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Erdmagnetfeld



Das Erdmagnetfeld ist das Magnetfeld, das die Erde umgibt. Es wird von dem so genannten Geodynamo erzeugt.

 

Nahe der Erdoberfläche ähnelt das Feld dem eines magnetischen Dipols; siehe Abbildung unten. Die magnetischen Feldlinien treten im Wesentlichen auf der Südhalbkugel aus der Erde aus und durch die Nordhalbkugel wieder in die Erde ein. Im Erdmantel verändert sich die Form des Magnetfeldes (Quadrupolfeld, Multipolfeld). Oberhalb der Erdatmosphäre wird das Dipolfeld durch den Sonnenwind verformt.

Inhaltsverzeichnis

Forschungsgeschichte

  Die Chinesen und Mongolen erkannten die Nordweisung magnetisierter Körper schon vor mehr als tausend Jahren.

Im Jahre 1600 veröffentlichte der englische Arzt und Naturphilosoph William Gilbert sein Werk De Magnete, in dem er erstmals erkannte, dass die Erde die Ursache für die Ausrichtung der Kompassnadel ist. Messungen durch Henry Gellibrand in London ergaben zudem, dass das Magnetfeld nicht statisch ist, sondern sich langsam ändert.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erfuhr die Erforschung des Erdmagnetfeldes starke Impulse, so wurde z. B. in Göttingen der Magnetische Verein gegründet. Carl Friedrich Gauß gelang es, eine umfassende Theorie des Erdmagnetismus aufzustellen. Aufbauend auf dem Potentialfeld konnte er 1839 nachweisen, dass der Hauptteil des Erdmagnetfeldes tatsächlich aus dem Erdinneren stammt.

In diese Zeit fällt auch die systematische Beobachtungen kleinerer, kurzzeitiger Variationen des Erdmagnetfeldes im Bereich von einigen Minuten bis hin zu Tagen. Gauß konnte zeigen, dass die Quellen hierfür außerhalb der Erde zu suchen sind.

Seit den Vermessungen aus dem Jahre 1830 hat sich die Stärke des Erdmagnetfeldes um fast 10 Prozent verringert, in den letzten hundert Jahren allein um etwa 6 Prozent. Diese gewaltig schnelle Änderung ist noch nicht zu erklären, da selbst dann, wenn der Geodynamo sofort ausfallen würde, das Erdmagnetfeld sich viel langsamer in einem Zeitraum von 10.000 Jahren abbauen würde. Man vermutet daher, dass sich das Erdmagnetfeld momentan umpolt und daher zur Zeit ein Gegenfeld aufgebaut wird, welches das Erdmagnetfeld weit schneller als bisher angenommen vorübergehend zum Erliegen bringen wird, bevor die Umpolung einsetzen kann.

Die magnetischen Pole sind nicht ortsfest. Der arktische Magnetpol in Kanada wandert derzeit etwa 90 Meter pro Tag Richtung Asien, entsprechend 30 Kilometer pro Jahr.


Form und Stärke des Erdmagnetfeldes

  Der Hauptanteil des Erdmagnetfeldes verändert sich nur sehr langsam (Säkularvariation) im Zeitraum von tausenden von Jahren. Heute (und in historischen Zeiträumen) ist seine horizontale Komponente auf weiten Teilen der Erdoberfläche grob in geographische Nord-Süd-Richtung gerichtet. Abweichungen von dieser Ausrichtung bezeichnet man als Missweisung oder Geographische Deklination. In mittleren und hohen Breiten kommt zu der nordweisenden Horizontalkomponente eine (deutlich stärkere) Vertikalkomponente hinzu, die auf der Nordhalbkugel nach unten, auf der Südhalbkugel nach oben weist. Den Inklinationswinkel der Feldlinien kann man mit einer horizontal aufgehängten Kompassnadel messen. Er beträgt in Deutschland etwa 60° gegen die Horizontale. Am Nordpol und Südpol ist er etwa 90°, am Äquator 0°.

