Graphen-Flocke als ultraschnelle Stoppuhr

Forscher aus den USA und Dresden entwickeln Breitband-Detektor aus Graphen

29.10.2015 - Deutschland

Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) haben zusammen mit Kollegen aus den USA und Deutschland einen neuen optischen Detektor aus Graphen entwickelt, der extrem schnell auf einfallendes Licht unterschiedlichster Wellenlängen reagiert und schon bei Zimmertemperatur funktioniert. Erstmals kann somit ein einzelner Detektor den Spektralbereich von sichtbarem Licht über die Infrarot-Strahlung bis hin zur Terahertz-Strahlung überwachen. Die HZDR-Wissenschaftler nutzen den neuen Graphen-Detektor bereits zur exakten Synchronisation von Laser-Systemen.

M. Mittendorff

Die äußere Antenne des Detektors fängt langwellige Infrarot- und Terahertz-Strahlung ein und leitet sie wie ein Trichter zu einer Graphen-Flocke, die sich auf einem Siliziumcarbid-Substrat in der Mitte der Struktur befindet.

Eine kleine Flocke Graphen auf Siliziumcarbid und eine futuristisch anmutende Antenne – fertig ist der neue Graphen-Detektor. Diese vergleichsweise simple und auch preiswerte Konstruktion kann erstmals als einzelner Detektor den enorm großen Spektralbereich vom sichtbaren Licht bis zur Terahertz-Strahlung abdecken. „Im Gegensatz zu anderen Halbleitern, wie Silizium oder Galliumarsenid, kann Graphen Licht von sehr unterschiedlicher Photonenenergie aufnehmen und in elektrische Signale umwandeln. Wir mussten hier nur noch mit einer breitbandigen Antenne und dem passenden Substrat die idealen Rahmenbedingungen schaffen“, erklärt Dr. Stephan Winnerl, Physiker am Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung des HZDR.

Bereits 2013 hatte der damalige HZDR-Doktorand Martin Mittendorff den Vorgänger des Graphen-Detektors entwickelt. Als Postdoc an der University of Maryland hat er ihn nun zusammen mit seinen Dresdner Kollegen sowie Forschern aus Marburg, Regensburg und Darmstadt perfektioniert. Das Funktionsprinzip: Die antennengekoppelte Graphen-Flocke absorbiert die Strahlung, wodurch die Energie der Photonen auf die Elektronen im Graphen übertragen wird. Solche „heißen Elektronen“ erhöhen den elektrischen Widerstand des Detektors und führen so zu schnellen elektrischen Signalen. In nur 40 Pikosekunden – das sind Billionstel einer Sekunde – kann der Detektor einfallendes Licht registrieren.

Großer Spektralbereich durch Siliziumcarbid-Substrat

Besonders die Auswahl des Substrats war jetzt ein entscheidender Schritt zur Verbesserung des kleinen Lichtfängers, wie Stephan Winnerl erläutert: „Zuvor verwendete Halbleiter-Substrate haben stets einige Wellenlängen absorbiert, Siliziumcarbid verhält sich hingegen im gesamten Spektralbereich passiv.“ Hinzu kommt eine Antenne, die wie ein Trichter wirkt und langwellige Infrarot- und Terahertz-Strahlung einfängt. Die Wissenschaftler konnten so den abgedeckten Spektralbereich im Vergleich zum Vorgänger fast um den Faktor 90 steigern. Die kürzeste messbare Wellenlänge ist damit 1000 Mal kleiner als die längste. Zum Vergleich: Rot, das langwelligste Licht, das das menschliche Auge wahrnehmen kann, hat lediglich die doppelte Wellenlänge von Violett, dem kurzwelligsten sichtbaren Licht.

Am HZDR wird dieser optische Universaldetektor bereits genutzt, um die beiden Freie-Elektronen-Laser am ELBE-Zentrum für Hochleistungs-Strahlenquellen exakt mit anderen Lasern zu synchronisieren. Besonders wichtig ist diese Justierung für sogenannte Pump-Probe-Experimente: Dabei regen Forscher ein Material mit einem Laser an („pump“) und nutzen anschließend einen zweiten Laser mit anderer Wellenlänge zur Messung („probe“). Für solche Untersuchungen müssen die Pulse der Laser exakt aufeinander abgestimmt werden. Dafür setzen die Wissenschaftler den Graphen-Detektor wie eine Stoppuhr ein: Er teilt ihnen mit, wann die Laserpulse ins Ziel kommen und durch seine große Bandbreite wird ein Wechsel des Detektors als potentielle Fehlerquelle vermieden. Ein weiterer Vorteil ist, dass alle Messungen bei Zimmertemperatur ablaufen können und auf die aufwendige und kostspielige Stickstoff- oder Heliumkühlung anderer Detektoren verzichtet werden kann.

Originalveröffentlichung

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