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VEB Werk für Technisches Glas Ilmenau



  Der VEB Werk für Technisches Glas Ilmenau war ein Großkombinat der Glasindustrie im Thüringer Wald. Er bestand von 1969 bis 1990 und hatte etwa 12.600 Mitarbeiter, davon etwa 5.000 im 1975 errichteten Stammwerk am Vogelherd in Ilmenau. Es war damit das größte Glaswerk der DDR. Der Produktionsschwerpunkt lag auf technischem Glas (z.B. Messgeräte, wie Thermometer oder Barometer, und Glasgeräte für die Chemische Industrie).

Das Stammwerk des Kombinates in Ilmenau war der größte Arbeitgeber im Kreis Ilmenau. Die Fläche des Glaskombinat-Komplexes beträgt etwa 75 Hektar.

Inhaltsverzeichnis

Betriebsteile

Zum Kombinat gehörten neben dem Stammwerk am Vogelherd und allen Glasbetrieben in Ilmenau unter anderem noch folgende Betriebe:

  • VEB Thermometerwerk Geraberg
  • Schottwerke Jena (bis 1971)
  • Quarzsiederei Schmiedefeld am Rennsteig (seit 1960)
  • VEB Quarzschmelze Halle-Ammendorf (seit 1965)
  • Kannegießer & Co. Unterpörlitz (seit 1972)
  • VEB Glaswerke Stützerbach (seit 1969) mit
    • VEB Glaswerk Stützerbach
    • VEB Glaswerk Schmiedefeld
    • VEB Rennsteigwerk Schmiedefeld am Rennsteig
    • VEB Laborgeräte Frauenwald
  • Gebrüder Heintz KG Stützerbach (seit 1972)
  • Karl Kummer KG Frauenwald (seit 1972)
  • Albin Geyer KG Stützerbach (seit 1972)
  • Christian Kob & Co. KG Stützerbach (seit 1972)
  • Theo A. Störmer KG Stützerbach (seit 1972)
  • PGH Hochvakuumtechnik Frauenwald (seit 1972)
  • VEB Laborglasgeräte Stützerbach (seit 1976)
  • VEB Glaswerk Gräfenroda (seit 1982)
  • VEB Glasschleiferei Martinroda (seit 1982)
  • VEB Glaswerk Gehlberg
  • VEB Glaswerk Altenfeld
  • VEB Glaswerk Großbreitenbach

Geschichte

 

Vorgeschichte

Das Kombinat für Technisches Glas Ilmenau wurde 1969 gegründet. Ihm unterstanden alle volkseigenen Betriebe, die im Kreis Ilmenau und benachbarten Gebieten Glaswaren produzierten. Die Verwaltung dieses Kombinates hatte noch bis 1984 ihren Sitz in einem Bürogebäude in der Langewiesener Straße in Ilmenau, bevor sie dann in das Bürogebäude des Stammwerkes am Vogelherd in Ilmenau umzog. Bei den zugehörigen Betrieben handelte neben PGHs und einigen Unternehmen, die bis 1972 in Privatbesitz oder halbstaatlich (KG oder waren und dann verstaatlicht wurden, um Unternehmen, die zwischen 1850 und 1915 entstanden und mit Befehl 124 der SMAD am 30. Oktober 1945 enteignet bzw. verstaatlicht wurden. Dazu gehörten auch die acht Ilmenauer Glashütten und die Ilmenauer Glasinstrumentenfabrik:

Glashütte Gründungs-
jahr
Standort Mitarbeiter
1938
Produktions-
einstellung
Status
Sophienhütte
1852
Tannenbrücke 280
1991
abgerissen, jetzt Ilm-Sporthalle und ein Discounter, zwei Bürogebäude erhalten
Langshütte
1900
Grenzhammer 250
1968
komplett abgerissen, jetzt Gewerbegebiet
Spessarthütte
1904
nördlich des Bahnhofs ~180
1950
komplett abgerissen, jetzt Wohngebiet
Fischerhütte
1910
Langewiesener Straße ~120
1976
vollständig erhalten, denkmalgeschützt
Glaswerk Ilmenau
1922
Karl-Liebknecht-Straße 150
1975
komplett abgerissen, jetzt Ilmenauer Eissporthalle
Thüringische Glasinstrumentenfabrik Alt, Eberhardt & Jäger
1874
Karl-Liebknecht-Straße 300
1990
abgerissen, Fassade erhalten und in neues Einkaufszentrum integriert

Am 6. Februar 1963 beschloss der Rat des Kreises Ilmenau eine Anfrage zur Erschließung eines zentralen Industriegebietes in der Stadt zu stellen. Vorgeschlagen wurde hierfür seitens der Stadtverwaltung das Flurstück am Vogelherd im Nordosten der Stadt. Am 29. August 1963 wurde das Gesuch vom Rat des Bezirkes Suhl gebilligt und an den Ministerrat der DDR weitergereicht. Dieser entschied am 23. September 1963, dass die Stadt ihr Industriegebiet erhalten soll. 1966 wurde ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet und 1968 begannen die Erschließungsarbeiten.