In guten Magnet-Kompassen ist die Nadel so austariert, dass sie vor allem auf die Horizontalkomponente anspricht und daher in den meisten Gebieten etwa nach Norden weist. Am Geomagnetischen Nordpol befindet sich aus physikalischer Sicht ein magnetischer Südpol. Daher wird dieser Pol besser als der nordanziehende Pol des Erdmagnetfeldes bezeichnet oder als der im Norden liegende Pol des Erdmagnetfeldes. Der Magnet-Kompass wird bis heute zur Navigation eingesetzt.

Die geomagnetischen Pole der Erde fallen nicht genau mit den geographischen Polen der Erde zusammen. Zur Zeit (Stand 2007) ist die Achse des geomagnetischen Dipolfeldes um etwa 11,5° gegenüber der Erdachse geneigt.

In erster Näherung entspricht das Dipolfeld dem eines gekippten Stabmagneten mit einem Dipolmoment von M=7,812*1024nT/m³ (Stand 1995), der um ca. 450km aus dem Erdmittelpunkt in Richtung 140° östlicher Länge verschoben ist (siehe auch Südatlantische Anomalie). Die jährliche Abnahme des Dipolanteiles liegt zur Zeit bei ca. 0,006*1024nT/m³.

Zur näherungsweisen Berechnung des Dipolfelds in Abhängigkeit vom Abstand R dient die Dipolformel:

(Dipolformel) B(R, λ) = M/R³ * (1 + 3 * sin²(λ))^(1/2) mit λ:magnetische Breite

Am Äquator hat das Magnetfeld eine Stärke von ca. 30µT = 30'000 nT[1]. An den Polen ist der Betrag doppelt so groß[2]. In Mitteleuropa sind es ca. 48 µT, wobei ca. 20 µT in der horizontalen und ca. 44 µT in der vertikalen Richtung auftreten.

Im Erdmantel nimmt die magnetische Flussdichte mit wachsender Tiefe stark zu. Dabei verändert sich jedoch auch die Feldform, da nicht dipolförmige Anteile überproportional anwachsen. Bessere Näherungen als das Dipolmodell liefert daher ein Multipolfeld, das aktuelle International Geomagnetic Reference Field (IGRF). Dazu wird das Erdfeld auf ein Potentialfeld zurückgeführt, das nach Kugelflächenfunktionen entwickelt wird. Die aktuellen Entwicklungskoeffizienten (Gauss-Koeffizienten gml und hml) sind im IGRF[3] zu finden.

Alle Modelle sollen vor allem die Form des gemessenen Feldes nahe der Erdoberfläche beschreiben. Tatsächlich wird das erdmagnetische Hauptfeld nicht durch Stabmagneten im Erdinneren erzeugt, sondern durch Ströme (s.u.).

Bei geeigneter Wahl des Koordinatenursprungs und seiner Ausrichtung lässt sich das Erdfeld an der Oberfläche zur Zeit zu 90% durch ein Dipolfeld beschreiben.

Das erdmagnetische Hauptfeld aus dem Erdkern trägt zu mehr als 95% zur Feldstärke bei. Die äußeren Anteile der Ionosphäre und Magnetosphäre (oberhalb 100 km Höhe) liefern einen Anteil von bis zu 2%. In der gleichen Größenordnung liegen die Magnetfelder oberflächennaher (bis max. 20 km Tiefe) Störkörper in der Erdkruste. Ihre Ursache ist das gehäufte Auftreten von selbst magnetisierten Mineralien (remanente Magnetisierung) oder Mineralien mit hoher magnetischer Suszeptibilität (induzierte Magnetisierung). Unterhalb von 20 km wird die Curietemperatur der Mineralien überschritten und es kann keine magnetischen Stoffe mehr geben. An der Erdoberfläche erzeugen diese Störkörper lokale geomagnetische Anomalien von einigen 100 bis 1000 nT Stärke.

