"Who Offers What?" Chemische Industrie im Internet
Eine Analyse der Internet-Auftritte führender internationaler Chemie-Unternehmen deckt systematische Schwächen auf.
Seit Jahren entwickelt sich die chemische Industrie nicht nur in Deutschland, sondern weltweit überdurchschnittlich gut. Ein wesentlicher Faktor hierfür ist die konsequente Internationalisierung der Unternehmen, bei der das Internet eine zunehmend wichtige Rolle einnimmt. Allerdings wusste man bislang nur sehr wenig darüber, wie sich Chemie-Unternehmen im globalen Netz präsentieren. Die Stuttgarter Unternehmensberatung dr. sonje webconsult hat im Rahmen einer durchgeführten Studie ("Who Offers What?") das Informations- und Kommunikationsangebot von zehn führenden internationalen Unternehmen der chemischen Industrie untersucht. Die Ergebnisse weisen klare Unterschiede zwischen den untersuchten Unternehmen aus.
Komplexe Anforderungen und heterogene Angebote
Die Unternehmenskommunikation internationaler Chemieunternehmen wendet sich an sehr unterschiedliche Zielgruppen. Neben Investoren, Journalisten, Jobbewerbern und einer interessierten Öffentlichkeit müssen auch die Informations- und Kommunikationserwartungen von Handelspartnern aus z.T. sehr unterschiedlichen Branchen berücksichtigt werden. Dementsprechend zeichnet sich die globale Internet-Präsenz aller untersuchten Unternehmen durch einen sehr hohen Grad an Komplexität aus. Zumeist resultiert daraus auch ein sehr hoher Grad an inhaltlicher Heterogenität der untersuchten Angebote. Derart komplexe Anforderungen unter einen Hut zu bringen, erfordert eine umfassende globale Kommunikationsstrategie.
Oft uneindeutige Kommunikationsstrategien
Im Rahmen der Studie wurden die Bereiche Homepage, Company Information, Media Relations, Customer Relations, Investor Relations und Career untersucht. Die Ergebnisse belegen, dass die untersuchten Unternehmen die Herausforderungen in unterschiedlicher Weise meistern. Dr. Deziderio Sonje, der Leiter der Untersuchung, erkennt klare Unterschiede zwischen den Unternehmen. "Ein Teil der Unternehmen setzt konsequent auf Spitzenleistungen und bietet allen Zielgruppen ein überdurchschnittlich gutes Informations- und Kommunikationsangebot an. Ein weiterer Teil setzt gezielt inhaltliche Schwerpunkte in einzelnen Bereichen und die dritte Gruppe schneidet in allen Bereichen unterdurchschnittlich ab."
Für Dr. Sonje lassen die Ergebnisse durchaus Rückschlüsse zu, ob eine umfassende Strategie vorhanden ist und wenn ja, inwieweit das Kommunikations-Controlling die Umsetzung der Strategie gewährleistet. Zur ersten Gruppe der Unternehmen zählen insbesondere die deutsche BASF und die niederländische DSM. Beide bieten jeder Zielgruppe ein differenziertes, sehr umfassendes und aktuelles Internet-Angebot an.
Zur Gruppe der Unternehmen, die in einzelnen Bereichen klare strategische Prioritäten setzen, gehören beispielsweise Clariant (Schweiz) und DOW (USA). Diese bieten in einzelnen Bereichen ein gutes bis überdurchschnittlich gutes Informationsangebot.
Zur dritten Gruppe gehören Unternehmen, bei denen man vermuten kann, dass sie die strategische Bedeutung des Internets nicht erkennen oder bewusst ausblenden. Diese Unternehmen setzen in keinem einzigen Bereich klare inhaltliche Prioritäten. Zumeist schneiden diese Angebote in jedem Bereich unterdurchschnittlich ab. Hierzu zählen die französische Rhodia und die US-amerikanische Chemtura.
Europäische Internet-Angebote liegen vorn
Nach Ansicht von Dr. Deziderio Sonje zeigt die Studie vor allem zwei Dinge: Die Internationalisierung hat dazu beigetragen, dass der früher bestehende Qualitätsvorsprung US-amerikanischer Internet-Angebote inzwischen nicht mehr existiert. In der durchgeführten Untersuchung setzen die Angebote europäischer Unternehmen die Maßstäbe.
Kommunikations-Controlling steckt noch in den Kinderschuhen
Die zweite zentrale Erkenntnis der Studie ist, dass das internationale Kommunikationscontrolling der Unternehmen noch in den Kinderschuhen steckt. "Uns hat nicht die Komplexität der untersuchten Angebote überrascht, jedoch deren Heterogenität", erklärt Dr. Sonje. So würden oft gleiche oder sehr ähnliche Kommunikationsinhalte immer wieder von Neuem kommuniziert. Die Vernetzung und Koordination des Angebots einzelner Unternehmensbereiche ist sehr gering. Dies ist ein Indikator dafür, dass jede Organisationseinheit ihre Kommunikationsinhalte mehr oder weniger eigenständig ins globale Netz stellt, ohne dass ein systematischer Abgleich der Informations-, Kommunikations- und Serviceinhalte stattfindet. Nur so lässt sich die Existenz von Parallelangeboten und Brüchen in der Umsetzung des Corporate Designs und der Navigationsstruktur erklären. Dr. Sonje vermisst hier "ein internationales Kommunikationscontrolling, das nicht die notwendige kulturelle Vielfalt und branchenspezifischen Anforderungen nivelliert, sondern die Unübersichtlichkeit und die Schwächen bei der Informationsqualität und der Handhabung der Angebote systematisch in Grenzen hält."