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Sumpfkalk



Sumpfkalk ist eine Aufschlämmung (Suspension) von Calciumhydroxid (Ca(OH)2) in Wasser. Je nach Mischungsgrad gibt es verschiedene Benennungen: Sumpfkalk oder Fettkalk wird der zähe Kalkbrei genannt, der nur wenig Wasser enthält. Verdünnt man diesen weiter, so spricht man meist von Kalkfarbe, die etwa die Konsistenz von normaler Wandfarbe hat und auch als solche verwendet wird. Der Begriff Kalkmilch wird vor allem in der Chemie verwendet. Sie stellt dort eine sehr verdünnte Suspension dar, aus der man nach dem Filtrieren Kalkwasser, also eine gesättigte Calciumhydroxid-Lösung erhält.

Inhaltsverzeichnis

Herstellung und Abbinden

Hauptartikel: Technischer Kalkkreislauf

Es gibt zwei Möglichkeiten der Herstellung. Zum einen kann Calciumhydroxid mit Wasser angerührt werden. Da es schlecht löslich ist, ergibt sich automatisch eine Suspension. Zum anderen, und dies ist die praktisch ausschließlich genutzte Methode, erhält man Sumpfkalk durch das Löschen von Branntkalk. Gibt man zu Branntkalk eine entsprechende Menge an Wasser, so reagiert dieser unter starker Wärmeentwicklung zu Löschkalk, also Calciumhydroxid. Dabei erhitzt sich das Gemisch derart stark, dass Wasser verdampft und die Suspension wie eine kochende dicke Suppe erscheint. Da Löschkalk ein stark basischer Stoff ist, geht von kleinen Spritzern eine große Gefahr aus, besonders die Augen sind durch diese ätzende Substanz gefährdet.

Der Sumpfkalk ist jedoch noch nicht einsetzbar. Es finden langsame Kristallisationsvorgänge statt, die eine relativ lange Lagerung erfordern, die letztlich über die Qualität entscheidet und sich bei der Verarbeitung bemerkbar macht. Vom diesem lang dauernden "Einsumpfen" leitet sich auch der Name ab. Zur Herstellung von Kalkfarbe wird Sumpfkalk stark verdünnt. Hierzu wird der dickflüssige Kalkbrei mit Wasser vermischt, bis er durchscheinend milchig ist und auf einer Messerklinge noch das Metall durchschimmert (Handwerkerregel).

Nach dem Auftragen bindet das Calciumhydroxid ab. Es nimmt Kohlenstoffdioxid aus der Luft auf und gibt Wasser ab, dabei reagiert es zu Calciumcarbonat, also Kalkstein.

Verwendung

Sumpfkalk ist das Bindemittel eines Kalkmörtels (oder Kalkputzes), oder wird rein als Kalkfarbe verwendet.

Kalkfarbe wird als Baustoff verwendet und dient dabei vor allem als mineralisches Anstrichmittel. Wasser dient dabei als Lösungsmittel, das Calciumhydroxid ist Pigment und Bindemittel zugleich. Ihre Farbe ist ein nicht ganz reines Weiß. Sie war früher praktisch das einzige verfügbare und weitesten verbreitete Anstrichmittel für gemauerte und verputzte Außenwände von Wohn-, Sakral- und Geschäftshäusern - von ihr rührt der Ausdruck kalken für weiß streichen oder weißeln her. Im Bau- und Heimwerkerbereich wurden Kalkfarben aber längst von den Dispersionsfarben verdrängt. Ihr charakteristisches warmes Weiß ist heute entsprechend kaum noch zu sehen. In Landwirtschaftsbetrieben kommt dieser Anstrich noch in großer Menge zum Einsatz. Daneben spielt Sumpfkalk noch beim Anstrich und bei der Restaurierung von Kirchen und historischen Gebäuden eine große Rolle.