  Das Magnetfeld der Erde lenkt die geladenen Teilchen des Sonnenwindes ab und wird dadurch in großen Höhen stark verformt. Satellitenmessungen zeigen, dass sich auf der sonnenabgewandten Seite ein Plasmaschweif ausbidet. Durch magnetische Stürme, die durch Sonneneruptionen und den Sonnenwind verursacht werden, wird die Stärke des Feldes kurzzeitig in der Größenordnung von einigen 100 bis 1000 nT verändert. Zusätzlich führt die Sonneneinstrahlung auf der Tagseite zu einer stärkeren Ionisation in den oberen Atmosphärenschichten. Die hiermit verbundenen elektrischen Stromsysteme beeinflussen das Erdmagnetfeld ebenfalls in der Größenordnung von einigen 10 nT (sq-Effekt).

Geostationäre Satelliten in einer Flughöhe von 36'000km sehen ein Erdmagnetfeld in der Größenordnung von 100nT[4]. Die Störungen durch die Sonne liegen im selben Bereich und dominieren bei starken magnetischen Stürmen.

Physikalischer Zusammenhang

Physikalisch werden immer magnetische Flussdichten, welche in Tesla gemessen werden, angegeben. Der Zusammenhang mit der magnetischen Feldstärke, welche in Ampere pro Meter gemessen wird, ergibt sich über die magnetische Leitfähigkeit. Die magnetische Feldstärke ist im leeren Raum (Vakuum) und einigen speziellen Materialien direkt proportional der magnetischen Flussdichte, der Zusammenhang kann aber in Materie wie im Erdinneren mit magnetisch nichtlinearen und nichtisotropen Verhalten auch komplexere Verknüpfungen aufweisen. Historisch und umgangssprachlich hat sich für die magnetische Flussdichte meist der etwas unpräzise Begriff des Magnetfeldes etabliert.

Die induzierte Magnetisierung oberflächennaher magnetischer Störkörper wird durch die magnetische Suszeptibilität (magnetische Leitfähigkeit) beschrieben. Remanente Magnetisierungen spielen nur kleinräumig eine Rolle und werden durch das magnetische Moment und die Richtung der Magnetiserung beschrieben. Wichtige Rollen spielen auch Form und Lage der magnetisierten Körper.

Im Jahr 2005 ergaben Messungen, dass das Erdmagnetfeld im Wesentlichen nur vier ausgedehnten Regionen der Übergangszone zwischen Kern und Mantel entspringt. So konzentriert sich der magnetische Fluss auf Regionen in Nordamerika, Sibirien und die Küste der Antarktis. Diese Flecken entstehen und vergehen über Jahrtausende und sind Hinweise auf Veränderungen der Konvektionsströme im Erdinneren.

Entstehung und Aufrechterhaltung des Erdmagnetfeldes (Geodynamo)

Über die Entstehung des Erdmagnetfeldes gibt es verschiedene Theorien. Es handelt sich um ein bisher unvollständig formuliertes Problem aus der Magnetohydrodynamik. Sicher ist, dass im äußerlichen Erdmagnetfeld eine Energie (der Größenordnung 1018 Joule) gespeichert ist und vermutlich die Energie im inneren Feld (innerhalb des Erdkörpers) um zwei Größenordnungen höher liegt. Das Erdmagnetfeld speichert auch einen Drehimpuls.

