Wäre es nicht fantastisch, eine Maschine zu bauen, die praktisch keine Abgase mehr ausstößt, die wesentlich leiser ist als ein herkömmlicher Verbrennungsmotor und die beschleunigt wie ein Sportwagen?
Techniker und Wissenschaftler sind in Berlin dabei, diesen Traum wahr werden zulassen.
Der Prototyp eines solchen Motors wurde bereits fertig gestellt und könnte, sofern Geldgeber gefunden werden, demnächst zur Serienreife gebracht werden. Die revolutionär neuartige Maschine arbeitet mit heißem
Wasserdampf und hat durchaus das Potenzial, in wenigen Jahren den
Verbrennungsmotoren abzulösen - wenn die Autoindustrie mitspielt.
Schadstofffreie Kraftgewinnung ist wohl ziemlich das letzte, was der technisch Interessierte mit einer Dampfmaschine in Verbindung bringt. Aber die ZEE (Zero Emission Engine) ist kein Rauch und Ruß speiendes Triebwerk, sondern besteht aus einem hochmodernen, kontinuierlich laufenden
Brenner, der Wasserdampf mit bis zu 500 bar
Druck und 800 Grad Celsius produziert. In einem geschlossenen Kreislauf wird der heiße und energiereiche Wasserdampf über einem
Zylinder losgelassen. Die Ausdehnung des komprimierten Dampfes drückt den
Kolben nach unten.
Die Idee dazu hatte Michael Hötger, ein junger Ingenieur mit Schwerpunkt
Thermodynamik. Mit seinem Team entwickelte er das Projekt der ZEE weiter. Die Flamme des so genannten Poren-Brenners zischt nicht lauter als der
Lüfter eines Computers.
Katalysatoren, Rußfilter und
Schalldämpfer werden entbehrlich. Wie bei einem Elektromotor steht die Leistung sofort zur Verfügung; auf ein
Getriebe könnte verzichtet werden. Das maximale Drehmoment des dreizylindrigen ZEE- Prototyps mit seinen 75 PS beträgt beachtliche 500 Newtonmeter.
«Sie könnten damit einen
GTI ausstatten, ohne sich zu blamieren», meint Burkhard Heise, Geschäftsführer des Technologiezentrums Emissionfreie
Antriebe (TEA) GmbH in Berlin, das die Entwicklungsarbeiten koordiniert. Die Null-Emission-Maschine muss allerdings aufwendig elektronisch geregelt werden, um beherrschbar zu bleiben. Der Verbrauch läge in etwa bei dem, was heute ein TDI- Einspritzdiesel benötigt. Noch handelt es sich um einen etwas ungefügen Block von 150 Kilogramm Gewicht, doch die TEA-Tüftler wollen den Motorblock auf eine Größe reduzieren, die man aus dem Automobilbau kennt.
Warum kam niemand früher auf die faszinierende Idee? «Man braucht sehr viel
Elektronik, um so einen Motor zu domestizieren», sagt Heise. Die stand vor wenigen Jahren noch nicht zur Verfügung. Die Hochdruck-Einspritztechnik ist jüngeren Datums, ebenso die
Lösungen für die Werkstofffrage. Der Dampfmotor ist ein vollständig mit
Wasser geschmierter Motor. Fast einziger Nachteil der Zero Emission Engine: Wasser gefriert. Der Motorblock muss also isoliert und beheizt werden, und es muss frostsicher konstruiert sein.
Bis zum heutigen Tage wurden 28 Millionen Mark (14,3 Millionen Euro) in das Berliner ZEE-Projekt gesteckt. «Wir stehen jetzt am Ende der Forschungsphase», sagt Heise. Jetzt müsste sich die Vorentwicklungsphase anschließen, in der das Verhalten der Maschine in einem echten Auto getestet wird. «Wenn heute ein Hersteller sagen würde, ich baue den Dampfmotor in einen meiner Wagen ein, dann dauert es sechs bis acht Jahre, bis so ein Fahrzeug auf dem Markt ist», sagt Heise.
Ob die ZEE in Zukunft eine echte Chance bekommt, hängt also stark von der
Automobilindustrie ab. Diese favorisiert im Augenblick die Entwicklung der
Brennstoffzellen, und es ist noch die Frage, ob sie die «Dampfansage» der TEA GmbH annimmt. Möglicherweise gelingt es, über die Luxusfahrzeuge einen Fuß in die Automobilbranche zu bekommen. Luxusmodelle benötigen mehr elektrische
Energie, als die herkömmliche Lichtmaschine liefern kann. Ein nur 23 Kilogramm schweres ZEE-Kleinkraftwerk - auxiliary power unit (APU) genannt - könnte die benötigte elektrische Leistung kontinuierlich zur Verfügung stellen.