Kalke – Putze wie Farbe – erreichen dann ein hohes Alter, wenn auch der Mauerverband kalkrein gesetzt ist. Als Untergründe sind Kalk-, Kalkzement- und Zementputze, Schalungsbeton und Ziegelsteine (gebrannt und ungebrannt) geeignet. Verwendbar ist er auf Betonen, sofern diese schwefelfrei sind, und auch mit Lehm verträgt er sich, wenn Kalk-Lehmgemische als Ausgleichsschicht gesetzt werden. Auf Holz wird eine - sehr elastischer Lehm-Kalk-Stroh-Putze (oder ähnliche Faseranteile) gesetzt, der das Arbeiten des Holzes abfängt. Dann halten auch Kalke mit zielführenderer Lebensdauer. Für Sichtbeton und Metall eignet sich Kalkfarbe dagegen nicht.

Kalkfarbe wird für Feuchträume im Hausinneren, wie Küchen, Bäder, Keller, Treppenhäuser und Lagerräume, aber auch Außenfassaden verwandt. Der Auftrag erreicht nicht die Schichtdicke von üblicher Wandfarbe und die Verarbeitung kann daher bei Zweit- und Drittanstrichen sehr sparsam erfolgen. Beim Abbinden bilden sich sehr feine Kristalle aus, die das einfallende Licht gut und im gesamten sichtbaren Spektrum reflektieren (ähnlich Schnee). Weil die Reaktion wegen des geringen Kohlendioxidanteils in der Luft relativ lange dauert, muss sichergestellt werden, dass der Anstrich nicht zu schnell trocknet, also gegen Sonnenschein geschützt wird. Häufig wird daher bei schlechtem Wetter geweißelt. Im anderen Falle kann sich die Kristallisierung im Material nicht homogen ausbilden, und der Kalk kreidet, schwindet, oder wird sogar unbrauchbar.

Der Anstrich hat bei richtiger Verarbeitung eine ausreichend hohe Abriebfestigkeit. Die Abriebfestigkeit kann durch Zusatz von Bindemitteln wie Leinöl oder Magermilch (Casein) erhöht werden, was im Außenbereich jedoch zu Lasten der Verwitterungsbeständigkeit geht.

Restauration

In der Restaurierung[1] legt man besonderen Wert auf lange Sumpfzeiten, und der als Kirchenkalk vertriebene Kalk lagert 20 bis 25 Jahre in der Kalkgrube. Diese Kalke erreichen bei hoher Qualität Preise, die ein den Jahren entsprechendes Vielfaches des Preises von Baukalken erreichen.

Zur Restaurierung von Bauwerken, Skulpturen und Bildwerken wird Kalkfarbe speziell zu den vorhandenen Kalkmaterialien abgestimmt angerührt, und es gibt zahllose Rezepte:
Neben Wasser und Calciumhydroxid, die je nach Einsatzgebiet in Verhältnissen zwischen pastösem 1:3 und wässrigem 3:1 gemischt werden, finden diverse zusätzliche Bindemittel Verwendung (Saccharide, organische Leime, Acrylate) und Zuschlagstoffe wie Champagnerkreide oder Titandioxid, die auch weißtönen, sowie auch zusätzliche Pigmente.

Der Sumpfkalk kann dann als Kalksinterwasser (für Freskofarben), Wandfarbe, Kalkschlämme, Kalkspachtelmasse oder Kalkputzmasse eingesetzt werden. Bei letzteren wird feiner Sand zugesetzt, anderen auch Marmormehle, und die Verarbeitungsstärke wird dicker. Speziell eingestellte Kalkwerkstoffe härten schneller oder langsamer, haften gut am Untergrund, zeigen eine geringe Kreidung (sind wischfest) und eine niedrige Oberflächenspannung.

Abtönen

Zum Abtönen sind nur kalkechte Pigmente geeignet, auch mit diesen sind aber keine kräftigen Farbtöne möglich, weil das Calciumhydroxid die Pigmente nur bis etwa 5% bindet.

Vorteile

Kalkfarbe ist billig, feuchtigkeitsbeständig, wirkt desinfizierend und fungizid. Schimmelpilz kann auf Kalkputz und Kalkfarbe nicht überleben, da sie stark alkalisch sind.

