Kristall-Atome bleiben selbst beim Schmelzen träge

18.04.2005
Einer internationalen Wissenschaftlergruppe ist es gelungen, die Bewegungen der Atome beim Schmelzen direkt und quasi in Echtzeit zu beobachten und so wichtige neue Einblicke in den Ablauf des Fest-Flüssig-Phasenübergangs zu gewinnen. Die Forscher haben exemplarisch das schnelle laserinduzierte Schmelzen eines Halbleiters (hier von Indium-Antimonid) mit Hilfe der zeitaufgelösten Röntgenbeugung untersucht und dazu eine neuartige Röntgenquelle, die Sub-Picosecond Pulse Source (SPPS) am Linearbeschleuniger SLAC (Stanford, USA) verwendet. "Der Prozess des Laser-induzierten Fest-Flüssig-Phasenübergangs ist durch die Geschwindigkeit der Atome definiert, die sie unmittelbar vor der Laseranregung hatten", fasst Prof. Sokolowski-Tinten von der Universität Jena das zentrale Ergebnis zusammen. Der Laserimpuls, das konnten die Forscher beobachten, befreit die Atome schlagartig von ihren Bindungen untereinander und die Atome behalten, ihrer Trägheit folgend, anfangs einfach den Bewegungszustand vor der Anregung bei. Diese Bewegung ist vollkommen ungeordnet und durch die statistische Natur der Temperaturbewegung der Atome bestimmt. "Das eine Atom weiß zunächst nicht, was das andere Atom macht und das Material befindet sich unmittelbar nach der Anregung in einem merkwürdigen Zwischenzustand: Einerseits sind die Atome noch regelmäßig angeordnet wie in einem kristallinen Festkörper, anderseits verhalten sie sich schon wie die Atome in einer Flüssigkeit", verdeutlicht der Experimentalphysiker. Ganz wesentlich für den Erfolg des Experimentes waren die kurzen Röntgenimpulse der SPPS, der ersten Beschleuniger-basierten Röntgenquelle, mit der es möglich ist, Röntgenimpulse von weniger als 100 Femtosekunden zu erzeugen. "Mit unseren Ergebnissen haben wir aber nicht nur etwas Neues über das schnelle Schmelzen gelernt, sondern auch gezeigt, dass man mit solchen Beschleuniger-Röntgenquellen wirklich im Ultrakurzzeitbereich experimentieren kann", erklärte Sokolowski-Tinten weiter. Deshalb hat das Experiment an der SPPS einen ganz wesentlichen Pilotcharakter für die Freie-Elektronenlaser-Projekte LCLS (ebenfalls bei SLAC in Stanford) und EURO-XFEL beim DESY in Hamburg. Originalveröffentlichung: "Atomic-Scale Visualization of Inertial Dynamics", Science 2005, Vol. 308, Heft 5720.

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