In der Abteilung für
Medizinische Informatik des Fachbereichs
Humanmedizin der FU Berlin/Universitätsklinikum Benjamin Franklin
(UKBF) wird seit knapp zwei Jahren eine Methode weiterentwickelt, um erstmals die Bestimmung der
Elastizität von tiefer im
Körper gelegenen Strukturen mit Hilfe der
Kernspintomographie (
Magnetresonanz-Tomographie, MRT) zu ermöglichen. Laut
Projektleiter Dr. Jürgen
Braun liegen die Anwendungsmöglichkeiten vor allem in der Diagnose und Charakterisierung von Hirn- und
Brusttumoren sowie von entzündlichen und nekrotischen
Prozessen. Weitere Anwendungsmöglichkeiten eröffnen sich für
Untersuchungen von Muskeln und Prostata. Längerfristig könnten so die üblichen
Gewebe-Entnahmen (
Biopsien) entfallen.
Eine der ältesten Methoden ärztlicher
Diagnostik ist die Palpation, das Ertasten von Verhärtungen oder Erweichungen von Gewebe.
Veränderungen der Gewebe-
Elastizität deuten auf krankhafte Prozesse hin. Manuelle Tastbefunde sind auch heute noch ein wichtiger
Teil der ärztlichen Praxis. Doch es bestehen zwei entscheidende Beschränkungen:
° Der Arzt kann nur feststellen, d a s s etwas "nicht in Ordnung ist", meist aber nicht genau, w a s es ist (zum Beispiel ein gutartiger
oder ein bösartiger Tumor).
° Tiefliegende oder durch knöcherne Strukturen abgeschirmte Gewebe, wie zum Beispiel krankhafte Veränderungen im
Gehirn,
können manuell nicht erfasst werden.
Der klassische, manuelle Tastbefund wird daher seit längerem durch technische Verfahren ergänzt, zu denen
Ultraschall
(Sonographie) und die MRT gehören.
Die Sonographie liefert zweidimensionale Bilder mit relativ schwacher Ausleuchtung, schwachem Bildkontrast und beschränkter
räumlicher Auflösung. Immerhin konnten kürzlich erste Ergebnisse beim Aufspüren von
Brustkrebs mit der
"Ultraschall-Elastographie" erzielt werden. Dagegen bietet die Kernspintomographie die Möglichkeit, auch tiefere Schichten in
beliebiger Raumrichtung abzubilden. Doch die biomechanischen Eigenschaften von Geweben können damit bislang nicht sichtbar
gemacht werden.
Man müsste die MRT "nur noch" mit den Vorteilen der Palpation verknüpfen, also ein "Apparatives Abtasten" entwickeln. Genau
darum - also um die Darstellung der Elastizität - geht es bei dem UKBF-Projekt.
Bei der "Dynamischen Magnetresonanz-Elastographie" (MRE) versetzt Jürgen Braun mit seiner Arbeitsgruppe Gewebe in
Schwingungen. Dazu werden außen am Körper geeignete mechanische oder piezoelektrische
Anregungseinheiten angesetzt. Diese
"Stempel" übertragen mechanische Schwingungen mit einer Frequenz zwischen 100-300 Hertz auf das Gewebe. Die Auslenkungen
betragen dabei lediglich einige hundertstel Millimeter. Zur Aufnahme wird ein zeitlich veränderliches
Magnetfeld mit der
mechanischen Schwingungsübertragung synchronisiert. Die Anregung des Gewebes dauert einige Sekunden bei einer
Gesamtaufnahmedauer eines MRT-Bildes von 20 Sekunden. Das so aufgenommene Bild gibt die Elastizitätsunterschiede und damit
mögliche krankhafte Veränderungen im untersuchten Gewebe wieder.
In "Phantomstudien" konnte gezeigt werden, dass die Magnetresonanz-Elastographie funktioniert. Dazu wurden
Gele benutzt, deren
biomechanische Eigenschaften denen von Gewebe vergleichbar sind. Zudem wurden wichtige theoretische Grundlagen und eine
physikalische Modellierung der MRE entwickelt, mit deren Hilfe alle
Auswertungen der Experimente sowie der Simulationen
künftiger Untersuchungen vorgenommen werden können.
In Kürze beginnen nun Untersuchungen am "lebenden Objekt". Dr. Braun schätzt, dass die Methode in ein bis zwei Jahren an Patienten
angewendet werden kann.