Multiprotect - Ein Forschungsprojekt für Nanotechnologie im Korrosionsschutz

07.03.2005

Über 100 Milliarden Euro gehen in Europa jährlich verloren, weil Bauteile aus Metall durch Korrosion geschädigt werden. Die heutige hochgezüchtete Technik ist nach wie vor auf umweltschädliche Schwermetalle angewiesen, um Korrosion zu bekämpfen. Die zentralen Branchen konstruieren traditionell mit Stahl, Aluminium, Kupfer, Messing, Magnesium - Metalle mit hochgezüchteten Eigenschaften, die jedoch, wenn nicht geschützt, durch Umwelteinflüsse schnell zersetzt werden können.

Nanotechnologie gilt heute als die wichtigste Schlüsseltechnologie der Zukunft. Neue Nanowerkstoffe bieten bisher unerreichte Eigenschaften. Prof. Helmut Schmidt konzentrierte die Arbeiten des Leibniz-Instituts für Neue Materialien (INM) in Saarbrücken bereits 1990 voll auf chemische Wege in die neue Nanowelt. Dabei zeigte sich, dass Nanotechnologie auch im Korrosionsschutz völlig neue Möglichkeiten eröffnet.

Aufgrund langjähriger Vorarbeiten initiierte Schmidt das umfassende europäische Forschungsprojekt "Multiprotect - Nanotechnologies and Nanosciences, knowledge-based multifunctional Materials, and new Production Processes and Devices". Das von der EU-Kommission mit 13,4 Millionen Euro dotierte vierjährige Vorhaben deckt unter der Federführung des INM alle wichtigen Stufen des Technologieaufbaus ab - von der Grundlagenforschung über die Technologieentwicklung bis hin zu Qualitätssicherung und Produktion. Dazu hat Schmidt 31 Industrieunternehmen und Forschungsinstitute aus 13 Ländern mit ins Boot geholt, darunter den EADS-Konzern, die Fraunhofer-Gesellschaft, die Universität von Manchester, die niederländische Forschungsorganisation TNO und die österreichische Forschungsgesellschaft ARC Seibersdorf.

Das entscheidende Kriterium einer wirksamen Veredelung gegen Korrosion ist, dass sie auch dann noch zuverlässig schützt, wenn die Beschichtung feine Verletzungen erleidet und das blanke Metall zu Tage tritt. Die Oberfläche muss eine passivierende Wirkung haben. Dass dies durch Nanotechnologie auf völlig neue Art erreichbar wird, beruht auf einer Entdeckung, die Schmidt und seine Mitarbeiter bereits Anfang der 90er-Jahre machten: Stellt man Metalle, Glas oder Keramik als Millionstel Millimeter kleine Nanopartikel her, dann verhalten sich diese an ihrer Oberfläche wie freie Ionen in Lösung. Damit steht an der Oberfläche von Nanokörpern ein gigantisches Instrumentarium der Chemie zur Verfügung. Nanomaterie mit all ihren exklusiven Phänomenen lässt sich demnach in die gesamte in den letzten zwei Jahrhunderten aufgebaute Ionenchemie integrieren. Auf den Korrosionsschutz übertragen bedeutet dies, dass Milliarden von Nanopartikeln mit jeweils etwa 10.000 Atomen in einer Metallbeschichtung als leistungsfähige Reservoirs für Ionen genutzt werden können, die bei Verletzungen der Oberfläche die Schwachstelle programmiert auffüllen.

Der Titel Multiprotect charakterisiert die gesamte Raffinesse künftiger Metallveredelungen: Chemische Nanotechnologie ermöglicht es, hauchdünne Korrosionsschutzschichten mit zusätzlichen Funktionen auszustatten. Die Oberflächen sind erstmals transparent, können also die natürliche Metalloptik wirken lassen, sie können hohe Gleitfähigkeit besitzen, schmutzabweisend, selbstreinigend oder ähnlich kratzfest wie Glas sein.

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