EU verhängt Rekordbußgeld gegen Chemiekonzerne wegen Preiskartells

22.11.2001
Die Europäische Kommission hat ein milliardenschweres Rekordbußgeld gegen die deutsche BASF und sieben weitere Chemiekonzerne verhängt. Wegen illegaler Preisabsprachen für Vitamine sollen die Hersteller 855,22 Millionen Euro (rund 1,673 Mrd DM) in die EU-Kasse zahlen, entschied die Brüsseler Behörde am Mittwoch. «Anführer und Anstifter der geheimen Absprachen» waren laut Kommission der schweizerische Konzern Hoffmann-La Roche und die BASF. Sie müssen deshalb mit 462 beziehungsweise 296,16 Millionen Euro die höchsten Strafen zahlen. EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti bezeichnete die Absprachen der acht Unternehmen aus Europa und Japan als «die schlimmsten Kartelle, gegen die die Kommission jemals ermittelt hat». Fast zehn Jahre lang - von September 1989 bis Februar 1999 - haben die Vitaminhersteller nach Erkenntnissen der Brüsseler Wettbewerbshüter illegal die Preise abgesprochen und damit zum Schaden der Verbraucher hoch getrieben. Die Absprachen wiegen nach Ansicht der Behörde besonders schwer, weil Vitamine «wesentliche Bestandteile der Ernährung sind und als solche unabdingbar für ein normales Wachstum und ein gesundes Leben». Die überteuert verkauften Produkte würden etwa zur Herstellung von Keksen, Getränken und Gerichten aus Getreideflocken verwendet. Sie fänden sich auch in Tierfutter, Medikamenten und Kosmetika. Der Schaden durch die Preisabsprachen für die Verbraucher lasse sich an verschiedenen Elementen ablesen, sagte Kommissar Monti. So seien die europäischen Einnahmen aus dem Vitamin-C-Absatz von 250 auf 120 Millionen Euro im Jahr 1998 gesunken, nachdem das Kartell für dieses Produkt 1995 seine Wirkung verloren hatte. Insgesamt hätten die Hersteller 1998 im Europäischen Wirtschaftsraum 800 Millionen Euro mit den Vitaminen A, E, B1, B2, B5, B6, C, D3, Biotin (H), Folsäure (M), Betacarotin und Carotinoiden erwirtschaftet. Der Chemiekonzern Aventis habe als erster Verdächtiger voll mit der Kommission zusammengearbeitet und so zur Aufdeckung des Kartells beigetragen, sagte Monti. Deshalb erspare die erstmals angewandte Kronzeugenregelung dem Unternehmen ein Bußgeld von rund 113 Millionen Euro. Nur für seine passive Teilnahme am Vitamin-D3-Kartell muss Aventis 5,04 Millionen Euro Buße zahlen. Die deutsche Merck KGaA soll 9,24 und die niederländische Solvay Pharmaceuticals BV 9,1 Millionen Euro zahlen. Die drei japanischen Hersteller Daiichi, Eisai und Takeda kamen mit Bußen zwischen 13 und 37 Millionen Euro davon. Die Geldbußen für Hoffmann-La Roche und die BASF ermäßigte die Kommission um die Hälfte, weil auch sie zu einem frühen Zeitpunkt wichtige Informationen geliefert hätten. Dennoch nannte die BASF ihre Buße von umgerechnet fast 580 Millionen DM «unangemessen hoch». Firmensprecher Hartmut Unger sagte: «Wir haben diese Höhe nicht erwartet.» Die für das Bußgeld gebildeten Rückstellungen seien nicht so hoch wie die geforderte Summe. BASF behalte sich eine Klage vor. Monti zufolge müssen die Unternehmen die Bußgelder innerhalb von drei Monaten zahlen. Das Geld fließt in die EU-Kasse, was letztlich die europäischen Steuerzahler entlastet. Falls die Unternehmen beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die Entscheidung klagen, können sie auch entsprechende Bankgarantien leisten. Entscheide der EuGH aber im Sinne der Kommission, würden dann die Bußgelder plus Zinsen fällig, warnte Kommissar Monti. 1999 haben die wichtigsten Unternehmen, die von der Brüsseler Entscheidung betroffen sind, bereits ähnliche Regelverletzungen in den USA eingestanden. Dafür zahlte Hoffmann-La Roche nach Angaben der Kommission dort bereits 500 Millionen Dollar, die BASF 225 Millionen Dollar. Die BASF bezifferte ihre in den USA gezahlte Buße auf 233 Millionen Dollar, zu denen nochmals 425 Millionen Dollar für Vergleiche mit direkten und indirekten Käufern ihrer Vitamine kämen.

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