Das Fraunhofer-Institut für
Verfahrenstechnik und Verpackung IVV in Freising entwickelt derzeit ein neues Recyclingverfahren für
den im Elektronikschrott enthaltenen Kunststoffanteil. Die in Mischfraktion anfallenden Kunststoffabfälle konnten bisher nicht
verwertet werden, weil sie Stör- und
Gefahrstoffe enthalten. Mit dem neuen Verfahren wird es zukünftig möglich, diese
problematischen Kunststoffabfälle in qualitativ hochwertige Sekundärrohstoffe umzuwandeln.
Gefahrstoffe im Elektronikschrott
Das Wachstum in den Bereichen der Unterhaltungselektronik, der Telekommunikation sowie der Datenverarbeitung lässt die
Elektronikschrottmengen stetig ansteigen. Allein in
Deutschland fallen jährlich etwa
1,8 Mio t Elektronikschrott an. Dieser Abfall enthält fast
20 %
Kunststoffe, die hauptsächlich aus hochschlagzähem
Polystyrol (HIPS) und Acrylnitrilbutadienstyrol (ABS) bestehen. Große
Stückzahlen von Elektro- und Elektronikgeräten werden aus Ländern importiert, in denen nach wie vor
Flammschutzmittel auf Basis
bromierter Diphenylether (PBDE) und bromierter Biphenyle (PBB) eingesetzt werden. Durch thermische Belastung entstehen daraus
bromierte
Dioxine und
Furane. Die in der Chemikalienverbotsverordnung (ChemVV) vorgeschriebenen Grenzwerte für diese Gefahrstoffe
werden in den realen Abfällen teilweise überschritten. Deshalb kam bisher für ca. 50 000 t post-consumer-Kunststoffe aus Elektronikschrott
die stoffliche Verwertung nicht in Frage. Sie wurden ausschließlich thermisch entsorgt, bei mangelnder Kenntnis des Abfalls aber auch
deponiert oder unsachgemäß rezykliert.
Das neue Verfahren
Die Fraunhofer-Experten entwickeln nun ein Verfahren, mit dem auch die flammgeschützten Kunststoffabfälle rezykliert werden können.
Bromierte Gefahrstoffe aus der Kunststoff-matrix werden entfernt und die hoch toxischen Komponenten durch ein geeignetes
Dehalogenierungsverfahren zerstört. Die zurückgewonnenen ABS-Rezyklate entsprechen den Anforderungen der ChemVV. Damit
Rezyklathersteller die Qualität nachweisen können, konzipiert das
Fraunhofer IVV ein leistungsfähiges Qualitätssicherungssystem.
Das neue Verfahren zur sicheren Elektronikschrottverwertung wird von den Fraunhofer-Forschern in Zusammenarbeit mit Demontage- und
Recyclingunternehmen aus Bayern bis in den industriellen Produktionsmaßstab umgesetzt. Recyclern werden damit attraktive
Verwertungspfade erschlossen. Das Projekt läuft seit Anfang 2001 und wird vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und
Technologie gefördert.
Kunststoffrecycling - gewusst wie
Das Fraunhofer IVV knüpft bei seinem Vorhaben an sein langjähriges Know-how im Kunststoffrecycling an. Die Basis für das neue
Verfahren ist das Kunststoffrecycling mittels selektiver Extraktion und Fällung. Dieses Recyclingverfahren wurde vom Fraunhofer IVV
entwickelt. Es besitzt ein hohes Reinigungspotential für vermischte, verschmutzte oder im Verbund vorliegende Kunststoffabfälle. Darauf
aufbauend wurde die selektive Extraktion auf das Recyceln von Weich-PVC zugeschnitten. Den Experten ist es gelungen, im Gegensatz zu
konventionellen werkstofflichen Verfahren, sortenreine und störstofffreie Weich-PVC-Rezyklate zu erzeugen. Das Recyclingverfahren mittels
selektiver Extraktion ist auch auf andere Thermoplasten wie ABS, PVB und PET anwendbar. Damit das enorme Reinigungspotential des
Verfahrens vollständig ausgenutzt werden kann, muss es auf die stoffspezifischen Randbedingungen der Kunststoffe angepasst werden.
In Ergänzung zum derzeit laufenden Projekt möchte das Fraunhofer IVV das ABS-Recycling verfahrenstechnisch weiterentwickeln. Mit
konkreten Abfallströmen, auch außerhalb des Elektronikschrottbereiches, sollen geschlossene Verfahrens- und Produktkonzepte erarbeitet
und umgesetzt werden. Hierfür sucht das Fraunhofer IVV Kooperationspartner aus der Entsorgungswirtschaft.