Ein Werkstoff mit Zukunftsperspektiven in der Automobil-Industrie

21.08.2002
Für den japanischen Großtechnologiekonzern Honda ist Prof. Dr. Lothar Wagner ein Hoffnungsträger. Der Inhaber des Lehrstuhls Metallkunde und Werkstofftechnik an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus (BTU) bekam einen der beiden "German Initiation Grants", die die Japaner in diesem Jahr an deutsche Universitäten und Forschungseinrichtungen vergaben. 30.000 Euro erhält Prof. Wagner als Anschubfinanzierung für ein Projekt, das dazu beitragen soll, Autos leichter zu machen. Wagner forscht mit Titan, einem Metall, das bisher überwiegend im Flugzeugbau und bei der Herstellung von Humanimplantaten benutzt wird. "Vor zehn Jahren hätte noch niemand daran gedacht, jemals Titan im Automobilbau zu verwenden", erklärt er. Das sehr feste und zugleich leichte Metall erschien für die Massenproduktion als zu teuer. Doch das könnte sich jetzt ändern. Die US-amerikanische Firma TIMET hat einen neuen Werkstoff namens LCB, eine Titan-Legierung, entwickelt, dessen Kosten deutlich niedriger liegen. Im Automobilbau eignet sich LCB beispielsweise für die Herstellung von Fahrwerksfedern. "Damit lässt sich etwa 50 Prozent des Gewichts einsparen", beschreibt Prof. Wagner einen der Vorteile des neuen Materials. Außerdem zeichnen sich die LCB-Federn gegenüber konventionellen Bauteilen aus Stahl durch eine geringere Windungszahl und Baugröße sowie durch einen geringen Elastizitätsmodul bei hoher Dehngrenze aus. Zudem muss ihre Oberfläche nicht lackiert werden, weil Titan sehr korrosionsfest ist. Prof. Wagners Arbeitsplatz, das interdisziplinäre Forschungszentrum für Leichtbauwerkstoffe PantaRhei auf dem BTU-Campus, wird aber nicht zur Produktionsstätte für Fahrwerksfedern umfunktioniert. Die Aufgabe des Professors und seiner Mitarbeiter besteht darin, den neuen Werkstoff zu testen und zu verbessern. "Wir werden das Material wärmebehandeln und umformen", erklärt Wagner. "Damit wollen wir den inneren Aufbau, das so genannte Gefüge, optimieren." Zudem werden die Wissenschaftler Ermüdungsversuche mit dem LCB unternehmen und seine Oberfläche durch Kugelstrahlen verfestigen. Prof. Wagner hofft auf eine längere Partnerschaft mit dem japanischen Autohersteller: "Honda will auf Dauer mit deutschen Universitäten kooperieren." Falls die Ergebnisse des laufenden Projektes auf gute Resonanz stoßen, verlängert der Automobilbaukonzern die Förderung um zwei bis drei Jahre. Deshalb fliegt Wagner im Oktober nach Japan, um seinen Geldgebern persönlich über die Fortschritte seiner Arbeit zu berichten. Bis Titan tatsächlich eine Rolle im Automobilbau spielen wird, werden wohl noch einige Jahre ins Land gehen. Und die herkömmlichen Stahlfedern wird das neue Material vermutlich nie komplett verdrängen. Aus Kostengründen sollen LCB-Federn nur in Modelle der Oberklasse und Sportwagen eingebaut werden. Doch Prof. Wagner ist sich sicher, dass die Früchte seiner Forschungsarbeit zukünftig eine wichtige Rolle in Hondas Fabrikhallen spielen: "Wir glauben fest daran, dass Titan zum Einsatz kommen wird."

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