Arzneimittel gut verpackt

Metallorganische Kristalle mit großen Poren speichern Arzneimittel und geben sie zeitlich verzögert wieder ab

09.08.2006

Die Forschung arbeitet ständig daran, die Wirksamkeit von Medikamenten zu verbessern. So kann es etwa hilfreich sein, wenn ein Wirkstoff zeitlich verzögert im Körper freigesetzt wird, so dass die aktuelle Konzentration niedriger ist, dafür aber die Wirkung länger anhält. Andere Wirkstoffe sollten am besten ihre Wirksamkeit nur in bestimmten Organen entfalten. Um dies zu erreichen, müssen die Pharmaka in Trägerstoffe "verpackt" werden, aus denen sie mit einer definierten Geschwindigkeit und unter definierten Bedingungen wieder freigesetzt werden. Ein französisch-spanisches Forscherteam hat einen neuen Trägertyp entwickelt, der eine besonders große "Ladung" Wirkstoff aufnehmen kann und kontrolliert wieder freigibt: metallorganische Gerüste mit großen Hohlräumen.

Zwei verschiedene Wege wurden bisher verfolgt, um Wirkstoffe in Trägern zu speichern. Beim "organischen Weg" werden Wirkstoffmoleküle in biokompatible, sehr große Moleküle oder Polymere eingelagert. Viele verschiedene Pharmaka können auf diese Weise "verpackt" werden, allerdings ist es schwer, eine wirklich kontrollierte Freisetzung zu erreichen. Beim "anorganischen Weg" besteht der Träger aus porösen silikatischen Feststoffen. Damit die Wirkstoffe in den Hohlräumen festgehalten werden, müssen die Porenwände mit organischen Molekülen ausgekleidet werden.

Durch diese Auskleidung geht aber wertvoller Platz in den Poren verloren, der den Wirkstoffmolekülen nicht mehr zur Verfügung steht, die Speicherkapazität ist entsprechend niedrig. Vorteilhaft an diesem Trägertyp ist, dass der Wirkstoff in gut kontrollierbarer Weise wieder austritt. Das Team um Gérard Férey und Christian Serre will nun einen Mittelweg gehen, der die Vorteile beider Varianten vereinigt: Es gelang ihnen, einen neuen Kristalltypus aus Metallatomen und einer speziellen organischen Verbindungsklasse zu entwerfen. Dieses Gitter ist von sehr großen Poren durchzogen. Da die organische Verbindung Bestandteil des Gitters ist, brauchen die Porenwände nicht extra ausgekleidet zu werden, damit sich die Wirkstoffmoleküle anlagern können - so steht der gesamte Platz in den Poren für die Pharmaka-Speicherung zur Verfügung.

Testreihen mit dem Schmerzmittel Ibuprofen bewiesen die ungewöhnlich hohe Speicherkapazität der neuartigen Träger. Eines der Gitter, MIL-101 genannt, war in der Lage, erstaunliche 1,4 g Ibuprofen pro Gramm Träger aufzunehmen und unter physiologsichen Bedingungen innerhalb von sechs Tagen abzugeben.

Durch eine Variation der Gitterbestandteile hoffen die Forscher Träger herstellen zu können, deren Porenform und -größe für das jeweilige Pharmakon und dessen gewünschte Dosierung maßgeschneidert sind.

Originalveröffentlichung: C. Serre, G.; "Metal-Organic Frameworks as Efficient Materials for Drug Delivery"; Angewandte Chemie 2006.

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