Ein Leben für die Chemie

Der Europäische Erfinderpreis in der Kategorie “Lebenswerk” geht an den spanischen Wissenschaftler Avelino Corma

21.06.2023 - Deutschland
EPA

Für seine Arbeit im Bereich synthetischer Katalysatoren zur Verbesserung chemischer Reaktionen erhält Avelino Corma Canós am 4. Juli in Valencia den Preis für sein Lebenswerk

Chemie ist in unserem Alltag allgegenwärtig, nicht nur in der Medizin und in Reinigungsmitteln. Alles, was wir hören, sehen, riechen, schmecken und fühlen können, hat mit Chemie zu tun. Die Prozesse, durch die unser Körper Nahrung und Wasser in Energie umwandeln kann, werden durch Katalysatoren beschleunigt. Der 1951 in Moncofa in Castellón geborene spanische Wissenschaftler Avelino Corma hat sein Leben der Entwicklung nachhaltigerer chemischer Prozesse und Katalysatoren gewidmet. 

Nun hat das EPA bekanntgegeben, dass Corma im Rahmen des Europäischen Erfinderpreises 2023 für seine bedeutende, mehr als drei Jahrzehnte umspannende Karriere für sein Lebenswerk ausgezeichnet wird. Sein Wirken wird in der Preisverleihungszeremonie des Erfinderpreises, die am 4. Juli um 12:00 Uhr live aus Valencia übertragen wird, gewürdigt.

Optimierung chemischer Reaktionen 

Katalysatoren werden in chemischen Prozessen zu ganz unterschiedlichen Zwecken eingesetzt, beispielsweise zur Erhöhung der Effizienz und Umweltverträglichkeit chemischer Reaktionen in allen Industriezweigen. Die meisten der Errungenschaften, die wir Corma verdanken, sind zumindest zum Teil auf synthetische Zeolithen zurückzuführen, die er entwickelt hat. Zeolithe sind kristalline Materialien, die aus Silizium, Aluminium und Sauerstoff bestehen. Sie wirken wie ein Schwamm mit winzigen Poren, die kleine Moleküle in sich aufnehmen, so dass dort spezifische chemische Reaktionen stattfinden können. Einige Zeolithe kommen natürlich vor, es ist aber auch möglich, sogenannte "formselektive Katalysatoren" herzustellen, die auf Moleküle einer ganz bestimmten Größe ausgerichtet sind. 

Theoretisch sind Millionen von synthetischen Zeolithstrukturen möglich. Bislang wurden allerdings nur etwa 300 entwickelt, etwa ein Fünftel davon von Corma und seinem Team der ITQ (UPV-CSIC). Die in Valencia ansässige Forschungsgruppe ist damit eine führende Institution auf diesem Gebiet. 

Seinen ersten synthetischen Zeolithen entwickelte Corma 1989. Dieser ermöglichte einen Kraftstoff mit einem geringeren Verbrauch pro gefahrenem Kilometer, weniger Kohlenstoffemissionen bei wärmeren Außentemperaturen und einem höheren Widerstand gegen die Kompression im Verbrennungsmotor. Seither leisten seine synthetischen Katalysatoren der Industrie und der Gesellschaft ungeheuer wertvolle Dienste. So werden sie beispielsweise bei der Energieerzeugung aus Biomasse oder bei der Reduzierung von Stickoxiden zur Bekämpfung der Luftverschmutzung eingesetzt. Von Cormas synthetischen Zeolithen profitiert eine ganze Reihe von Sektoren – Raffinerien und petrochemische Unternehmen ebenso wie die pharmazeutische Industrie und die Kosmetikbranche. Corma hat bereits fast 200 europäische Patente angemeldet. Für über 50 seiner Patente haben internationale Unternehmen Lizenzen erworben. 

Ein grüneres chemisches Vermächtnis für kommende Generationen 

Corma wuchs in der kleinen bäuerlich geprägten Gemeinde Moncofa in der spanischen Provinz Castellón auf. Schon früh wurde klar, wo seine Talente lagen, und so ließ er das ländliche Leben nach 1967 hinter sich, um an der Universität Valencia zu studieren. Mehr als ein Jahrzehnt widmete er seinem Studium, einschließlich eines Aufenthalts als Postdoktorand an der Queen's University in Kanada. Ab 1979 arbeitete er als Forscher am Consejo Superior de Investigaciones Científicas (Nationaler Spanischer Forschungsrat). 1987 wurde er zum Professor ernannt. 

Seitdem hat Corma sowohl im akademischen Bereich als auch im Privatsektor in Zusammenarbeit mit diversen Unternehmen Forschungsprojekte im Bereich der heterogenen Katalyse geleitet. Die Beschäftigung mit grundlegenden Aspekten der Säure-Basen- und Redox-Katalyse führte ihn zu einem besseren Verständnis der aktiven Zentren und der Reaktionsmechanismen. Dieses Wissen war die Grundlage für seine Entwicklung von Katalysatoren, die heute in verschiedenen industriellen Prozessen kommerziell genutzt werden, beispielsweise zur Verringerung der Schadstoffemissionen von Fahrzeugen und Fabriken, zur Verbesserung von Lebensmitteln, zur Wasserreinigung, zur Ölraffination oder zur Herstellung von Arzneimitteln. Ganz allgemein gesagt tragen sie dazu bei, die chemische Industrie umweltfreundlicher zu machen. Die spanische Erdölgesellschaft CEPSA (Compañía Española de Petróleos, S.A.U.) und das deutsche Chemieunternehmen Süd-Chemie AG (heute Clariant) waren die ersten, die Cormas ersten Zeolithen unter dem Markennamen HYSOPAR auf den Markt brachten. Seither erhöht er die Effizienz des Raffinationsprozesses weltweit in mehr als 20 Raffinerien. 

1990 gehörte Corma zu den Mitbegründern des Instituts für chemische Technologie (ITQ, UPV-CSIC) in Valencia – ein wichtiger Meilenstein auf seinem Weg, der auch die chemische Wissenschaft weiter voranbrachte. Corma legte den Schwerpunkt seiner Forschung auf vier Hauptbereiche: Energie, Nachhaltigkeit, Gesundheit und Wasser. Das ITQ wurde zu einem internationalen Referenzzentrum für die Forschung in den Bereichen Katalyse, neue Materialien und Photochemie. Für Corma ist die Arbeit, die er dort geleistet hat, ein Vermächtnis, das er den nachfolgenden Generationen hinterlassen möchte. Um zu bahnbrechenden Erkenntnissen zu gelangen, muss man seinem Instinkt folgen – so sein  Credo: "Auf diesem Gebiet, das ja nicht auf eine Theorie gegründet ist, mit der sich vorhersagen ließe, was man überhaupt erreichen kann, kommt es entscheidend darauf an, eine gute Vorstellungskraft mitzubringen und gute und originelle Ideen zu entwickeln.

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