In Ägypten galt er als heilige Pflanze. In
Griechenland sagte man, er verleihe Kraft. Im Mittelalter wurde er gar als Mittel gegen
die
Pest gehandelt. Bis heute ist der
Knoblauch ein weit verbreitetes Gewürz und pflanzliches Heilmittel. Beispielsweise senkt er
den Cholesterinspiegel und wird zu Vorbeugung altersbedingter
Gefäßerkrankungen eingesetzt. Wissenschaftler des
Forschungszentrums Jülich, der
Universität Bonn und der
Fachhochschule Aachen, Abteilung Jülich, haben erstmals einen
Biosensor entwickelt, mit dem sie die wertvollen Inhaltsstoffe, denen auch der Knoblauch seine vielfältigen Wirkungen
"verdankt", in ähnlichen
Pflanzen aufspüren und ihre
Konzentration bestimmen können.
Für den Geruch und die medizinische Wirkung des Knoblauchs machen die Wissenschaftler bestimmte schwefelhaltige Substanzen
verantwortlich, die in der Pflanze aus so genannten Cysteinsulfoxiden gebildet werden. Doch die gibt es nicht nur im Knoblauch selbst,
sondern sie werden auch in vielen weiteren Arten der Lauchfamilie vermutet. "Von den 800 verschiedenen Lauchgewächsen ist bisher nur
etwa ein Dutzend auf Cysteinsulfoxide untersucht worden", erklärt Dr. Michael Keusgen von der
Universität Bonn. "Das liegt daran, dass
bisher ausschließlich chemische Analysemethoden zur Verfügung stehen und die sind sehr aufwändig." Gemeinsam mit Prof. Michael
Schöning vom
Forschungszentrum Jülich /
Fachhochschule Aachen hat er daher den ersten Biosensor für Knoblauch entwickelt. "So
können wir im Inventar der Natur unkompliziert und schnell nach Pflanzen suchen, die, wie Knoblauch, große Mengen Cysteinsulfoxid
enthalten", erklärt Keusgen. "Denn das könnten einmal sehr vielseitige Nutz- und Arzneipflanzen werden, deren Wirkungsspektrum
beispielsweise über das von Knoblauch hinausgeht."
Ein Biosensor ist ein Messfühler, der eine biologische Komponente, etwa
Enzyme oder ganze
Zellen, nutzt, um bestimmte
Moleküle oder
Substanzen zu erkennen und ihre Menge zu bestimmen.
Biosensoren können beispielsweise den
Zuckergehalt im
Blut Messen - und
neuerdings auch den Gehalt an Cysteinsulfoxiden in Pflanzen. Beim Knoblauchsensor nutzen die Wissenschaftler ein Enzym - einen
Biokatalysator -, um die begehrten Cysteinsulfoxide aufzuspüren. "Doch ein 'echter' Biosensor muss eine weitere Randbedingung
erfüllen", erklärt Michal Schöning, "er muss miniaturisierbar sein." Dieses Kriterium haben die Wissenschaftler erfüllt, indem sie das
'Knoblauch-Erkennungs-Enzym', die
Alliinase, mit biochemischen Methoden auf der Oberfläche eines speziellen Silizium-
Mikrochips
fixieren. Dieser besteht aus mehreren Schichten mit unterschiedlichen Funktionen, aus denen sich die Bezeichnung "EIS-Struktur"
ableitet: "E" steht für "Elektrolyt", "I" für "Isolator" und "S" für "semiconductor", das englische Wort für
Halbleiter. Die Jülicher
Wissenschaftler sind Spezialisten für solche EIS-Schichtstrukturen, die sie mit Methoden der klassischen Silizium-Technologie fertigen.
Das Enzym auf der Oberfläche des Chips, der bis auf einige Quadratmillimeter "schrumpfen" kann, steht in Kontakt mit der zu
untersuchenden Lösung: Enthält diese Cysteinsulfoxide, setzt die Alliinase sie in einer chemischen Reaktion zu denjenigen Stoffen um,
die für den typischen Geruch und für die medizinische Wirkung des Knoblauchs verantwortlich sind. "Daneben entsteht
Ammoniak",
verrät Schöning. "Der
Ammoniak verändert den
pH-Wert der Lösung. Dadurch wiederum ändert sich die elektrische Kapazität der
EIS-Schichtstruktur, auf der das Enzym fixiert ist. Wenn wir diese Kapazitätsänderung messen, wissen wir wie viel Ammoniak
entstanden ist und damit wie viel Cysteinsulfoxid in der Probe enthalten war."
Bei ihren Messungen haben die Jülicher und Bonner Wissenschaftler festgestellt, dass ihr Knoblauch-Biosensor ausreichend empfindlich
ist, um Pflanzenproben zu untersuchen. Doch auf dem Arzneipflanzensektor ist ein solcher Biosensor ein Neuling, denn "der
Arzneimittelbereich ist biosensorisches Brachland", wie Keusgen es ausdrückt. Hier sieht er deshalb eine wichtige mögliche Anwendung.
"Außerdem könnte der Biosensor in der Qualitätskontrolle in der Pharma- und
Lebensmittelindustrie, beispielsweise als einfacher Test für
Knoblauchpräparate, wertvolle Dienste leisten." Michael Schöning zählt gleich mehrere Vorteile des Biosensors auf: "Zum einen könnte
man kostengünstig große Stückzahlen fertigen. Zum anderen wäre der Biosensor sehr robust und auch für Vor-Ort-Messungen geeignet."
Die beiden Wissenschaftler glauben, dass der Knoblauch-Biosensor in etwa drei Jahren anwendungsreif ist und sind durchaus daran
interessiert, gemeinsam mit einem Industriepartner einen entsprechenden Prototypen zu entwickeln.