Handys, PCs, HiFi-Anlagen: heute brandneu - morgen schon im Müll. Dabei enthält
Elektronikschrott wertvolle
Rohstoffe. Einziges
Problem: Die Wertstoffe liegen nicht sortenrein vor und sind zum Teil mit gefährlichen Giftstoffen vermischt.
Fraunhofer-Forscher
entwickeln ein neues Verfahren, das diese Stoffe abtrennt und die Kunststoffanteile in hochwertige
Rohstoffe umwandelt.
Die rasante Entwicklung der Unterhaltungselektronik, der
Datenverarbeitung und der Telekommunikation erzeugt
eine stetig wachsende Menge an Elektronikschrott. Allein in
Deutschland fallen davon jährlich ca. 1,8 Mio
Tonnen
an. Auf Eisenbahnwaggons verladen ergibt das eine Schlange von 2 000 Kilometern - ein Güterzug von München bis
Madrid. Dieser Abfall enthält zu ca. 20 Prozent
Kunststoffe, die zum Wegwerfen zu schade, zum Wiederverwenden
zu gefährlich sind. Denn flammgeschützte
Kunststoffe im Elektronikschrott enthalten teilweise giftige
Dioxine und
Furane. Jedes Jahr werden deshalb riesige Kunststoffmengen aus Elektronikschrott nicht in den Rohstoffkreis
zurückgeholt, sondern in Müllverbrennungsanlagen oder auf Abfalldeponien entsorgt.
Das Fraunhofer-Institut für
Verfahrenstechnik und Verpackung
IVV in Freising entwickelt derzeit ein neues
Verfahren, mit dem auch flammgeschützte Kunststoffe recycelt werden können. Dazu müssen die
Dioxine und
Furane, aber auch einige
Flammschutzmittel - insbesondere bromierte Diphenylether (PBDE) und bromierte
Biphenyle (PBB) - aus dem Kunststoff herausgelöst und entsorgt werden. Zurück bleiben Rohstoffe, die nahezu die Qualität von Neuware
erreichen.
»Die Basis des neuen Verfahrens bilden selektive
Extraktion und
Fällung«, erklärt Thomas Luck vom
Fraunhofer IVV. »Zuerst suchen wir ein
Lösemittel, das nur den Zielkunststoff löst.« Die Wissenschaftler filtern die gewonnene Kunststofflösung und entfernen so unerwünschte
Fremdkunststoffe und Verschmutzungen. Diese Lösung enthält allerdings noch die
Flammschutzmittel und die giftigen Dioxine und Furane. »In
einem zweiten Schritt«, so Luck weiter, »wird der Kunststoff gezielt ausgefällt - ein Phänomen, das vielen Menschen vom Kochen bekannt
ist: Die Soße ist fast fertig, nur noch einen Spritzer Zitronensaft - und plötzlich flockt das Eiweiß aus.« Diesen chemischen Vorgang nutzen
die Forscher. Durch die Wahl des Fällmittels steuern sie, welche Stoffe zusammen mit dem Kunststoff ausfallen und welche in der Lösung
bleiben. So kann der gewünschte Kunststoff zurückgewonnen werden. Die giftigen Substanzen bleiben in der Lösung und werden entsorgt.
Zum
Recycling von PVC werden diese beiden Methoden bereits mit Erfolg eingesetzt. Damit die Recyclingfirmen die Qualität ihrer Produkte
kontrollieren können, entwickeln die Fraunhofer-Forscher parallel ein Qualitätssicherungssystem. Potentielle Kunden können die
Eigenschaften von Neu- und Recyclingware vergleichen und sich überzeugen, dass die rezyklierten Kunststoffe den Anforderungen der
Chemikalienverbotsordnung (ChemVV) entsprechen.