Methode zur Analyse komplizierter, winziger Kristalle gefunden

Neuartige Verbindungsklasse entschlüsselt

15.02.2023 - Deutschland

Die atomare Struktur fester Stoffe kann oft schnell, einfach und sehr präzise mit Hilfe von Röntgenstrahlung analysiert werden. Dies setzt aber voraus, dass Kristalle der entsprechenden Substanzen vorliegen. Der Chemiker Prof. Dr. Oliver Oeckler von der Universität Leipzig und sein Team entwickeln Methoden, um dies auch für sehr kleine, mit bloßem Auge nicht erkennbare Kristalle zu ermöglichen. Dazu gehören sogenannte Phosphoroxidnitride, die aus Phosphor, Stickstoff und Sauerstoff bestehen und so in der Natur nicht vorkommen.

Universität Leipzig

Diie Grafik zeigt im Hintergrund einen Ausschnitt der Messdaten, ein Röntgenbeugungsdiagramm der Phosphoroxidnitride. Im Vordergrund sind Ausschnitte aus der Kristallstruktur zu sehen.

Dieser neuartigen, bislang schwer zugänglichen Verbindungsklasse werden wegen ihrer ungewöhnlichen Strukturen besondere Eigenschaften zugeschrieben. Oeckler und sein Team haben eine Methode entwickelt, die es ihnen ermöglicht hat, gemeinsam mit Prof. Dr. Wolfgang Schnick von der Ludwig-Maximilians-Universität München in zehnjähriger Forschungsarbeit die komplizierte Kristallstruktur neuer Phosphoroxidnitride zu ermitteln. Ihre Erkenntnisse haben sie soeben im Fachjournal “Chemistry – A European Journal” veröffentlicht.

Bei der Analyse der Kristallstruktur spielt die Kombination von Elektronenmikroskopie und Synchrotronstrahlung – intensive Röntgenstrahlung, die an einer Großforschungseinrichtung auf besondere Weise erzeugt wird – eine entscheidende Rolle. Dass dies manchmal aber nicht genügt, zeigt die Analyse des Phosphoroxidnitrids. Die Substanz, welche in künftigen Studien die Grundlage zum Beispiel für neuartige Leuchtstoffe bilden könnte, wurde bereits 2014 erstmals hergestellt, ihre Struktur aber bisher nicht aufgeklärt, denn sie galt bislang als schwer zugängliche Verbindungsklasse.

Daniel Günther, Doktorand in der Arbeitsgruppe Oeckler, konnte das Rätsel gemeinsam mit seinem Mentor nun lösen. „An den Daten lag es nicht, sondern an einem Streich der Natur. Es handelt sich nämlich nicht nur um eine Substanz, sondern gleich um drei sehr komplizierte, miteinander verwachsene Verbindungen“, erklärt Günther, der Erstautor der Studie ist.

Ausschnitte aus den Atomanordnungen bildeten gewissermaßen ein Baukastensystem, aus dem komplizierte und auch ungeordnete Strukturen entstehen können. „Eine solche Untersuchung braucht extrem gewissenhafte Arbeit, für die nur wenige Mitarbeiter die nötige Geduld und Konzentration aufbringen können. Ohne ein Forschungsfreisemester und einen so engagierten Mitarbeiter hätte es wohl nicht geklappt. Die meisten hätten die auf den ersten Blick ‚unauswertbar‘ erscheinenden Daten wohl entsetzt abgelegt und nie wieder erwähnt“, sagt Oliver Oeckler. Es gehe nicht nur um die nach Ansicht der Forschenden sehr interessante Struktur von Oxonitridophosphaten, sondern auch um die Methode der Analyse. Anhand der in ihrem Artikel beschriebenen Vorgehensweise seien auch ähnlich gelagerte analytische Probleme bei völlig anderen Substanzen lösbar.

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