Wissenschaftler um Prof. Reinhard Jahn am Max-Planck-Institut für
Biophysikalische Chemie haben jetzt einen
entscheidenden weiteren Prozess bei der Erregung von
Nervenzellen aufgeklärt. Um Signale zwischen
Zellen
zu übermitteln, setzt die vorgeschaltete Zelle einen
Transmitter frei - häufig
Glutamat -, der dort in kleinen
Bläschen (
Vesikeln) gespeichert ist. Aber wie kommt das
Glutamat in die Vesikel hinein? In einer gerade
erschienenen Veröffentlichung in Nature weisen die Wissenschaftler nach, dass die Glutamat-Speicherung
durch ein bestimmtes Protein, das BNPI, bewirkt wird. Diese Beobachtung fördert nicht nur das Verständnis
neuronaler Übertragungsprozesse, sondern macht auch Hoffnungen auf Behandlungsmöglichkeiten bestimmter
Krankheiten, bei denen die Glutamat-abhängige Signalübertragung gestört ist.
Glutamat ist eine Aminosäure, die überall im Körper vorkommt. Im
Gehirn hat es eine besondere Aufgabe, es dient als
Neurotransmitter bei der Signalübertragung zwischen
Nervenzellen. Dazu wird Glutamat in vielen Nervenendigungen in
kleinen Bläschen, den sogenannten synaptischen Vesikeln, gespeichert. Nervenzellen sind durch einen kleinen
"synaptischen Spalt" von einander getrennt, den Signale bei der Weiterleitung überwinden müssen. Wird die vorgeschaltete
Nervenzelle aktiviert, gibt sie den Inhalt der Vesikel in den synaptischen Spalt frei, Glutamat erreicht die nachgeschaltete
Zelle und löst dort eine neue Aktivierung aus. So können Signale in komplexen Neuronennetzen übertragen werden, ohne
dass sich die Nervenzellen berühren müssen, und so werden im Gehirn hoch-komplizierte Verschaltungswege in dichten
Ansammlungen von Nervenzellen realisiert.
Einige
Prozesse dieses Erregungsablaufs sind inzwischen schon recht gut verstanden. Neben Glutamat ausschüttenden
Neuronen gibt es z.B. auch solche, die
GABA freisetzen, einen Neurotransmitter, der die Erregung nachgeschalteter
Zellen
unterdrückt und damit die Signalübertragung von anderen Zellen behindert. Weitgehend unklar war aber bisher noch immer,
wie ein Neuron überhaupt in die Lage versetzt wird, den Transmitter Glutamat freizusetzen. Dazu haben die
Wissenschaftler Shigeo Takamori, Jeong Seop Rhee, Christian Rosenmund und Reinhard Jahn aus den Abteilungen
Neurobiologie und Membranphysik am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie jetzt neue Erkenntnisse gewonnen.
Nachdem das Glutamat in den synaptischen Spalt gelangt ist und über eine Reihe von Prozessen die nachgeschaltete
Nervenzelle erregt hat, muss es von dort wieder entfernt werden, um die Möglichkeit für einen neuen
Signal-Übertragungsprozess zu schaffen. Das besorgen andere Zellen, Astrogliazellen, die das umherschwimmende
Glutamat wie ein
Staubsauger aus dem Spalt entfernen. Diese Zellen geben es in etwas anderer Form, als
Glutamin,
wieder ab, in der es von den Nervenzellen aufgenommen und wieder in Glutamat zurückverwandelt wird. Die Arbeitsgruppe
am MPI in Göttingen hat jetzt zeigen können, dass die Aufnahme und Speicherung von Glutamat in den Vesikeln durch ein
bestimmtes Protein, BNPI, bewerkstelligt wird, das Glutamat aus dem umgebenden Intrazellulärraum in die Vesikel pumpt.
Führt man dieses Protein in hormonsezernierende Zellen ein, schütten diese neben ihrem eigentlichen Hormon auch
Glutamat aus. Die Wissenschaftler konnten sogar Nervenzellen, die normalerweise nur GABA ausschütten, durch Einbau
des BNPI dazu bewegen, neben GABA auch Glutamat auszuschütten - also zwei Transmitter gleichzeitig freizusetzen,
was in