Apparativer Tastbefund mit Magnetresonanz-Elastographie

28.05.2001
In der Abteilung für Medizinische Informatik des Fachbereichs Humanmedizin der FU Berlin/Universitätsklinikum Benjamin Franklin (UKBF) wird seit knapp zwei Jahren eine Methode weiterentwickelt, um erstmals die Bestimmung der Elastizität von tiefer im Körper gelegenen Strukturen mit Hilfe der Kernspintomographie (Magnetresonanz-Tomographie, MRT) zu ermöglichen. Laut Projektleiter Dr. Jürgen Braun liegen die Anwendungsmöglichkeiten vor allem in der Diagnose und Charakterisierung von Hirn- und Brusttumoren sowie von entzündlichen und nekrotischen Prozessen. Weitere Anwendungsmöglichkeiten eröffnen sich für Untersuchungen von Muskeln und Prostata. Längerfristig könnten so die üblichen Gewebe-Entnahmen (Biopsien) entfallen. Eine der ältesten Methoden ärztlicher Diagnostik ist die Palpation, das Ertasten von Verhärtungen oder Erweichungen von Gewebe. Veränderungen der Gewebe-Elastizität deuten auf krankhafte Prozesse hin. Manuelle Tastbefunde sind auch heute noch ein wichtiger Teil der ärztlichen Praxis. Doch es bestehen zwei entscheidende Beschränkungen: ° Der Arzt kann nur feststellen, d a s s etwas "nicht in Ordnung ist", meist aber nicht genau, w a s es ist (zum Beispiel ein gutartiger oder ein bösartiger Tumor). ° Tiefliegende oder durch knöcherne Strukturen abgeschirmte Gewebe, wie zum Beispiel krankhafte Veränderungen im Gehirn, können manuell nicht erfasst werden. Der klassische, manuelle Tastbefund wird daher seit längerem durch technische Verfahren ergänzt, zu denen Ultraschall (Sonographie) und die MRT gehören. Die Sonographie liefert zweidimensionale Bilder mit relativ schwacher Ausleuchtung, schwachem Bildkontrast und beschränkter räumlicher Auflösung. Immerhin konnten kürzlich erste Ergebnisse beim Aufspüren von Brustkrebs mit der "Ultraschall-Elastographie" erzielt werden. Dagegen bietet die Kernspintomographie die Möglichkeit, auch tiefere Schichten in beliebiger Raumrichtung abzubilden. Doch die biomechanischen Eigenschaften von Geweben können damit bislang nicht sichtbar gemacht werden. Man müsste die MRT "nur noch" mit den Vorteilen der Palpation verknüpfen, also ein "Apparatives Abtasten" entwickeln. Genau darum - also um die Darstellung der Elastizität - geht es bei dem UKBF-Projekt. Bei der "Dynamischen Magnetresonanz-Elastographie" (MRE) versetzt Jürgen Braun mit seiner Arbeitsgruppe Gewebe in Schwingungen. Dazu werden außen am Körper geeignete mechanische oder piezoelektrische Anregungseinheiten angesetzt. Diese "Stempel" übertragen mechanische Schwingungen mit einer Frequenz zwischen 100-300 Hertz auf das Gewebe. Die Auslenkungen betragen dabei lediglich einige hundertstel Millimeter. Zur Aufnahme wird ein zeitlich veränderliches Magnetfeld mit der mechanischen Schwingungsübertragung synchronisiert. Die Anregung des Gewebes dauert einige Sekunden bei einer Gesamtaufnahmedauer eines MRT-Bildes von 20 Sekunden. Das so aufgenommene Bild gibt die Elastizitätsunterschiede und damit mögliche krankhafte Veränderungen im untersuchten Gewebe wieder. In "Phantomstudien" konnte gezeigt werden, dass die Magnetresonanz-Elastographie funktioniert. Dazu wurden Gele benutzt, deren biomechanische Eigenschaften denen von Gewebe vergleichbar sind. Zudem wurden wichtige theoretische Grundlagen und eine physikalische Modellierung der MRE entwickelt, mit deren Hilfe alle Auswertungen der Experimente sowie der Simulationen künftiger Untersuchungen vorgenommen werden können. In Kürze beginnen nun Untersuchungen am "lebenden Objekt". Dr. Braun schätzt, dass die Methode in ein bis zwei Jahren an Patienten angewendet werden kann.

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