Nano statt Karat: Diamanten im Dienste der Wissenschaft
Große, perfekte Diamanten sind bei Wissenschaftlern nicht gefragt. Bunt und winzig können sie sein und noch dazu defekt. Denn an Defektstellen können sich nanoskopisch kleine "Farbzentren" ausbilden, die bei der Entwicklung modernster Quanten-Computer oder der Quantenkryptographie eine Schlüsselrolle spielen. Forschern vom Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie ist nun erstmals gelungen, diese Farbzentren im Kristall hochaufgelöst aufzuspüren - und zwar ausgerechnet mit einem Lichtmikroskop. Mithilfe der STED (Stimulated Emission Depletion)-Mikroskopie konnten die Wissenschaftler selbst dicht gepackte einzelne Farbzentren identifizieren.

Fokus ultrascharf: Bei der Abbildung von Gitterdefekten in Diamantkristallen erreicht man mit der überauflösenden STED-Mikroskopie einen 28-mal schärferen fokalen Lichtfleck als mit herkömmlichen Fluoreszenzmikroskopie-Verfahren.
Rittweger & Hell / MPIbpc
Der Diamant brilliert nicht nur als Schmuckstein: Techniker schätzen ihn längt als extrem harten Werkstoff, und zunehmend interessieren sich auch Wissenschaftler für den kostbaren Kristall. Auch wenn als Edelstein vor allem die farblose Variante glitzert - in der Wissenschaft sind es die weitaus billigeren, fluoreszierenden Diamanten, die Furore zu machen. Ihre Farbe beruht auf Fremdatomen im Diamantgitter, beispielsweise Stickstoff. Geraten Stickstoff-Atome in die Nähe von Leerstellen im Kristallgitter, so bilden sich atomar kleine, leuchtende Defektstellen aus, denn in diesen Defektstellen können Elektronen - ganz ähnlich wie in Farbstoffmolekülen - mit Laserlicht angeregt werden. Fallen sie in ihren Grundzustand zurück, so wird die Anregungsenergie als Fluoreszenzlicht abgestrahlt. Dies und ihre Eigenschaft, atomar kleine Magnete auszubilden, machen Farbzentren in Diamanten für Forscher unterschiedlicher Disziplinen interessant.
So sollen Farbzentren in Diamanten in Zukunft als kleine Prozessoren in Quantencomputern zum Einsatz kommen, um bestimmte Rechenoperationen zu beschleunigen. Auch ihre Eignung bei der Verschlüsselung hochsensibler Daten wird derzeit erforscht. Doch haben die Farbzentren im Kristall in der Handhabung einen entscheidenden Nachteil: Einzelne von ihnen kann man nur mit einem Fluoreszenzmikroskop erkennen. Und das nur dann, wenn sie weiter entfernt sind als 200 Nanometer, denn das entspricht der Auflösungsgrenze des Lichtmikroskops.
Auflösung auf die Spitze getrieben
Der Arbeitsgruppe um Stefan Hell am Göttinger Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie ist es nun mittels STED (Stimulated Emission Depletion)-Mikroskopie gelungen, die ersten Bilder dicht gepackter einzelner Farbzentren eines Kristalls aufzunehmen. Dazu trieben die Forscher die Auflösung der STED-Mikroskopie buchstäblich auf die Spitze: auf 5.8 Nanometer. Farbzentren in Diamant, die nur Bruchteile des bisherigen Grenzabstands voneinander entfernt waren, konnten einzeln abgebildet und ihre Position bis auf 0,15 Nanometer bestimmt werden. Die Wissenschaftler haben damit ein Verfahren an der Hand, dicht gepackte Farbzentren einzeln zu adressieren, und zwar mit fokussiertem Licht - obwohl Licht und herkömmliche Optik bis vor kurzem aufgrund der Beugung dafür vollkommen ungeeignet schien. Für die weitere Erforschung und Anwendung dieser Farbzentren bedeutet dies ein entscheidender Fortschritt. Auch Kristallographen sollen von der Methode profitieren. Denn die atomare Anordnung in Kristallen lässt sich so gezielt lokal erforschen.
Neue Klasse von Fluoreszenzmarkern
Dass die Stickstoffatome nachleuchten, wenn man sie mit Laserblitzen beschießt, macht sie auch für die Fluoreszenz-Nanoskopie selbst interessant. Mit den fluoreszierenden Diamanten wollen die Forscher dem Nanokosmos lebender Zellen weitere Geheimnisse entlocken. Dazu muss man die Kristalle jedoch nanoskopisch klein kriegen - nur als winzige Nanopartikel lassen sie sich für die Markierung von Zellen verwenden. "Organische Fluoreszenz-Farbstoffe, die wir bisher routinemäßig bei STED einsetzen, haben den Nachteil, dass sie flackern und am Ende ausbleichen", sagt Eva Rittweger, Doktorandin in der Arbeitsgruppe. "Dagegen bleiben Farbzentren im Diamant auch im STED-Mikroskop äußerst photostabil."
Forschergruppen in Würzburg, Stuttgart sowie in Asien und Amerika arbeiten daran, Nano-Diamanten auch in der biologischen und medizinischen Grundlagenforschung einzusetzen. "Wenn es gelänge, die Eigenschaften im Kristall auf winzige Diamant-Nanokristalle zu übertragen, hätte man automatisch eine Fluoreszenz-Nanoskopie ohne Bleichen - und damit einen weiteren sehr leistungsfähigen Zugang zur Nanoskala der Zelle", sagt Stefan Hell.
Originalveröffentlichung: Eva Rittweger et al.; "STED microscopy reveals crystal colour centres wit nanometric resolution"; Nature Photonics, Online-Publikation, 22. Februar 2009
Meistgelesene News
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft
Diese Produkte könnten Sie interessieren

