Technische Pionierleistung machte Platin industriell nutzbar

10.09.2004

Platin war schon im 19. Jahrhundert begehrt für die Schmuckerzeugung, doch mangels eines geeigneten Schmelzverfahrens konnte das hochschmelzende Edelmetall nur in aufwändigen Weißglut-Schmiedeprozessen bearbeitet werden - in industriell verwertbaren Mengen stand es jedoch nicht zur Verfügung. 1856 sollte sich dies durch eine technische Pionierleistung des Hanauer Apothekers und Chemikers Wilhelm Carl Heraeus grundlegend ändern. Mit einem eigenentwickelten Knallgas-Gebläsebrenner zur Erzeugung hoher Temperaturen gelang es ihm, Platin erstmals in Kilogrammmengen zu schmelzen und hochrein zu gewinnen. Damit löste er nicht nur ein lange währendes technisches Problem in der Metallbearbeitung, sondern legte mit der Gründung der "Erste Deutsche Platinschmelze W. C. Heraeus" auch den Grundstein für den heute weltweit agierenden Edelmetall- und Technologiekonzern Heraeus. Vor 100 Jahren, am 14. September 1904, starb der Familienunternehmer W. C. Heraeus im Alter von 77 Jahren.

Dank seiner Entwicklung fand Platin schnell Einzug in verschiedene Industriebereiche. Schon bald zählten Goldschmiedewerkstätten und Schmuckfabriken in aller Welt, aber auch Zahnfabriken, chemische Laboratorien und zahlreiche andere Industriezweige zu den Kunden. 1857 produzierte W. C. Heraeus noch 30 Kilogramm reines Platin, 1896 waren es bereits über 1000 Kilogramm.

Wilhelm Carl Heraeus studierte Chemie und Pharmazie in Göttingen beim damals wohl bekanntesten Chemieprofessor, Friedrich Wöhler. 1851 übernahm er die väterliche Einhornapotheke in Hanau. Seine grundlegende naturwissenschaftliche Ausbildung kam ihm zu Gute. Wo andere Apotheker Mühe hatten, wertvolle Chemikalien wie reine Flusssäure oder Metalle wie Rubidium und Cäsium zu beschaffen, stellte Heraeus diese einfach selbst her. Das Platin-Problem aber war es, das den ehrgeizigen Geschäftsmann antrieb. Zwar war bekannt, dass Platin mit einem Schmelzpunkt von 1770 °C in einer heißen Knallgasflamme, einem Gemisch aus Wasserstoff und Sauerstoff, schmilzt, jedoch gelang dies im Labor nur in Grammmengen. Mit seiner Gebläseapparatur vermochte Heraeus jedoch ausreichend Knallgas zu erzeugen und mit einer entsprechend großen Flammenfront großen Mengen Platinabfälle und platinhaltige Materialien in Kalktiegeln zu schmelzen - und Platin in einem Arbeitsschritt in Reinform zu gewinnen.

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