Rennstrecke für schnelle Elektronen in Halbleiterstrukturen

Epitaxie-Anlage der Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) stellt Halbleiterschichten höchster Reinheit her

02.09.2008 - Deutschland

Um die elektrischen Einheiten, wie Spannung, Widerstand und Stromstärke, mit höchster Präzision zu "machen", werden heutzutage Quanteneffekte in speziellen Nano-Schaltungen eingesetzt. Ein wichtiges Ausgangsmaterial dafür sind extrem reine Halbleiterschichten, in denen sich sehr mobile Elektronen nahezu unbehindert bewegen können ohne mit Fremdatomen zusammenzustoßen. Um für zukünftige Entwicklungen im Bereich der elektrischen Quantenmetrologie gerüstet zu sein, hat die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) eine neue Molekularstrahlepitaxie-Anlage in Betrieb genommen, die für die Herstellung von Halbleiterschichten optimiert ist, die noch reiner sind als die bisherigen. Schon in den ersten Testschichten wurden extrem schnelle Elektronen beobachtet, mit einer Beweglichkeit, die mehr als fünfmal so hoch ist wie bisher. In der elektrischen Quantenmetrologie werden Halbleiterbauelemente in zwei Gebieten eingesetzt. Zum einen werden mit Hilfe des Quanten-Hall-Effekts elektrische Widerstandswerte reproduziert, die um weniger als ein Milliardstel schwanken. Zum anderen kann man gerade aus hochbeweglichen Elektronenschichten sog. Einzelelektronenpumpen herstellen, in denen ein Elektron nach dem anderen in kontrollierter Weise durch die Schaltung transportiert wird. Einzelelektronenpumpen sind ein Thema der metrologischen Forschung, da mit ihnen die elektrische Stromstärke als Produkt von Frequenz und Elementarladung definiert werden soll. Eine solche Definition würde die Einheit der Stromstärke an eine räumlich und zeitlich unveränderliche Fundamentalkonstante der Physik, nämlich die Elementarladung, binden. Für beide Anwendungen werden Schichtstrukturen aus den Halbleitern GaAs und AlGaAs eingesetzt. In diesen Kristallstrukturen bildet sich an der Grenzfläche zwischen den beiden Materialien eine nur wenige Nanometer dicke Elektronenschicht aus. Sie wird als zweidimensionales Elektronengas bezeichnet, weil die Elektronen sich nur in dieser Ebene bewegen können. Eine wichtige Kenngröße zweidimensionaler Elektronengase ist die Beweglichkeit der Elektronen, die beschreibt auf welche Geschwindigkeit sich die Elektronen durch eine elektrische Spannung beschleunigen lassen. Je seltener die Elektronen durch die "Kollision" mit Fremdatomen gebremst werden, desto höher ist ihre Beweglichkeit. Die Elektronenbeweglichkeit ist daher ein direktes Maß für die Reinheit der Halbleiterschichten. Zur Herstellung reiner Halbleiter wird die Methode der Molekularstrahl-Epitaxie verwendet. In einer Ultrahochvakuumkammer werden die Ausgangsmaterialien für die Halbleiterherstellung, z.B. Gallium und Arsen verdampft. Auf einem Substrat wächst dann der gewünschte GaAs-Kristall auf. Die Dicke der Schicht kann durch Regelung des Galliumflusses auf eine Atomlage genau kontrolliert werden, was notwendig ist, um die benötigten Nanometer-Schichtstrukturen herzustellen. Die Reinheit der Halbleiterstrukturen wird durch die Güte des Ultrahochvakuums der Molekularstrahlepitaxie-Anlage bestimmt. Die an der PTB in Betrieb genommene Anlage verfügt über ein leistungsstarkes Pumpsystem zur Erzeugung niedrigster Drücke. Weiterhin sorgt ein Kühlsystem dafür, dass Verunreinigungen und Fremdatome ausfrieren und somit nicht in den Halbleiter eingebaut werden. Das Ergebnis sind zweidimensionale Elektronengase mit Elektronenbeweglichkeiten von bis zu 7,5 Millionen cm2/Vs bei tiefen Temperaturen, was eine Verbesserung um den Faktor 5 gegenüber Proben aus der Standardanlage darstellt.

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