Degussa: EU-Chemikalienpolitik benachteiligt Chemie-Standort Europa

28.06.2001
Nachteile in der globalen Wettbewerbs- und Innnovationsfähigkeit befürchtet die Degussa AG, Düsseldorf, als Folge der geplanten EU-Harmonisierung der Regeln zur Chemikalienpolitik. Dr. Thomas Schoeneberg, Mitglied im Vorstand der Degussa AG und Arbeitsdirektor: „Wir haben die Sorge, dass einige der geplanten Maßnahmen eine massive Benachteiligung der in Europa tätigen Chemieunternehmen gegenüber Wettbewerbern, wie z.B. den USA oder Japan, zur Folge haben werden.“ Degussa sei immer für das Einführen effizienter und stimmiger Regeln eingetreten. “Daher verstehen und unterstützen wir die im Weißbuch vorgesehenen Verfahren als ersten Schritt für eine einheitliche EU-Chemikalienregulation.“ Es dürfe allerdings dadurch nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommen. Ferner müssten alle stoff- oder produktbezogenen Maßnahmen im Verbraucher-, Arbeits- und Umweltschutz harmonisiert werden. „Nur ein einheitliches Gesamtkonzept“, so Schoeneberg bei der Vorstellung des ersten Umweltberichtes der neuen Degussa, „vermeidet auf Dauer parallele Stoffbewertungen wie im Wasser- oder Abfallrecht.“ Als Folge ihrer strategischen Neuausrichtung auf die Spezialchemie wäre die Degussa von den gegenwärtig vorgesehenen Inhalten des Weißbuches besonders betroffen. Die von der EU-Kommission im Februar dieses Jahres präsentierten Vorschläge zielen auf eine einheitliche Registrierung, Bewertung und Zulassung aller produzierten Chemikalien ­ und zwar unabhängig davon, ob es Alt-Stoffe (vor 1981 vermarktete Chemikalien) oder Neu-Stoffe sind. Für das Registrieren und Bewerten wurden feste Fristen vorgeschlagen. Alle Chemikalien sollen nach Menge und Art der Anwendung abgestuft geprüft werden. Die Verantwortung dafür müssten die Unternehmen beziehungsweise die Weiterverarbeiter und Verwender tragen. Insbesondere in den Degussa-Geschäftsbereichen, die überwiegend Stoffe in kleinen und mittleren Mengen produzierten, beeinflusse der Pro-Stoff-Aufwand für die Daten-Erhebung und -bewertung direkt deren Wirtschaftlichkeit. „Für uns ist damit die Innovationsfähigkeit und die Attraktivität des Standortes Europa gefährdet“, erklärt Schoeneberg. Er kritisiert weiter, dass das Weißbuch keine Aussagen über die ökonomischen und sozialen Folgen der neuen EU-Chemikalienpolitik mache. Auch der Degussa-Betriebsrat und -Sprecherausschuss warnen vor den Konsequenzen für die Marktsituation und Beschäftigung. Sprecherausschussvorsitzender Dr. Peter Weber befürchtet, dass die verbotsorientierte EU-Politik der Verlagerung von Arbeitsplätzen ins außereuropäische Ausland Vorschub leiste. Und der Betriebsratsvor-sitzende Ralf Blauth ergänzt: „Dies werden die Betriebsräte im Degussa-Konzern nicht akzeptieren. Wir fordern nachdrücklich eine Korrektur der europäischen Chemikalienpolitik.“ Degussa plädiert dafür, alle ins Auge gefassten Regeln entlang der Wertschöpfungskette - vom Stoffhersteller über den Zubereiter und Formulierer bis hin zum Anwender - pragmatisch auszugestalten. Das geplante separate Zulassungsverfahren für besonders gefährliche, etwa kanzerogene Stoffe stelle in diesem Zusammenhang einen Bruch in der Systematik des Weißbuches dar. Demnach müsste jedes Unternehmen für jede Anwendung eines solchen umweltkritischen Stoffes eine gesonderte Zulassung beantragen. Degussa sieht darin einen unverhältnismäßig hohen bürokratischen Aufwand, der die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der europäischen chemischen Industrie gefährde; die außereuropäischen Regelwerke seien einfacher und effizienter.

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