Nach der gängigen Theorie geht das Magnetfeld der Erde vom Erdkern aus. Für die Entstehung von planetaren Magnetfeldern müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  • Es muss eine große Menge einer elektrisch leitenden Flüssigkeit oder eines solchen Gases vorhanden sein. Diese Bedingung erfüllt auf der Erde der flüssige äußere Erdkern, der stark eisenhaltig ist und den inneren festen Kern aus nahezu reinem Eisen umschließt. (Anmerkung: Eisen oder Nickel sind dort, weil weit über den Curie-Temperaturen - nicht (ferro-)magnetisierbar. Damit sind diese Materialien dort selbst nicht magnetisch, sondern können nur durch ihre Bewegung − als bewegte Ladungsträger − ein Magnetfeld bewirken. Dafür müssen sie aber zusätzlich ionisiert sein, was bei den hohen Temperaturen aber wieder eher gegeben ist.)
  • Es muss eine Energiequelle vorhanden sein, damit sich das flüssige leitende Material im Erdkern durch Konvektion bewegt. Man vermutet einheitlich, dass der Erdkern sehr heiß ist (Einige Schätzungen liegen bei 5.000 Grad Celsius, also in etwa so heiß wie die Sonnenoberfläche). Energiequellen sind die thermischer Energie aus der heißen Vergangenheit der Erde, Wärme aus dem radioaktiven Zerfall von Uran und Thorium und freiwerdende Schmelzwärme durch das langsam fortschreitnde Erstarren des äußeren Kerns. Wie in einer Lavalampe steigt heißes, flüssiges, weniger dichtes Eisen im Erdkern zum Mantel auf, wo es einen Teil seiner Wärme abgibt und wieder absinkt (Bénard-Zellen).
  • Der Planet muss rotieren. Wie die Luftmassen der Erdatmosphäre werden auch die Konvektionsströme im Erdinneren durch die Corioliskraft, also durch ihre eigene Trägheit abgelenkt und auf eine Schraubenbahn gezwungen. Durch diese Verwirbelungen der Konvektionsströme und damit auch der Feldlinien erhöht sich die magnetische Feldstärke.

    Als Ursache des Erdmagnetfeldes gelten Konvektionsströme im äußeren flüssigen Erdkern, die durch den Temperaturunterschied zwischen dem festen inneren Erdkern und dem Erdmantel aufrechterhalten werden. Dabei handelt es sich um flüssiges Eisen mit insgesamt dem sechsfachen Mondvolumen. Gemäß dem dynamoelektrischen Prinzip wird durch die Bewegung der elektrisch leitfähigen Schmelze in einem schwachen Ausgangsmagnetfeld ein elektrischer Strom induziert, der seinerseits ein Magnetfeld aufbaut. Es führt zu einer verstärkten Induktion und erzeugt das Magnetfeld der Erde. Man spricht daher auch vom Geodynamo. Eine Fließbewegung im 3000km mächtigen Erdkern von wenigen Metern pro Jahr genügen, um das beobachtete Dipolmoment aufzubauen. Die Polarität des Magnetfelds hängt von der Orientierung des elektrischen Feldes ab. Simulationsrechnungen zeigen, dass es periodisch zu chaotischen Störungen kommt, die zu einer Umpolung des Magnetfeldes führen.

Das Erdmagnetfeld wird also aus der kinetischen Energie des Erdkerns erzeugt. Die Konvektion der Schmelze kann auch als Rotationsbewegung angesehen werden, die das Bestreben hat, die ursprüngliche Richtung der Rotationsachse, ähnlich einem Foucaultschen Pendel, beizubehalten. Dieses ist eine alternative Beschreibung für die Ablenkung durch die Corioliskraft (siehe weiter oben). Daher liegen die magnetischen Pole etwa in der Nähe der geographischen Pole.

Möglicherweise zufolge tragen auch die von Mond und Sonne ausgehenden Gezeitenkräfte zur Entstehung des Erdmagnetfeldes bei. Durch sie wird die Erde in ihrer Rotation allmählich abgebremst (siehe Gezeiten: Rückwirkungen auf Erde und Mond). Die Gezeitenkräfte wirken dabei auf den Erdmantel stärker als auf den Erdkern, denn der größere Radius des Erdmantels führt zu einem größeren Unterschied der Anziehung durch den Mond, da die dem Mond zu- und abgewandten Bereiche des Erdmantels weiter voneinander entfernt sind als die entsprechenden Bereiche des Erdkerns. In der Konsequenz bedeutet die stärkere Abbremsung des Erdmantels, dass der innere Erdkern ein wenig schneller rotiert als der Erdmantel, was nicht zuletzt durch die Wirkung des äußeren flüssigen Erdkerns als reibungsarmes Medium ermöglicht wird. Durch die schnellere Rotation des festen Erdkerns gegenüber dem Erdmantel wird ein elektrischer Strom induziert, der das Erdmagnetfeld hervorruft.

