Meine Merkliste
my.chemie.de  
Login  

Pökeln



Pökeln, österreichisch Suren, fachsprachlich auch Umröten genannt, ist ein seit der Antike bekanntes Verfahren zur Konservierung von Fleisch- und Wurstwaren mit Hilfe von Kochsalz oder Nitritpökelsalz (einer Mischung aus Kochsalz und Natriumnitrat, Natriumnitrit oder Kaliumnitrat). Das konservierte Fleisch wird allgemein Pökelfleisch, Surfleisch oder Salzfleisch genannt.

Inhaltsverzeichnis

Wirkprinzip

Fleischwaren werden unbehandelt schnell blass (durch Oxidation des Muskelfarbstoffs) und verderben durch Besatz mit unerwünschten oder gesundheitlich bedenklichen Mikroorganismen (z.B. Pseudomonaden).

Das Pökeln verzögert dies durch verschiedene Mechanismen:

  • es wird dem Fleisch ein Teil der Flüssigkeit (freies Wasser) entzogen, wodurch das Bakterienwachstum gehemmt wird, gleichzeitig wird das Fleisch fester und – durch den Flüssigkeitsverlust – leichter
  • das Nitritpökelsalz wirkt auch speziell gegen das anaerobe Botulinum-Bakterium und verhindert seine Ausbreitung
  • das Nitrit verbindet sich mit dem Muskelfarbstoff zu Nitrosomyoglobin und sorgt damit für eine optisch ansprechende Rotfärbung (umröten)

Hinzu kommt das typische 'Pökelaroma'. Allerdings geht beim Pökeln ein Teil der im Fleisch enthaltenen Mineralstoffe und Eiweiße verloren.

Statt Nitritpökelsalz verwenden manche Hersteller heute Meersalz oder iodiertes Speisesalz. Meersalze können je nach Herkunft nitritbelastet sein. Die Verwendung ist dann vergleichbar mit dem Einsatz von Nitritpökelsalz.

Verfahren

Das in der Regel vorgetrocknete Fleisch kann auf verschiedene Arten gepökelt werden, wobei zu beachten ist, dass es auch traditionelle, regionale Varianten gibt. Daher können die hier erläuterten Verfahrensprinzipien von konkreten Rezepten abweichen, insbesondere können neben dem Pökelsalz noch Gewürze und weitere Hilfsmittel (z. B. Ascorbinsäure) verwendet werden:

Trockenpökeln

Beim Trockenpökeln wird das Fleisch lagenweise geschichtet und mit Pökelsalz eingerieben oder bedeckt. Durch die Osmose wird die Gewebsflüssigkeit heraus gezogen, es entsteht die sogenannte 'Eigenlake'.

Dieses Verfahren dauert am längsten (je nach Größe der Fleischstücke ca. 6 Wochen), erzeugt aber auch durch den höchsten Flüssigkeitsentzug (bis 50 %!) die beste Haltbarkeit.

Nasspökeln

Zum Pökeln wird das Fleisch in eine Salzlake eingelegt. Bei der Osmose diffundiert das Zellwasser des in Salzlake eingelegten Fleisches so lange aus den Zellen in die Lake, bis die Salzkonzentration in den Zellen ein ähnliches Niveau erreicht hat, wie die der Lake. Die Verfahrensdauer ist ungefähr ein Drittel kürzer als die beim Trockenpökeln (etwa 4 Wochen).

Schnellpökeln

Unter Schnellpökeln versteht man arbeitsintensivere Varianten des Trocken- oder Nasspökelns zur Verkürzung der Verfahrensdauer. Teilweise können die Verfahren auch kombiniert angewandt werden.

Trocken

Die Fleischstücke als auch das Pökelgefäß werden mit erhitztem Pökelsalz eingerieben, das Fleisch dicht geschichtet. Nach 3 Tagen wird dieser Vorgang wiederholt, nach 7 Tagen ist das Verfahren bei nicht zu großen Fleischstücken fertig.

Einspritzen

Hierbei wird die Pökellake direkt in das Fleisch injiziert, dadurch verkürzt sich die Verfahrensdauer auf durchschnittlich ungefähr 3 Wochen.

Poltern

Bei diesem Verfahren wird nach der Injektion der Pökellake das Fleischstück mechanisch gewalkt („Pökomat“), um die Flüssigkeit direkt im Fleisch zu verteilen.

Vakuum

Durch die Erzeugung eines Vakuums wird der Austritt der Gewebsflüssigkeit unterstützt, die Verfahrensdauer wird auf 2 Tage je kg des größten Fleischstücks reduziert.

Pökelsalz

Die Verwendung von normalem Kochsalz erzeugt eine Flüssigkeitsreduzierung des Fleisches und damit eine Reduzierung der Bakterienvermehrung. Jedoch wirkt es nicht gegen die Graufärbung des Fleisches und verhindert auch nicht die Besiedlung mit Clostridium botulinum.

