Alternatives Verfahren zur Umwandlung von weißem Phosphor verspricht mehr Nachhaltigkeit in der chemischen Industrie

Bahnbrechende Ergebnisse

27.04.2022 - Deutschland

Chemiker der Technischen Universität Dresden haben ein neues, nachhaltigeres Verfahren zur Synthese zahlreicher wichtiger Chemikalien des Alltags aus weißem Phosphor entwickelt. Das neue Verfahren hat das Potential, innovative, ressourcenschonendere Prozesse in der chemischen Industrie zu etablieren. Die bahnbrechenden Ergebnisse, welche aus über einem Jahrzehnt intensiver Forschung hervorgehen, wurden jetzt in der Fachzeitschrift „Nature Chemistry“ veröffentlicht.

© K. Schwedtmann, T. Schneider

TUD-Chemikern ist es gelungen, weißen Phosphor (P4) gezielt in eine alternative und wesentlich weniger problematische P-Zwischenstufe zu überführen.

Das chemische Element Phosphor ist einer der wesentlichen Bausteine allen biologischen Lebens und aufbauend darauf funktionsgebender Bestandteil vieler Produkte: in Arzneimitteln, Lebensmitteln oder in Düngemitteln. In der Natur kommt Phosphor ausschließlich in gebundener Form als Phosphat in der Erdkruste vor. Die kontinentalen Vorkommen sind jedoch endlich und reichen Schätzungen zufolge nur noch für wenige Jahrzehnte.

Für die industrielle Verwendung werden die Phosphate durch aufwendige chemische Prozesse in den sogenannten weißen Phosphor umgesetzt. Weißer Phosphor ist neben rotem, schwarzem und violettem Phosphor die industriell wichtigste Modifikation des Elements und bisher noch immer ein alternativloser Ausgangspunkt für die Herstellung vieler Arzneimittel, Flammschutzmittel, Batterieelektrolyte, Herbizide und weiteren Phosphorfeinchemikalien.

Für die Herstellung von phosphorhaltigen Alltagschemikalien wird der weiße Phosphor zumeist durch Chlorierung mit Chlorgas zu Phosphortrichlorid (PCl3) umgewandelt; einer korrosiven und toxischen Flüssigkeit, die als großindustrielles Zwischenprodukt eine zentrale Bedeutung für die chemische Industrie einnimmt. Die bisher alternativlose Herstellung und Verwendung von PCl3 ist allerdings hochproblematisch.

Dem Chemiker Prof. Jan J. Weigand von der TU Dresden und seinem Team ist es nun gelungen, weißen Phosphor (P4) gezielt in eine alternative und wesentlich weniger problematische P-Zwischenstufe zu überführen. Bei diesem Verfahren kann auf die Verwendung von Chlorgas komplett verzichtet werden. Stattdessen sind die zur Umwandlung des weißen Phosphors benötigten Prozesschemikalien recycelbar.

„Noch stehen einer industriellen Anwendung des Prozesses ökonomische Faktoren entgegen, allerdings findet derzeit aufgrund notwendiger, nachhaltigerer Aspekte in der chemischen Industrie hier ein Umdenken statt. Die ressourcenschonendere und effizientere Nutzung endlicher Rohstoffe sowie die Entwicklung nachhaltiger Prozesse in vielen Bereichen der Chemie sind von allergrößter Wichtigkeit. Diese Arbeit ist ein entscheidender Durchbruch in der Phosphor-Chemie und von hoher Bedeutung für die weitere Entwicklung von nachhaltigeren und umweltfreundlicheren Prozessen“, bekräftigt Dr. Kai Schwedtmann, einer der beiden Hauptautoren der Publikation.

Prof. Weigand entwickelt mit seiner Gruppe derzeitig noch weitere Konzepte mit dem Ziel, eine Verwendung von weißem Phosphor beziehungsweise PCl3 zur Synthese von Arzneimitteln, Flammschutzmitteln, Batterieelektrolyten, Herbiziden und weiteren Phosphorfeinchemikalien komplett überflüssig zu machen: „Um die größten Herausforderungen unserer Zeit bewältigen zu können, muss ein Umdenken auch in der chemischen Industrie erfolgen. Wir wollen mit unserer Forschung einen kleinen Beitrag dazu leisten, indem wir einen „Blueprint“ für eine modernere und nachhaltigere Phosphorchemie entwickeln.“

Originalveröffentlichung

Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen

Entdecken Sie die neuesten Entwicklungen in der Batterietechnologie!

Verwandte Inhalte finden Sie in den Themenwelten

Themenwelt Synthese

Die chemische Synthese steht im Zentrum der modernen Chemie und ermöglicht die gezielte Herstellung von Molekülen mit spezifischen Eigenschaften. Durch das Zusammenführen von Ausgangsstoffen in definierten Reaktionsbedingungen können Chemiker eine breite Palette von Verbindungen erstellen, von einfachen Molekülen bis hin zu komplexen Wirkstoffen.

20+ Produkte
5+ White Paper
20+ Broschüren
Themenwelt anzeigen

Themenwelt Synthese

Die chemische Synthese steht im Zentrum der modernen Chemie und ermöglicht die gezielte Herstellung von Molekülen mit spezifischen Eigenschaften. Durch das Zusammenführen von Ausgangsstoffen in definierten Reaktionsbedingungen können Chemiker eine breite Palette von Verbindungen erstellen, von einfachen Molekülen bis hin zu komplexen Wirkstoffen.

20+ Produkte
5+ White Paper
20+ Broschüren