiterhin nicht möglich.

De Broglies Theorie wurde drei Jahre später in zwei unabhängigen Experimenten bestätigt, welche die Beugung von Elektronen nachwiesen. Der britische Physiker George Paget Thomson leitete einen Elektronenstrahl durch einen dünnen Metallfilm und beobachtete die von de Broglie vorhergesagten Interferenzmuster[4]. In einem ähnlichen, bereits 1919 in den Bell Labs durchgeführten Experiment beobachteten Clinton Davisson und sein Assistent Lester Germer die Beugungsmuster eines an einem Nickel-Kristall reflektierten Elektronenstrahls. Die Erklärung gelang ihnen jedoch erst 1927 mit Hilfe der Wellentheorie De Broglies.[5]

Quantenmechanik

Hauptartikel: Quantenmechanik

Die moderne Quantenmechanik fand ihren Beginn im Jahr 1925 mit der Formulierung der Matrizenmechanik durch Werner Heisenberg, Max Born und Pascual Jordan[6] [7] [8]. Wenige Monate später erfand Erwin Schrödinger über einen völlig anderen Ansatz -ausgehend von De Broglies Theorie der Materiewellen - die Wellenmechanik und die Schrödingergleichung[9]. Kurz darauf konnte Schrödinger nachweisen, dass sein Ansatz der Matrizenmechanik äquivalent ist. [10]

Die neuen Ansätze von Schrödinger und Heisenberg beinhalteten eine neue Sicht auf beobachtbare physikalische Größen, sogenannte Observablen. Diese waren zuvor als Funktionen betrachtet worden, die einem bestimmten Zustand eines Systems eine Zahl zuordneten, nämlich den Größenwert, wie zum Beispiel Ort oder Impuls. Dagegen versuchten Heisenberg und Schrödinger den Observablenbegriff derart zu erweitern, dass er mit der Beugung am Doppelspalt verträglich würde. Wird dabei nämlich durch Messung festgestellt, durch welchen der Spalte ein Teilchen fliegt, erhält man kein Doppelspaltinterferenzmuster, sondern zwei Einzelspaltmuster. Die Messung beeinflusst also den Zustand des Systems. Observablen werden daher als Funktionen aufgefasst, die einen Zustand auf einen anderen Zustand abbilden. Das hatte zur Folge, dass der Zustand eines Systems nicht mehr durch Größenwerte wie Ort und Impuls bestimmt werden kann, sondern der Zustand von den Observablen und Größenwerten getrennt werden muss, das Konzept der Bahnkurve wurde also durch das abstrakte Konzept des quantenmechanischen Zustandes ersetzt. Bei einem Messprozess wird der Zustand auf einen sogenannten Eigenzustand der Observablen abgebildet, dem ein reeller Messwert zugeordnet ist. Das ist eine zusätzliche "Reellwertigkeitsbedingung", die Observable erfüllen müssen.

Eine Folge dieses neuartigen Observablenbegriffs ist, dass bei mehreren Messprozessen ihre Reihenfolge festgelegt werden muss, da es nicht möglich ist, zwei Observable ohne Angabe einer Reihenfolge auf einen Zustand wirken zu lassen. Die Reihenfolge der Messprozesse kann für das Ergebnis bedeutsam sein, es ist also möglich, dass zwei Observable, wenn sie in unterschiedlicher Reihenfolge auf einen Zustand wirken, unterschiedliche Endzustände liefern. Wenn bei zwei Observablen die Reihenfolge der Messung entscheidend ist, weil die Endzustände sonst verschieden sind, führt dies zu einer sogenannten Unschärferelation. Für Ort und Impuls wurde diese erstmals von Heisenberg im Jahr 1927 beschrieben. Diese Relationen versuchen, die Unterschiedlichkeit der Endzustände bei Vertauschen der Observablen quantitativ zu beschreiben.

1927 wurde die Kopenhagener Interpretation von Bohr und Heisenberg formuliert, die auch als orthodoxe Interpretation der Quantenmechanik bezeichnet wird. Sie stützte sich auf den Vorschlag von Born, den Betragsquadrat der Wellenfunktion, die den Zustand eines Systems beschreibt, als Wahrscheinlichkeitsdichte aufzufassen. Die Kopenhagener Interpretation ist bis heute die Interpretation der Quantenmechanik, die von den meisten Physikern vertreten wird, obwohl es inzwischen zahlreiche andere Interpretation der Quantenmechanik gibt.

In den Jahren ab ca. 1927 vereinigte Paul Dirac die Quantenmechanik mit der speziellen Relativitätstheorie. Er führte auch erstmalig die Verwendung die Operator-Theorie inklusive der Bra-Ket-Notation ein und beschrieb diesen mathematischen Kalkül 1930 in einem bedeutenden Sachbuch[11]. Zur gleichen Zeit formulierte John von Neumann die strenge mathematische Basis für die Quantenmechanik, wie z. B. die Theorie linearer Operatoren auf Hilberträume, die er 1932 in seinem ebenfalls bedeutenden Sachbuch beschrieb[12]. Der Ausdruck „Quantenphysik“ wurde erstmals 1931 in Max Planck's Buch „The Universe in the Light of Modern Physics" verwendet[13]. Die in dieser Aufbauphase formulierten Ergebnisse haben bis heute Bestand und werden allgemein zur Beschreibung quantenmechanischer Aufgabenstellungen verwendet.

