Take-off für PEGASOS: Jülicher Wissenschaftler erforschen Klima in Europa mit dem Zeppelin NT

09.05.2012 - Deutschland

Am 4. Mai 2012 fiel der offizielle Startschuss für den bisher längsten Einsatz des Zeppelins NT für die Klimaforschung – koordiniert von Jülicher Wissenschaftlern. Insgesamt zwanzig Wochen fliegt das Luftschiff quer durch Europa und misst die Luftzusammensetzung in den Niederlanden, Italien, über der Adria und schließlich 2013 über Finnland. Die Messflüge sind Teil des EU-Großforschungsprojekts „PEGASOS“, in dem 26 Partner aus 14 europäischen Staaten sowie Israel Zusammenhänge zwischen Atmosphärenchemie und Klimawandel erforschen. Bundesforschungsministerin Annette Schavan würdigte beim feierlichen Auftakt der Kampagne in Friedrichshafen das Projekt. „Das europäische Großprojekt PEGASOS und die Forschungsflüge des Zeppelins NT leisten einen wichtigen Beitrag für den Klimaschutz und die moderne Nachhaltigkeitsforschung“, sagte Schavan. Robert-Jan Smits, Generaldirektor für Forschung und Innovation bei der Europäischen Union, bezeichnete das vom 7. Forschungsrahmenprogramm der EU geförderte Projekt als maßgeblich für eine gemeinsame europäische Strategie zur Verbesserung der Luftqualität und eine wirksamere Bekämpfung des Klimawandels.

Forschungszentrum Jülich

Der Zeppelin NT beim Auftakt der Zeppelin-Kampagne.

Bereits zum dritten Mal nutzen Wissenschaftler aus Jülich den Zeppelin NT als Forschungsplattform – diesmal erstmals europaweit. In den beiden voran gegangenen Missionen in den Jahren 2007 und 2008 flogen die Klimaforscher mit Unterstützung des BMBF vorwiegend in der Bodenseeregion und erprobten und entwickelten dabei die jetzige Ausstattung des Zeppelins mit Messgeräten. Drei verschiedene Sets von Messinstrumenten werden die Wissenschaftler nun bei der Kampagne mit sich führen. Sie wollen damit vor allem zwei Akteure in bodennahen Luftschichten genauer unter die Lupe nehmen: das sogenannte Hydroxylradikal (OH-Radikal), das als „Waschmittel“ der Atmosphäre dient, und die sogenannten Aerosole, also kleine Schwebeteilchen. Daten zu deren Entstehung und ihrer Mitwirkung im Klimageschehen sollen unter anderem Aufschluss über die Selbstreinigungskraft der Atmosphäre geben.

Durch die einzigartigen Flugeigenschaften des Zeppelins NT können die Jülicher Forscher diese Prozesse auch in den dafür entscheidenden Regionen der Atmosphäre verfolgen, nämlich der planetarischen Grenzschicht in etwa bis zu 2000 Metern Höhe. In dieser bisher wenig untersuchten, aber chemisch sehr reaktiven Region entscheidet sich das Schicksal der meisten Schadstoffe, die an der Erdoberfläche ausgestoßen werden. Informationen darüber sind daher notwendig, um atmosphärische Prozesse detailliert zu verstehen und Modellvorstellungen zu überprüfen. Der Zeppelin NT kann in dieser Höhe langsam schweben, in der Luft anhalten, vertikal auf- und absteigen und bis zu 24 Stunden fliegen. Er transportiert bei diesem Projekt über eine Tonne schweres Messgerät und ergänzt so Messungen aus Flugzeugen und von fest installierten Bodenstationen in idealer Weise.

Derzeit läuft der Umbau des Luftschiffs zum Forschungszeppelin. Ab Mitte Mai startet der umgerüstete Zeppelin NT dann zunächst auf eine zweiwöchige Reise nach Cabauw in den Niederlanden – ständig begleitet von einem internationalen Team aus 15 Wissenschaftlern und Technikern. Im Juni geht es östlich um die Alpen für gut fünf Wochen nach Italien, wo in Kooperation mit italienischen Forschern Messungen in der Poebene und über der Adria stattfinden. Der Rückflug führt westlich um die Alpen über Frankreich nach Friedrichshafen. Im April 2013 werden die Atmosphärenforscher schließlich zu einer weiteren zweimonatigen Kampagne Richtung Nordeuropa starten – Zielpunkt Hyytiälä in Finnland. Sowohl die Routen der Mission als auch die Messplätze sind auf bestehende Bodenmessstationen abgestimmt. Die Forscher können dadurch Daten aus dem Flug direkt mit ortsgebundenen Messungen vergleichen.

Die Zeppelinmission ist Teil des EU-Projekts PEGASOS (Pan-European-Gas-AeroSOl-Climate Interaction Study), das von der Europäischen Kommission im siebten Forschungsrahmenprogramm gefördert wird. Die Kampagne will den Einfluss der Atmosphärenchemie auf den Klimawandeln messen und die entscheidenden Prozesse klären. Die Ergebnisse sollen dann wissenschaftliche Grundlagen liefern, um EU-weite Maßnahmen zum Klimaschutz zu ermitteln, also die Verbesserung der Luftqualität unter der Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf den Klimawandel. Auch für die weltweite Klimapolitik werden die Untersuchungen zur Verfügung stehen, da Projektpartner auch in die Arbeit des Klimarats der Vereinten Nationen (IPCC) eingebunden sind.

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