Chemikerinnen liefern neuen "Atlas" für verlässliche Experimente

Daten und praktische Anleitungen für zuverlässige Experimente mit Polyoxometallaten

05.11.2025
Universität Wien / Rompel Lab

Im Chemielabor der Universität Wien: Stabilitätstests an winzigen "Metall-Mandalas" (POM-Käfigen) – Probenvorbereitung an der Abzugshaube.

Polyoxometallate sind komplexe Molekülkäfige aus Metall- und Sauerstoffatomen und ein wichtiges Werkzeug bei Experimenten. Sie verhalten sich in Lösungen jedoch oft anders als erwartet. Chemikerinnen der Uni Wien haben nun ihre Eigenschaften systematisch getestet und einen "Atlas" für Experimente entwickelt. Damit liefern sie ein wertvolles Werkzeug für Wissenschafter*innen, die Chemie, Materialforschung und biomedizinische Anwendungen reproduzierbarer und effizienter gestalten möchten. Die Studie ist aktuell in Science Advances erschienen.

Sie sehen aus wie winzige, perfekt geordnete Mandalas – komplexe Molekülkäfige aus Metall- und Sauerstoffatomen. Chemiker*innen stellen diese sogenannten Polyoxometallate (POMs) als vielseitige Modellsysteme für Katalyse, Energiespeicherung und biomedizinische Anwendungen her. Doch ihre scheinbare Symmetrie kann trügerisch sein. Eine neue Studie der Universität Wien unter der Leitung von Ingrid Gregorovic, Nadiia I. Gumerova und Annette Rompel zeigt, wann solche Strukturen intakt bleiben und wann sie sich in Flüssigkeiten unbemerkt neu anordnen. Mit den neuen Daten und praktischen Anleitungen aus ihrer neuen Studie liefern die drei Forscherinnen eine wichtige Grundlage für künftige Experimente.

Wenn perfekte Ordnung instabil wird

Polyoxometallate verhalten sich in Lösung oft anders als erwartet. Die neue Studie zeigt, dass sie sich unter vielen gängigen Laborbedingungen entweder zersetzen oder neu anordnen. Messungen könnten dann unwissentlich Zersetzungsprodukte statt der beabsichtigten Moleküle untersuchen – ein zentraler Grund, warum Ergebnisse in der Katalyse, Energieforschung und Biomedizin schwer reproduzierbar sein können. Diesem Problem wollen die Chemikerinnen der Uni Wien mit ihren neuen Ergebnissen entgegenwirken.

Über die Studie

Im Mittelpunkt der Studie stehen sogenannte Keplerate – ikonische Molekülkäfige ähnlich einem Fußball-Muster, die aus Dutzenden von Metall- und Sauerstoffatomen bestehen und nur wenige Nanometer groß sind. Sie dienen als Modellbausteine für Reaktionen und Materialien. Das Team testete systematisch ihre Stabilität über pH-Wert, Temperatur und gängige Puffersysteme hinweg. Das Ergebnis ist eindeutig: In stark sauren Lösungen bleiben die Käfige intakt, bei nahezu neutralem pH-Wert reorganisieren sie sich schnell zu kleineren Einheiten. Keplerate auf Wolframbasis erweisen sich als widerstandsfähiger als ihre Molybdän-Pendants – ein praktischer Hinweis für Experimente, bei denen neutrale Medien unvermeidbar sind.

Ein Fahrplan für zuverlässige Chemie

Die neue Veröffentlichung erweitert den sogenannten "Speciation Atlas" (Science Advances, 2023), der einen ersten Fahrplan für zehn weit verbreitete POM-Systeme lieferte. Mit ihrer neuen Studie bieten Gregorovic, Gumerova und Rompel nun eine benutzerfreundliche Erweiterung für diesen Atlas: offene Datensätze, einfache Stabilitätsprüfungen und klare Empfehlungen, welche Bedingungen zu verwenden sind – und welche zu vermeiden sind.

"Unser Ziel war es, eine Orientierungshilfe für den Alltag zu bieten", sagt Annette Rompel. "Zu wissen, wann POM-Käfige stabil sind – und wann nicht – spart Zeit und Ressourcen und führt zu verlässlicheren Ergebnissen. Der erweiterte Atlas sagt nicht nur, ob etwas stabil ist, sondern hilft auch dabei, Experimente zu entwerfen und Ideen schneller in solide Ergebnisse umzusetzen."

Forschung reproduzierbarer machen

Durch die offene Bereitstellung ihrer Daten und ihre konkreten Empfehlungen bieten die Autorinnen ein wertvolles Werkzeug für Wissenschafter*innen, die Chemie, Materialforschung und biomedizinische Anwendungen reproduzierbarer und effizienter gestalten möchten.

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