Eis unter Hochdruck: Erstmals Strukturwandel von Eiskristallen beobachtet

09.08.2018 - Deutschland

Eiswürfel im Kühlschrank oder Eiszapfen an der Dachrinne sind vertraute Alltagsbeispiele für gefrorenes Wasser. Physikalisch gesehen, handelt es sich dabei um eine von insgesamt 17 bekannten Arten von Eis. Diese unterscheiden sich durch ihre Kristallstrukturen und Entstehungsbedingungen und werden als Eisphasen bezeichnet. Forschern am Bayerischen Geoinstitut (BGI) der Universität Bayreuth ist es jetzt im Labor gelungen, einen vor mehr als vier Jahrzehnten vorhergesagten, doch bisher nie bewiesenen Übergang zwischen zwei Eisphasen zu erzeugen und zeitgleich zu beobachten.

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Eiswürfel im Kühlschrank oder Eiszapfen an der Dachrinne sind vertraute Alltagsbeispiele für gefrorenes Wasser. Physikalisch gesehen, handelt es sich dabei um eine von insgesamt 17 bekannten Arten von Eis (Symbolbild).

Das Bayreuther Forscherteam um Dr. Thomas Meier hat eine winzige Wasserprobe in eine Diamantstempelzelle eingesetzt und hier einem Kompressionsdruck von bis zu 100 Gigapascal (eine Million Atmosphären) ausgesetzt. Zunächst bildete sich die Eisphase VII, daraus entwickelte sich durch den weiter ansteigenden Druck die Eisphase X. Diesen Phasenübergang konnten die Wissenschaftler live beobachten, weil Magnetfelder in den Diamantstempelzellen eine zeitgleiche NMR-spektroskopische Untersuchung der Proben ermöglichten. Für diese Kombination von Hochdruckforschung und NMR-Spektroskopie ist das BGI kürzlich als „Ausgezeichneter Ort im Land der Ideen“ ausgewählt worden. Wie die Bayreuther Forscher herausfanden, spielen die Wasserstoffbrücken zwischen benachbarten Molekülen eine entscheidende Rolle beim Strukturwandel von Eisphase VII zu Eisphase X. Der hohe Kompressionsdruck bewirkt, dass Wasserstoffatome in das unter Normalbedingungen unzugängliche Zentrum der Wasserstoffbrücken gepresst werden.

Die neuen Erkenntnisse sind ein Beispiel für das ungewöhnliche Potenzial der Kombination von Hochdruckforschung und NMR-Spektroskopie. Dadurch lassen sich theoretische Berechnungen von Materialstrukturen und ihrer Dynamik erstmals empirisch überprüfen und verifizieren. Die so gewonnenen Erkenntnisse können wiederum wegweisend für technologische Innovationen sein. Dies gilt auch für die Erforschung der Eisphasen. „Bislang galten theoretische Berechnungen und Modellierungen der Kristallstrukturen, durch die sich die diversen Eisphasen unterscheiden, als ein eher exotisches Gebiet der Physik. Doch wenn es jetzt dank unserer neuen Forschungstechnologie gelingt, diese Strukturen besser zu verstehen und sie mit hoher Präzision im Labor zu erzeugen, wird die Entwicklung von Quantencomputern möglicherweise einige entscheidende Schritte vorankommen. Diese Computer nutzen die Gesetze der Quantenmechanik für die Datenverarbeitung und könnten sich eines Tages im Vergleich mit unseren klassischen Rechnern als viel leistungsfähiger erweisen“, erklärt Dr. Thomas Meier.

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