Diskussion um Tarifautonomie - Chemiebranche gegen Aufweichung

19.11.2004

(dpa) - Die Chemie-Arbeitgeber und die Gewerkschaft IG BCE haben einmütig vor den Gefahren einer Aufweichung der Tarifautonomie gewarnt. Vorstöße aus Union und FDP für gesetzliche Öffnungsklauseln, die Ausnahmen vom Flächentarifvertrag ermöglichen sollen, drohten die Auseinandersetzungen in die Betriebe zu tragen. Der Branchentarif würde seine Friedens- und Schutzfunktion verlieren, sagte Rüdiger Erckel, Präsident des Bundesarbeitgeberverbands Chemie, am Donnerstag in Berlin. IG-BCE-Chef Hubertus Schmoldt sagte, dann müssten auch die Gewerkschaften stärker einen Konfliktkurs steuern.

Eine am Donnerstag veröffentlichte Umfrage der Universität Duisburg-Essen ergab, dass die Mehrheit der deutschen Personalmanager grundsätzlich am Flächentarifvertrag festhalten will, aber mehr Flexibilität fordert. Gefragt seien Tarifverträge, die individuell durch Betriebsvereinbarungen ergänzt werden könnten. Die Universität hatte in Zusammenarbeit mit der Hans-Böckler-Stiftung telefonisch 1000 Manager von Unternehmen mit mindestens 100 Beschäftigten befragt. Für den grundsätzlichen Beibehalt der Flächentarifverträge sprachen sich 59 Prozent der Befragten aus - eine flexiblere Handhabung wünschten sich dabei 53 Prozent der Befragten, weitere 6 Prozent wollten an den bisherigen Regelungen festhalten.

«Eine Konfrontation aus Prinzip hilft niemandem», sagte Schmoldt. In der Chemiebranche zeige sich, dass der Flächentarifvertrag kein starres Gebilde sei. Rund 13 Prozent der Betriebe wendeten von den Tarifparteien vereinbarte Öffnungsklauseln etwa für Korridore bei Arbeitszeiten und Entlohnung an. Arbeitgeber und Gewerkschaft wandten sich zudem gegen eine pauschalen Verlängerung der Arbeitszeiten. Auch hier seien flexible Lösungen nötig.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) rief die Gewerkschaften auf, längere Wochen- und Lebensarbeitszeiten zu akzeptieren. Wenn Kostensenkungen zum Erhalt von Arbeitsplätzen notwendig seien, sei die Sicherung des Einkommens wichtiger als die Frage, ob jemand 35, 40 oder 42 Wochenstunden arbeite, sagte Teufel in Böblingen. Bei einer Tagung der IG Metall betonte er, er sei für moderate Tarifabschlüsse und Nullrunden, wenn nichts zu verteilen sei. «Aber ich bin nicht für Lohnkürzungen.»

IG Metall-Chef Jürgen Peters betonte, einen Weg zurück zur flächendeckenden 40-Stunden-Woche werde es nicht geben. «Das wäre das größte Arbeitsplatzvernichtungsprogramm, dass es je gegeben hat», sagte Peters der Münchner «Abendzeitung».

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