Mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von zwölf Litern pro Jahr führt der Apfelsaft in der Gunst der Deutschen vor allen anderen Fruchtsäften. Wie gesund besonders Säfte aus traditionellen
einheimischen Sorten sind, erforschten Wissenschaftler aus Jena und Geisenheim im Auftrag der
Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF). Im Rahmen der
industriellen Gemeinschaftsforschung fanden sie heraus, dass gerade alte Apfelkultursorten wie Brettacher Sämling, Kaiser-Wilhelm-Apfel und Rheinischer Bohnapfel, aber auch
einheimische Beerensorten wie die schwarze Johannisbeere einen Most liefern, der besonders reich an krankheitsvorbeugenden Wirkstoffen ist.
Dabei handelt es sich um Inhaltsstoffe mit hohem antioxidativen Potenzial und guten Radikalfänger-Eigenschaften:
Ascorbinsäure - besser bekannt als Vitamin C -, Phenolcarbonsäuren,
Flavonoide und
Carotinoide. Sie unterstützen das körpereigene Schutzsystem bei der Regulierung der Sauerstoffversorgung in den
Zellen. In höheren Dosen, beispielsweise über den
regelmäßigen Verzehr von Obst und Ge-müse, können sie das Auftreten von
Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bestimmten Krebsformen beim Menschen deutlich reduzieren. Der
menschliche Organismus kann diese sogenannten Polyphenole aus Fruchtsäften sogar besser aufnehmen als aus pflanzlichen Geweben. Eine Testreihe erbrachte erstmalig den Beweis,
dass entsprechende Inhaltsstoffe der Säfte für den menschlichen Organismus verfügbar sind und über den Stoffwechsel ihre antioxidative Wirkung entfalten.
Damit die schützenden Inhaltsstoffe weitgehend erhalten bleiben, empfehlen die Forscher besonders schonende Verfahren zur Obstverarbeitung. Entscheidend ist eine rasche Inaktivierung
der Polyphenoloxidasen des Apfels. Diese pflanzeneigenen
Enzyme sorgen bei angeschnittenem Obst für die Braunfärbung, die nicht nur die Farbe, sondern auch den Geschmack des
Saftes beeinträchtigt. Durch zügige Verarbeitung der Rohware und eine Kurzzeiterhitzung werden sie inaktiviert. Der Zusatz von 0,2 Gramm Ascorbinsäure pro Liter gegen
Oxidationsverluste hält den Polyphenolgehalt auf einem hohen Niveau. Gleichzeitig stabilisiert die Säure die feine Trübung des Saftes. Bei Beachtung der Verfahrensoptimierungen kann
das antioxidative Potenzial der naturtrüben Apfelsäfte im Vergleich zu bisherigen Produkten um ein Vielfaches gesteigert werden.
Die Herstellung von schwarzem Johannisbeersaft erfordert ein etwas anderes Vorgehen. Die Beeren dürfen nur gequetscht und nicht wie Äpfel gemahlen werden, um die Anreichung um
Bitterstoffe aus den Kernen zu vermeiden. Ein weiterer, speziell bei schwarzen Johannisbeeren angewandter Produktionsschritt ist die Nachextraktion des Tresters mit heißem
Wasser für
eine kräftigere Farbe.
Von den neuen Erkenntnissen über die Auswahl der Rohware, verbesserte Herstellungsverfahren und die antioxidativen Wirkungen von Fruchtinhaltsstoffen profitieren in erster Linie die
einheimischen Obstverarbeiter und Getränkehersteller. Die im Forschungskreis der Ernährungsindustrie organisierten kleinen und mittelständischen Betriebe können den
gesundheitsfördernden Zusatznutzen ihrer hochwertigen Produkte im Sinne von Functional
food jetzt auch belegen. Gleichzeitig ist die Fruchtsaftindustrie gefordert, für einen verstärkten
Anbau der traditionellen Apfelsorten zu sorgen. Damit wird es für den Verbraucher zunehmend leichter, auf eine nicht alkoholische Alternative zum antioxidansreichen Rotwein
zurückzugreifen.