Rotating Ring Disk Elektrode Rotator von C3 Prozess- und Analysentechnik
Präzise Rotation und einfacher Elektrodenwechsel - Entdecken Sie das innovative Rotator-System!

Elektrochemische Messzellen und Elektroden von C3 Prozess- und Analysentechnik
Ersetzen Sie viele Messzellen mit unserer vielseitigen Voltammetriezelle für präzise Messergebnisse

Interface 1010 von C3 Prozess- und Analysentechnik
Optimieren Sie Ihre elektrochemische Messungen für präzise Ergebnisse und vielfältige Anwendungsmöglichkeiten

Reference 620 von C3 Prozess- und Analysentechnik
Potentiostat / Galvanostat / ZRA mit maximaler Empfindlichkeit und minimalem Rauschen für wegweisende Forschung

Holen Sie sich die Chemie-Branche in Ihren Posteingang
Mit dem Absenden des Formulars willigen Sie ein, dass Ihnen die LUMITOS AG den oder die oben ausgewählten Newsletter per E-Mail zusendet. Ihre Daten werden nicht an Dritte weitergegeben. Die Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch die LUMITOS AG erfolgt auf Basis unserer Datenschutzerklärung. LUMITOS darf Sie zum Zwecke der Werbung oder der Markt- und Meinungsforschung per E-Mail kontaktieren. Ihre Einwilligung können Sie jederzeit ohne Angabe von Gründen gegenüber der LUMITOS AG, Ernst-Augustin-Str. 2, 12489 Berlin oder per E-Mail unter widerruf@lumitos.com mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Zudem ist in jeder E-Mail ein Link zur Abbestellung des entsprechenden Newsletters enthalten.
Meistgelesene News
Weitere News von unseren anderen Portalen
Zuletzt betrachtete Inhalte

ProMinent GmbH - Heidelberg, Deutschland

insyde Innovative Systeme für Dekontaminierung & Recycling GmbH - Rostock, Deutschland

Van der Heijden-Labortechnik GmbH - Dörentrup, Deutschland

ROWE MINERALÖLWERK GMBH - Worms, Deutschland

William Boulton Vibro Energy Ltd. - Stoke on Trent, Großbritannien

anag technologies sa - Matran, Schweiz
Kategorie:Wolframmineral

Kunshan Miyou Industry Co., Ltd. - Kunshan City, Jiangsu Province, China
