Versteckte Märkte in der Chemieindustrie

19.09.2013 - Deutschland

In der Chemieindustrie brodelt es: Angestammte Märkte stagnieren, Eurokrise und rückläufige Auftragseingänge in Asien bremsen das Auslandsgeschäft. Doch wie können Unternehmen diese vehemente Nachfrageabschwächung auffangen? Ein Ausweg findet sich aus Sicht der Branchenexperten bei Dr. Wieselhuber & Partner (W&P) in der Erschließung von Absatzmöglichkeiten außerhalb angestammter Märkte. In ihrer aktuellen Studie „Versteckte Märkte in der Chemieindustrie – Illusion oder Wachstumschance“, die in Kooperation mit dem Chemie-Cluster Bayern erstellt wurde, kommen sie zu dem Schluss: Milliardenschwere Investitionen in Innovationen werden als Instrument nicht ausreichen, um die globale Marktposition zu halten - vielmehr hat das schlummernde Potenzial etablierter Produkte in bisher unerschlossenen Einsatzfeldern das Zeug, der Branche trotz hoher Durchdringung und Marktsättigung zu weiterem Wachstum zu verhelfen.

Von April 2013 bis Juni 2013 gewährten im Rahmen der Studie, die auf Interviews basiert, rund 30 Führungskräfte aus der Chemie und ihren wichtigsten Abnehmerbranchen Einblicke in ihre Einstellungen und Erfahrungen mit versteckten Märkten. Für die Mehrzahl der Befragten war dabei eindeutig, dass die teils in Frage gestellten „versteckten Märkte“ tatsächlich existieren und deutliche Wachstumschancen für Unternehmen jeder Größe bergen. 60 Prozent der interviewten Unternehmen hatten dabei bereits versteckte Märkte in Abnehmerbranchen erschlossen. Können rund die Hälfte der befragten Branchenplayer das vorhandene Potenzial nicht näher quantifizieren, konkretisiert Dr. Karl-Martin Schellerer, Initiator der Studie und Branchenexperte bei W&P:  „Als Branchendurchschnitt leiten wir ein mittelfristiges Potenzial von 10 Prozent auf den aktuellen Jahresumsatz ab – und das, ohne großen Innovationsaufwand und ohne Unsicherheit, ob das Innovationsprojekt erfolgreich zum Abschluss kommt.“

Entscheidend bei der Bearbeitung versteckter Märkte aus Sicht des Experten: Unternehmen müssen mit ihren Schlüsseltechnologien eine Verbindung zu übergeordneten Trends in der Chemieindustrie herstellen. Zu diesen Trends zählen vor allem die Themen Ressourceneffizienz (26 Prozent), Nachhaltigkeit (19 Prozent)  und die Bündelung von Funktionen, um mit weniger Produkten zum gleichen Ergebnis zu kommen (13 Prozent). „Möglicherweise können Unternehmen schon heute bestehende Probleme lösen oder bestehende Lösungen des Wettbewerbs durch höhere Qualität ersetzen – sei es beispielsweise bei der Wasseraufbereitung, der Verwendung von emissionsfreien und toxikologisch unbedenklichen Stoffen oder der Vereinfachung von Produktionsprozessen mit entsprechenden Kosteneinsparungen“, so Schellerer. Aus diesen Trends entstehe zudem eine Dynamik in der Chemieindustrie und ihren nachgelagerten Branchen, die zahlreiche Chancen für vorhandene Produkte in versteckten Märkten bergen – gerade in Produktfeldern mit mittlerem Reife- und Innovationsgrad stecke dabei das höchste Potential.

Klar ist: Versteckte Märkte können nicht nebenbei aus der Tagesgeschäft heraus erschlossen werden. Vor allem kleinere Unternehmen mit limitierten personellen Ressourcen stoßen hier möglicherweise an ihre Grenzen. Denn oft sind die großen Trends so abstrakt und damit ohne offensichtlichen Bezug zum Produktspektrum, dass die Ableitung von Umsatzpotenzialen misslingt. Deshalb sollte man sich von innen und außen neuen Geschäftsfeldern nähern. Ein strukturierter Prozess, der zur Größe des Unternehmens passt, kann im Rahmen der Geschäftsfelderweiterung weiterhelfen. „Weniger ist hier oft mehr“, weiß Schellerer. „Nicht die größte Abteilung ist entscheidend, sondern das Verständnis für die eigenen Produkte in Verbindung mit Erfahrung und Weitblick auf potentielle Abnehmermärkte!“ Letztlich sei die Suche nach neuen Märkten vor allem dann erfolgreich, wenn eine offene Unternehmenskultur und -organisation mit einer motivierenden Führung Impulse einfordert – und Veränderung zulässt.

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