Durchbruch für die Untersuchung von Flüssigkeiten durch KI

„Diese schlagkräftige Kombination von im Grunde einfachen Basistechniken hat ein neues Kapitel der Dichtefunktionaltheorie aufgeschlagen“

14.12.2023

Bayreuther Wissenschaftler*innen entwickeln eine neue Methode für die Untersuchung von flüssiger und weicher Materie mittels Künstlicher Intelligenz. In einer jetzt im Magazin „Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America“ (PNAS) veröffentlichten Studie öffnen sie mit der "Neuronalen Funktionaltheorie" ein neues Kapitel der Dichtefunktionaltheorie.

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Wir leben in einer hochtechnologisierten Welt, in der Grundlagenforschung Motor von Innovation ist, in einem dichten und komplexen Gefüge von Zusammenhängen und Abhängigkeiten. Dies publizierte Forschung stellt neue Methoden zur Verfügung, die großen Einfluss haben können auf weit verbreitete Simulationstechniken, so dass man komplexe Substanzen am Computer schneller, genauer und weitreichender untersuchen kann. Dies könnte perspektivisch Einfluss auf Produkt- und Prozessgestaltung haben. Dass sich die Struktur von Flüssigkeiten nun so vorzüglich repräsentieren lässt durch die neu formulierten neuronalen mathematischen Beziehungen, ist ein großer Durchbruch, der eine Bandbreite von Möglichkeiten zur Gewinnung von tiefen physikalischen Einsichten eröffnet.

„In der Studie zeigen wir modellhaft, wie künstliche Intelligenz verwendet werden kann, um fundamentale Theoretische Physik zu betreiben. Betrachtet und behandelt wird dabei das Verhalten von Flüssigkeiten und weiteren komplexen Systemen der weichen Materie“, sagt Prof. Dr. Matthias Schmidt, Inhaber des Lehrstuhls Theoretische Physik II an der Universität Bayreuth, und erläutert: „Wir haben ein fortgeschrittenes wissenschaftliches Verfahren zur Untersuchung von Materie auf atomarer und (makro)molekularer Ebene entwickelt, wobei maschinelles Lernen und mathematische Methoden kombiniert werden, um komplexe physikalische Eigenschaften zu berechnen.“

Die Bayreuther Forscher*innen präsentieren ein Hybridschema, basierend auf klassischer Dichtefunktionaltheorie und maschinellem Lernen, zur Bestimmung der Gleichgewichtsstruktur und der Thermodynamik von verschiedenartig zusammengesetzten Fluiden. Schmidt berichtet: „Wir demonstrieren die Verwendung von neuronalen Netzwerken in der selbstkonsistenten Berechnung von Dichteprofilen. Die Qualität der Ergebnisse übertrifft den State-of-the-art der Fundamental-Measure-Dichtefunktionaltheorie. Die Resultate etablieren das maschinelle Lernen von Funktionalen als ein effizientes Werkzeug zur multiskaligen Beschreibung von weicher Materie.“ So werden fundamentale Einsichten in die Struktur von Materie gewonnen. Hierbei kann der Typ von Materie alltäglich sein kann, aber auch die Grundlage von technologischen Prozessen und kommerziellen Produkten bilden. „Diese schlagkräftige Kombination von im Grunde einfachen Basistechniken hat ein neues Kapitel der Dichtefunktionaltheorie aufgeschlagen“, sagt Schmidt, „denn die durch Simulationsdaten trainierten Netzwerke sind genauer als die gegenwärtig ‚von Hand‘, also mit Papier und Bleistift entworfenen theoretischen Näherungen.“

Schmidt betont: „Neben der Bedeutung für das engere Fachgebiet von Statistischer Mechanik von weicher Materie wirft unsere Methode meines Erachtens auch grundlegende Fragen zum menschlichen Selbstverständnis unserer intellektuellen Tätigkeit auf. Für mich selbst gibt unsere Studie viel Hoffnung auf eine positive Entwicklung und dass die Künstliche Intelligenz uns eben gerade nicht ersetzt, sondern eher auf für mich sehr überraschende Weise erweitert.“

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