Ihre Herstellung bedarf keinerlei synthetischer Stoffe. Sie ist daher in ihrer Anwendung ökologisch unbedenklich.

Der Kalkanstrich ist hochporös und damit gut gasdurchlässig. Er ist neben anderen mineralischen Anstrichen besonders da gefragt, wo viel Feuchtigkeit aus dem Mauerwerk abtransportiert werden muss. Kaum etwas prägt das Bild südeuropäischer Dörfer so sehr, wie die typisch weiß getünchten Häuser, in diesem Klima hat die Kalkfarbe noch einen besondern Vorteil: Es beugt der Erwärmung der Außenwände in den heißen Sommermonaten vor.

Nachteile

Auf organischen und nicht saugenden Untergründen ist Kalkfarbe nicht geeignet. Sie haftet nicht auf Dispersionsfarben, Leimfarben, Tapeten und vielen Spachtelmassen. Möchte man mit modernen Farben auf gekalktem Untergrund streichen, ist dies nahezu unmöglich, da sich der Kalk beim Auftragen der neuen Farbe ablöst, weil diese eine wesentlich höhere Schichtspannung aufbaut. Hier hilft meist nur ein völliges Entfernen der Kalkschicht mit Spachtel oder Schleifgerät.

Auch sonst deckt die Farbe nur schlecht – es sind mehrere Farbschichten nötig, bis die Wand wirklich weiß wirkt, wenn sie nicht schon vorher gekalkt war. Außerdem ist Kalk extrem empfindlich gegenüber Verfärbungen durch Eisen (Stockflecken) und Sulfate, also im bodennahen Bereich. Insbesondere auf gipshaltigen Untergründen kommt es zu Ausblühungen und – weil Gips hygroskopisch ist, Kalciumcarbonat aber hydrophob – zu Schwefelfraß (Umwandlung von Kalk in Gips).

Die Anfälligkeit des Kalks gegenüber zu schnellem Abbinden machen ihn bei warmem Wetter und insbesondere bei direkter Sonneneinstrahlung unbrauchbar. Daneben verträgt er in der Abbindezeit auch keine Temperaturen unter 4 °C. Diese Einschränkungen der Verarbeitungszeiten haben dazu geführt, dass er aus dem gewerblichen Bauwesen zwischenzeitlich vollständig verdrängt wurde.

Aufgrund des sauren Regens ist Kalkfarbe mittlerweile in einigen Gegenden für den Außenbereich ungeeignet. Da zudem ihre Abriebfestigkeit nur gering ist, eignen sich nur veredelte Kalkfarben für den Außenbereich. Ursprünglich machte das den eigentlichen Zweck des Kalkens im Außenbereich aus: Der Kalk bildet die „Opferschicht“, die den Putz schützt, und im traditionellen Bauwesen ist jährliches Kalken von Außenbereichen üblich gewesen.

Die Verarbeitung von Kalkfarbe ist nicht ganz ungefährlich. Calciumhydroxid ist ätzend, beim Verarbeiten muss man Handschuhe, Schutzbrille und – bei Verwendung von trockenen Kalkhydraten – eventuell einen Atemschutz tragen (Abgebundener Kalk ist aber nicht mehr ätzend). Im Kalkbrei wird zwar der größte Teil des Calciumhydroxids suspendiert, ein Teil geht jedoch in Lösung. Die wässrige Phase des Breis reagiert daher stark alkalisch, reizt die Haut und verursacht bei längerem Einwirken Verätzungen. Besonders empfindlich sind die Schleimhäute und Augen. Sumpfkalk muss dicht verschlossen gelagert werden und darf nicht in Leichtmetallbehältern aufbewahrt werden (Korrosion).

Siehe auch

Literatur

  • Kurt Wehlte: Werkstoffe und Techniken der Malerei. Otto Maier Verlag, Ravensburg 1967, ISBN 3-473-48359-1

Einzelnachweise

  1. Wehlte, Kap. 3 Werkstoffe der Wandmalerei, S. 209ff
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Sumpfkalk aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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