Gassensoren sollen erstmals Geruchsbelastungen im Freien aufspüren

11.08.2014 - Deutschland

Das Sensorexperten-Team von Professor Andreas Schütze und die Saarbrücker 3S GmbH werden im Auftrag des saarländischen Umweltministeriums in den Warndt-Gemeinden Messstationen mit Gassensoren installieren. Ziel ist es, ein Messsystem zu entwickeln, das die Geruchsbelastung kontinuierlich überwacht. In Innenräumen ist es mit diesen Sensorsystemen bereits gelungen, einzelne Schadstoff-Moleküle unter einer Milliarde Luft-Molekülen aufzuspüren und Geruchsbelastungen zuzuordnen. Nun sollen sie für den Einsatz im Freien getestet, weiterentwickelt und an das menschliche Geruchsempfinden „angelernt“ werden.

Seit über einem Jahr klagen Bürger aus den Warndt-Gemeinden über eine stark gestiegene Geruchsbelastung, die mutmaßlich von der Chemieplattform im französischen Carling ausgeht. Bislang wird die Luftqualität auf beiden Seiten der Grenze an mehreren Messstationen kontrolliert, wobei die Konzentrationen von gesetzlich geregelten Schadstoffen für unterschiedliche Zeiträume ermittelt werden. Um diese Messungen weiter zu ergänzen und dem Geruch auf die Spur zu kommen, hat das saarländische Umweltministerium die Saarbrücker Messtechniker mit einem neuen Forschungs- und Entwicklungsprojekt beauftragt: Dabei sollen Gassensoren für einen Zeitraum von drei Monaten an mehreren Messorten geruchsintensive Stoffe in der Luft erfassen.

„Ich hoffe sehr, mit dem initiierten Forschungsprojekt einen entscheidenden Beitrag zur Aufklärung der konkreten Ursachen für die Geruchsbeschwerden im Warndt leisten zu können“, sagt Umweltminister Reinold Jost.

„Bei Gerüchen handelt es sich häufig nicht nur um einzelne Gase, sondern um komplexe Gemische“, erklärt Andreas Schütze. Die Wahrnehmung als Geruch ist zudem nur einer menschlichen Nase möglich. Das macht die Messung mit herkömmlichen Methoden so schwierig. Die Gassensoren von Schützes Arbeitsgruppe können nahezu alle Arten von Gasen aufspüren und ihre Konzentrationen in Gemischen bestimmen. In Innenräumen – für diese Bedingungen wurden die kostengünstigen Systeme bislang entwickelt – entgehen den hochempfindlichen künstlichen Sinnesorganen auch kleinste Spuren nicht. „Die Sensoren erfassen unterschiedlichste Moleküle und messen deren Konzentration. Mit dem Warndt-Projekt betreten wir Neuland. Ein solches Geruchs-Messsystem wie das geplante existiert heute noch nicht“, sagt Professor Schütze. Im Freien herrschen durch Wind, Wetter oder Störgerüche besondere Herausforderungen. In der ersten Phase werden Schütze und sein Team zusammen mit der Firma 3S untersuchen, wie ihre Technik für die Messung der Geruchsbelastung im Warndt weiterentwickelt werden kann.

Um herauszufinden, welche Gasgemische für die menschliche Nase stinken, soll das System angelernt werden. Dabei ist die Mitwirkung der Bevölkerung gefragt. „Bei der Messung wird die Luft am Sensor vorbeigeleitet. Wenn die Gasmoleküle auf die Oberfläche des Sensors treffen, ändert sich der elektrische Widerstand und ein Signal wird aufgezeichnet. Die so entstehenden Signalmuster werden wir menschlichen Geruchsempfindungen und körperlichen Wahrnehmungen zuordnen“, erläutert Schütze. Hierzu wird die 3S GmbH die Bewohner der Warndt-Gemeinden über einen längeren Zeitraum befragen. Anhand der Angaben will sie eine Datenbank erarbeiten, die Messwerte mit Geruchsbeschreibungen in Verbindung bringt. „Die Daten werden anonym erhoben, ausschließlich für diese wissenschaftlichen Zwecke verwendet und nicht weitergegeben“, betont Thorsten Conrad von der 3S GmbH. Das Messsystem soll auf diese Weise angelernt werden, damit es bestimmten Mustern von selbst Gerüche zuordnen kann.

Im weiteren Verlauf soll ausgewertet werden, welche Stoffe zur Geruchsbelastung beitragen. „Wir erhoffen uns von dem Projekt auf lange Sicht Klarheit, ob die Geruchsbelastungen für die Bewohner der Warndt-Gemeinden mit Gesundheitsrisiken verbunden sind. Deshalb bitten wir die Bevölkerung darum, die Forschungen aktiv zu unterstützen und sich an den Fragebogen-Aktionen zu beteiligen“, sagt Heike Schreiner von der Bürgerinitiative „Saubere Luft für die Warndtgemeinden“.

„Wir werden anhand der Auswertungen der ersten Fragebogen-Aktion, die jetzt anläuft, und in enger Absprache mit Gemeindevertretern und Vertretern der Bürgerinitiative etwa acht Messstationen einrichten. Danach können die kontinuierlichen Messungen und parallel dazu die gezielten Befragungen für die Datenbank beginnen“, erläutert Thorsten Conrad.

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