Dazu wird dem Kochsalz seit alters her in geringen Mengen Nitrat oder Nitrit zugefügt. Zugefügtes Nitrat wird von den im Fleisch enthaltenen Bakterien in Nitrit umgewandelt (was die Verfahrensdauer verlängert), so dass als Wirksubstanz immer das Nitrit vorhanden ist. Dieses verbindet sich mit dem Muskelfarbstoff Myoglobin zu Nitrosomyoglobin und weiter zu Nitrosomyochromogen (hitzestabil) was die Rotfärbung erzeugt.

Eine weitere Verbesserung der Konservierungswirkung wird durch das Hinzufügen von Ascorbinsäure erzielt.

Gesundheitliche Bedenken

Methämoglobin

Durch Methämoglobin im Blut wird der Sauerstofftransport beeinträchtigt. Für Kleinkinder ist dies gefährlich, ein Enzym namens Methämoglobin-Reduktase verwandelt bei Erwachsenen das Methämoglobin wieder in Hämoglobin zurück.

Nitrosamine

Durch Reaktion der Nitrite mit Aminosäuren können Nitrosamine entstehen, die im Verdacht stehen, krebserregend zu sein. Dies ist der Hintergrund für die Bedenken hinsichtlich des Verzehrs von Toast Hawaii oder Salamipizza. Die Nitrite aus dem verwendeten Fleisch können bei hohen Temperaturen mit beispielsweise den Eiweißen des Käses Nitrosamine bilden. Im Fachbereich Lebensmitteltechnologie der Fachhochschule Berlin wurden allerdings Analysen entsprechender Gerichte vorgenommen und dabei keine höheren Nitrosamin-Gehalte festgestellt als bei Gerichten, die als unbedenklich gelten (Lit.: Lexikon der populären Ernährungsirrtümer).

Beim Deutschen Krebsforschungszentrum geht man davon aus, dass der registrierte Rückgang der Magenkrebserkrankungen auf die verringerte Nutzung von gepökelten oder geräucherten Lebensmitteln zurückzuführen ist.

Dagegen weist die Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel darauf hin, dass derartige Lebensmittel nur für etwa 3 % der täglichen Nitritaufnahme verantwortlich sind, jedoch ein wesentlich größerer Teil durch die Aufnahme von gedüngtem Gemüse oder aus Stoffwechselvorgängen stammt (Lit.: Informationsdienst Wissenschaft).

Gesetzliche Regelung

Lebensmittelverordnungen geordnet nach Erzeugnisgruppen regeln in Deutschland die Verwendung von Nitrit und Nitrat. Es darf nur in Kombination mit Kochsalz (Natriumchlorid), als Nitritpökelsalz zugesetzt werden. In der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung sind beispielsweise die zulässigen Höchstmengen an Restnitrit und -nitrat im fertigen Erzeugnis geregelt.

Historisches

Das Pökeln ist eine sehr alte Konservierungsmethode, die besonders in der Seefahrt sehr beliebt war, weil man so auch auf hoher See nicht auf Fleisch verzichten musste.

  • Antike: Kaliumnitrat (Salpeter) wird seither zur Konservierung von Lebensmitteln verwendet.
  • 1891 entdeckt der Biologe M. Polenski, dass Nitrat im Fleisch durch Bakterien zu Nitrit umgewandelt wird.
  • 1899 wird bekannt, dass Nitrit für die rötliche Farbe von Gepökeltem verantwortlich ist.
  • 1901 beweist John Scott Haldane, dass für die rötliche Farbe von Gepökeltem eine chemische Reaktion der NO-Gruppe mit Hämoglobin im Fleisch verantwortlich ist.
  • 1929 stellt man fest, dass durch Nitrite die Bakterienvermehrung gebremst wird.

Das Pökeln in anderen Kulturkreisen

Das Pökeln als Methode der Haltbarmachung findet auch in anderen Kulturkreisen außerhalb des europäischen Verwendung, vermehrt gerade dort, wo in ärmeren Regionen kaum Kühlmittel vorhanden und diese zur längeren Aufbewahrung von Fleisch kaum geeignet sind oder wenn Fleisch auf den langen Wegen der Viehhüter mitgeführt werden soll.

In Brasilien (hier vor allem im ariden Nordosten, aber auch im Süden) etwa gibt es Charque, Carne do sol und Carne seca, die sich durch die Menge des benutzten Salzes und die Art der zusätzlichen Trocknung (bei Carne do sol in der prallen Sonne) unterscheiden, die dem Fleisch unterschiedlich stark Wasser entzieht. Es wird ausschließlich aus Rindfleisch, der bevorzugten Fleischart der Bevölkerung, hergestellt und ist zum Beispiel auch eine Zutat des brasilianischen Nationalgerichts Feijoada.

Siehe auch: Räuchern

 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Pökeln aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
Ihr Bowser ist nicht aktuell. Microsoft Internet Explorer 6.0 unterstützt einige Funktionen auf ie.DE nicht.