Fachkräftemangel kostet 7 Mrd. Euro - VDI/IW-Studie: Ingenieurlücke steigt auf 70.000

23.04.2008

Im vergangenen Jahr konnten insgesamt rund 70.000 Ingenieurstellen nicht besetzt werden. Zum Auftakt der Hannover Messe teilte VDI-Direktor Dr. Willi Fuchs die 45-prozentige Steigerung gegenüber 2006 mit. "Der Fachkräftemangel kostet unsere Volkswirtschaft jährlich über sieben Milliarden Euro", stellte Fuchs die ökonomischen Auswirkungen dar. Mehr als 70 Prozent der in einer Umfrage vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln befragten Unternehmen fordern mittlerweile die Stärkung des technisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts als wichtigste politische Maßnahme gegen den Fachkräftemangel. "Vor diesem Hintergrund sollten wir uns auch über öffentliche Förderungen von Stipendien für Ingenieurwissenschaften unterhalten", regte Fuchs an. Eine solche Investition würde innerhalb kurzer Zeit ein Vielfaches an Wertschöpfung zur Folge haben, betonte der VDI-Direktor. Lösungen seien dringlich, so Fuchs, da die Absolventenzahlen nicht mehr ausreichen, um die altersbedingt aus dem Erwerbsleben ausscheidenden Ingenieure zu ersetzen.

In der Studie wurden 2.700 Unternehmen befragt. Erstmalig wurden dabei die tatsächlich offenen Stellen für Ingenieure ermittelt. Entgegen der bislang vorsichtig geschätzten Dunkelziffer der auf dem so genanten "Graumarkt" gesuchten Ingenieure ergab sich, dass faktisch etwa sieben Mal so viele offene Ingenieurstellen vorliegen, wie der Bundesagentur für Arbeit (BA) gemeldet werden. "Die von der BA angegebene 44-prozentige Meldequote trifft für gering und eventuell auch noch für mittel qualifizierte Tätigkeitsgruppen zu. Für das Segment der Ingenieure erweist sie sich jedoch als zu hoch. Hier liegt die entsprechende Quote bei knapp 13 Prozent. Das heißt, der BA wird nicht einmal jede siebte offene Ingenieurstelle gemeldet", erklärte Dr. Hans-Peter Klös, Geschäftsführer des IW Köln, die Ergebnisse. "Das bedeutet, dass aktuell etwa 95.000 Ingenieure in Deutschland von Unternehmen gesucht werden."

Um dem Mangel begegnen zu können, investieren zwei Drittel aller Unternehmen verstärkt in Weiterbildungsmaßnahmen. "Fort- und Weiterbildung wurde in der Vergangenheit oft nachrangig behandelt, besonders im Mittelstand. Anscheinend machen viele Unternehmen in Zeiten des Fachkräftemangels aus der Not eine Tugend und fördern zunehmend ihre Mitarbeiter", analysierte Klös diese Entwicklung. Auf die Nutzung flexibler Arbeitszeiten greifen über 60 Prozent der Befragten zurück. Zusätzlich entwickeln über die Hälfte der Unternehmen Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. "Diese Entwicklung ist neu und wir begrüßen sie ausdrücklich. Nur über innovative Arbeitsplatzmodelle kann man mittelfristig vorhandene Mitarbeiter halten und neue hinzu gewinnen", lobte VDI-Direktor Fuchs diese von den Unternehmen gewählten Maßnahmen.

"Um den Fachkräftemangel anzugehen, setzen Personalabteilungen außerdem zu mehr als 40 Prozent auf die Rekrutierung älterer Mitarbeiter. Das ist - nicht nur angesichts der Situation auf dem Arbeitsmarkt - eine der vielversprechendsten Maßnahmen", so Fuchs. Denn auch in Zeiten niedriger Arbeitslosigkeit stünden noch rund 10.000 arbeitslose Ingenieure über 50 Jahre dem Markt zur Verfügung.

Bezüglich der gewünschten Maßnahmen seitens der Politik ergab sich ein klares Bild: Deutlicher Spitzenreiter bei den befragten Unternehmen ist die Stärkung des technisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts (fast 75 Prozent Zustimmung). Verbesserte Bedingungen an technischen Hochschulen wünschen sich über die Hälfte der befragten Firmen. Knapp 45 Prozent halten öffentliche Stipendienprogramme für Ingenieurstudierende für sinnvoll. Der Einführung eines Technikrats stehen zwei Drittel der Unternehmen mit hoher bis mittlerer Priorität gegenüber. "Ein Nationaler Technikrat, der die Bundeskanzlerin berät und die Kompetenzen der Bundesländer vereinigt, kann zu einem Ruck führen. Er könnte technische Ausbildung wieder so attraktiv gestalten, dass wir auch morgen noch zu den führenden Industrienationen zählen werden", gab sich Fuchs optimistisch.

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