Quantenfeldtheorie

Hauptartikel: Quantenfeldtheorie

Ab 1927 wurde versucht, die Quantenmechanik nicht nur auf Partikel, sondern auch auf Felder anzuwenden, woraus die Quantenfeldtheorien entstanden. Die ersten Ergebnisse auf diesem Gebiet wurden durch Paul Dirac, Wolfgang Pauli, Victor Weisskopf, und Pascual Jordan erzielt. Um Wellen, Teilchen und Felder einheitlich beschreiben zu können, werden sie als Quantenfelder, ähnliche Objekte wie Observablen, aufgefasst. Sie müssen jedoch nicht die Eigenschaft der "Reellwertigkeit" erfüllen. Das bedeutet, dass die Quantenfelder nicht unbedingt messbare Größen darstellen. Es ergab sich jedoch das Problem, dass die Berechnung komplizierter Streuprozesse von Quantenfeldern unendliche Ergebnisse lieferten. Die alleinige Berechnung der einfachen Prozesse liefert jedoch oft Ergebnisse, die stark von den Messwerten abwichen.

Erst Ende der 40er Jahre des 20. Jahrhunderts konnte das Problem der Unendlichkeiten mit der Renormierung umgangen werden. Dies ermöglichte die Formulierung der Quantenelektrodynamik durch Richard Feynman, Freeman Dyson, Julian Schwinger, und Sin-Itiro Tomonaga. Die Quantenelektrodynamik beschreibt Elektronen, Positronen und das elektromagnetische Feld erstmals in einer durchgängigen Weise und die von ihr vorhergesagten Messergebnisse konnten sehr genau bestätigt werden. Die hier entwickelten Konzepte und Methoden wurden als Vorbild für weitere, später entwickelte Quantenfeldtheorien verwendet.

Die Theorie der Quantenchromodynamik wurde Anfang der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts ausgearbeitet. Die heute bekannte Form der Theorie wurde 1975 durch David Politzer, David Gross und Frank Wilczek formuliert. Aufbauend auf den wegweisenden Arbeiten von Julian Seymour Schwinger, Peter Higgs, Jeffrey Goldstone und Sheldon Glashow konnten Steven Weinberg und Abdus Salam unabhängig voneinander zeigen, wie die schwache Kernkraft und die Quantenelektrodynamik zu der Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung zusammengeführt werden können.

Bis heute ist die Quantenfeldtheorie ein aktives Forschungsgebiet, das sehr viele neuartige Methoden entwickelt hat. Sie ist die Grundlage aller Versuche, eine vereinheitlichte Theorie aller Grundkräfte zu formulieren. Insbesondere bauen Supersymmetrie, Stringtheorie, Loop-Quantengravitation und Twistor-Theorie maßgeblich auf den Methoden und Konzepten der Quantenfeldtheorie auf.

Quellen

  1. M. Planck: „Zur Theorie des Gesetzes der Energieverteilung im Normalspektrum“, Verhandlungen der Deutschen physikalischen Gesellschaft 2(1900) Nr. 17, S. 237 - 245, Berlin (vorgetragen am 14.12.1900)
  2. A. Einstein: „Über einen die Erzeugung und Verwandlung des Lichtes betreffenden heuristischen Gesichtspunkt“, Annalen der Physik 17 (1905), Seite 132-148. [1]
  3. L. de Broglie: “Recherches sur la théorie des Quanta“, Doktorarbeit. Engl. Übersetzung (übers. A.F. Kracklauer): Ann. de Phys., 10e serie, t. III, (1925)
  4. G. P. Thomson: „The Diffraction of Cathode Rays by Thin Films of Platinum.“ Nature 120 (1927), 802
  5. C. Davisson and L. H. Germer: Diffraction of Electrons by a Crystal of Nickel In: Phys. Rev.. 30, Nr. 6, 1927 doi:10.1103/PhysRev.30.705
  6. W. Heisenberg: „Über quantentheoretische Umdeutung kinematischer und mechanischer Beziehungen“ Zeitschrift für Physik 33 (1925), S. 879-893.
  7. M. Born, P. Jordan: „Zur Quantenmechanik“, Zeitschrift für Physik 34 (1925), 858
  8. M. Born, W. Heisenberg, P. Jordan: „Zur Quantenmechanik II“, Zeitschrift für Physik 35 (1926), 557
  9. E. Schrödinger: „Quantisierung als Eigenwertproblem I“, Annalen der Physik 79 (1926), 361-376. E. Schrödinger: „Quantisierung als Eigenwertproblem II“, Annalen der Physik 79 (1926), 489-527. E. Schrödinger: „Quantisierung als Eigenwertproblem III“, Annalen der Physik 80 (1926), 734-756. E. Schrödinger: „Quantisierung als Eigenwertproblem IV“, Annalen der Physik 81 (1926), 109-139
  10. E. Schrödinger: „Über das Verhältnis der Heisenberg-Born-Jordanschen Quantenmechanik zu der meinen“, Annalen der Physik 79 (1926), 734-756.
  11. P. A. M. Dirac: “Principles of Quantum Mechanics“, Oxford University Press, 1958, 4th. ed, ISBN 0-198-51208-2
  12. John von Neumann: “Mathematische Grundlagen der Quantenmechanik“, Springer Berlin, 1996, 2. Auflage. Engl. (autorisierte) Ausg. (übers. R. T Beyer): “Mathematical Foundations of Quantum Mechanics“, Princeton Univ. Press, 1955 (dort p. 28 sqq.)
  13. M. Planck: "The Universe in the Light of Modern Physics“, WW Norton & Company, Inc., New York, 1931
 
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