Errichtung des Werkes am Vogelherd

Die Grundsteinlegung für das neue Stammwerk am Vogelherd im Nordosten Ilmenaus erfolgte am 22. April 1970. Dieser Neubau war notwendig geworden, da der Bedarf an technischem Glas in der DDR sowie in den RGW-Staaten stetig anstieg und die alten Produktionsanlagen marode geworden waren, da sie seit 1945 nur noch „halbherzig“ in Stand gehalten wurden. Außerdem benötigte man größere Kapazitäten zur Produktion von Zulieferprodukten für die Optische Industrie in Jena (VEB Carl Zeiss Jena), die durch die dortigen Schott-Glashütten nicht bereitgestellt werden konnten. Schott wünschte sich eine neue Glashütte in Rothenstein nahe Jena, was jedoch auf Widerstand in der staatlichen Planungsbehörde stieß und deswegen nicht realisiert wurde. Deshalb wurde der Bauplan nochmals erweitert und einige Produktionslinien, die eigentlich bei Schott bleiben sollten, eingefügt. Des Weiteren wurden daraufhin die Schott-Glashütten in Jena aus dem Kombinat ausgegliedert und dem Kombinat Carl Zeiss eingegliedert, da diese nach der Verlagerung der sonstigen Produktionsbereiche als alleiniger Zulieferer für Carl Zeiss ausgerichtet wurden.

Der Bau einer solch großen Industrieanlage zog auch weitgehende Veränderungen in der Stadt nach sich. So wurde bereits 1968 mit der Erschließung des Baugebiets am Vogelherd begonnen. Für die zukünftigen Mitarbeiter wurden zwei Plattenbaugebiete für 10.000 Einwohner errichtet. Außerdem wurde mit der Bücheloher Straße eine neue, kreuzungsfreie Straße in die Innenstadt angelegt, die eine bessere Anbindung für die Pendler gewährleisten sollte. Des Weiteren erfolgte der Bau eines Braunkohle-Heizwerkes am Vogelherd, welches die Energie für die Glasproduktion und die Fernwärmeversorgung für die beiden neuen Ilmenauer Plattenbaugebiete bereitstellen sollte. Seine beiden über 100 Meter hohen Schornsteine waren bis zu ihrer Sprengung 1996 ein weit sichtbare Wahrzeichen der Stadt. Zur Verbesserung der Infrastruktur wurde außerdem ein Eisenbahnanschluss als Werksgleis zum Bahnhof Ilmenau gelegt, wo auch ein neuer Güterbahnhof entstand. Durchgeführt wurden alle Baumaßnahmen vom polnischen Staatsbaukonzern Budimex, der - als die Baukosten niedriger als veranschlagt ausfielen - zusätzlich das neue Ilmenauer Freibad im Hammergrund errichtete. 1976 wurde das Werk fertiggestellt und konnte den Betrieb aufnehmen. An den Bauarbeiten waren insgesamt 2000 Bauarbeiter beschäftigt. Die Investitionssumme belief sich auf etwa 600 Millionen Mark der DDR.

Das Kombinat zwischen 1975 und 1989

Das Stammwerk umfasste elf Glasschmelzwannen, von denen zehn vollelektrisch und eine manuell betrieben wurden. Produziert wurden etwa 12.000 verschiedene Artikel. Vom Gesamtumsatz, der in den 14 Jahren 214 Millionen DDR-Mark betrug, entfielen etwa 30 % auf die zweite Verarbeitungsstufe (Herstellen von Endprodukten) und 70 % auf die erste Produktionsstufe (Zulieferindustrie). Viele der Produkte wurden in Ilmenau in Zusammenarbeit mit der Technischen Hochschule (heute Technische Universität) und der Glasfachschule entwickelt. Der jährliche Überschuss, der im Kombinat erzielt wurde, betrug zu Anfang der 1980er-Jahre etwa 100 Millionen Mark jährlich. Dennoch arbeitete das Glaswerk (bedingt durch die sozialistische Planwirtschaft) unrentabler als ein vergleichbares Unternehmen in Westdeutschland. 1990 betrug der Umsatz pro Mitarbeiter im Ilmenauer Glaskombinat 60 % des Westniveaus.

Das Stammwerk führte 1980 folgende Produktionslinien:

Außerdem wurden auch Endprodukte hergestellt:

Ein in Ilmenau entwickelter und produzierter Werkstoff war „Ilmabor“, ein spezielles Borosilikatglas.

Die Produkte gingen

  • zu 60% zur Weiterverarbeitung in Betriebe innerhalb der DDR
  • zu 15% in den Export in die Ostblock-Staaten (vor allem Halbfabrikate)
  • zu 15% in den Export ins westliche Ausland, vor allem nach Westdeutschland (fast ausschließlich Endprodukte wie Laborgeräte)


Literatur

  • Friedrich Aurich: VEB Werk für Technisches Glas Ilmenau (1975 bis 1990) in Glas in Ilmenau. Förder- und Freundeskreis Ilmenauer Glasmuseum e.V., Ilmenau 1998.


Koordinaten: 50° 41' 42" N, 10° 56' 18" O

 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel VEB_Werk_für_Technisches_Glas_Ilmenau aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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