Mittlerweile kann man diese als Superrotation bezeichnete schnellere Drehung des Erdkerns tatsächlich nachweisen. Erdbebenwellen zeitlich verschiedener Erdbeben vom selben Entstehungsort, die durch den Erdkern laufen, werden mit wachsendem Zeitabstand immer unterschiedlicher im Erdkern abgelenkt. Der unterschiedliche Ankunftspunkt auf der gegenüberliegenden Erdseite kann dabei gemessen werden. Die Ablenkungsunterschiede rühren sehr wahrscheinlich von Inhomogenitäten des inneren festen Kerns her, die durch eine leicht schnellere Drehung des Kerns ihren Ort ändern. Aus diesen Analysen ergibt sich, dass der innere Erdkern 0,3° bis 0,5° pro Jahr schneller als der Erdmantel und die Erdkruste rotiert. Damit macht er etwa alle 900 Jahre eine zusätzliche Drehung. Man geht jedoch aktuell davon aus, dass diese Superrotation durch den Geodynamo selbst und nicht durch die Gezeiten angetrieben wird, das heißt, dass die Superrotation eine Folge, aber nicht die Ursache des Geodynamos ist.

Die Driftgeschwindigkeit stimmt mit derjenigen überein, die auch bei der Verschiebung der Südatlantischen Anomalie beobachtet wird.

Paläomagnetismus und die Umpolung des Erdmagnetfeldes

  Eisenhaltiges Gestein, das oberhalb des Curiepunktes erhitzt wird und sich dann abkühlt, wird in Richtung des äußeren Magnetfeldes, normalerweise des Erdmagnetfeldes, magnetisiert. Dieses trifft für Vulkangestein zu, tritt aber auch bei Ziegeln oder Tongefäßen auf. Dadurch wird die damalige Magnetfeldrichtung gleichsam eingefroren und kann bis heute bestimmt werden. Das entsprechende wissenschaftliche Fach heißt Paläomagnetismus.

Aufgrund der Rekonstruktion des Paläomagnetfeldes anhand erstarrter Magma der ozeanischen Kruste, die sich im Rahmen der Plattentektonik am mittelozeanischen Rücken ständig nachbildet, weiß man, dass sich das Erdmagnetfeld im Mittel etwa alle 250.000 Jahre umkehrt. Zuletzt hat sich dieses allerdings vor etwa 780.000 Jahren ereignet, die nächste Umpolung ist also gleichsam "überfällig". Der Polsprung, also die magnetische Feldumkehr, dauert etwa 4.000 bis 10.000 Jahre (Computersimulationen gehen von etwa 9.000 Jahren aus). Offenbar verursachen Störungen im Geodynamo die Aufhebung der ursprünglichen Polarität. Umpolungen sind bis vor etwa 100 Millionen Jahren gut dokumentiert. Da das Magnetfeld derzeit abnimmt, könnte in nicht allzu ferner Zukunft eine Umpolung bevorstehen (Schätzung: Jahr 3000 – 4000), diese Vermutung ist wissenschaftlich jedoch noch nicht gesichert. Allgemein ist zu beobachten, dass die Häufigkeit der Polsprünge in den letzten 120 Millionen Jahren zugenommen hat.

Während der Phase der Umpolung wäre die Erde dem Sonnenwind etwas stärker ausgesetzt. Das korrespondiert mit der Beobachtung, dass in den entsprechenden Sedimentschichten gehäuft ein Artenwechsel von Kleinorganismen festgestellt werden konnte. Möglicherweise war daher die Oszillation des Erdmagnetfeldes und die damit einhergehenden DNA-Mutationen durch hochenergetische Strahlung ein Schrittmacher und zugleich bedeutender Antrieb der Evolution. Allerdings entstehen wohl durch die Wechselwirkung der Ionen des Sonnenwindes in der Ionosphäre magnetische „Schläuche“ (Filamente), die von der sonnenzugewandten Seite zur Schattenseite der Erde führen[5]. Diese Selbstmagnetisierung führt zu einer magnetischen Abschirmung von ähnlicher Wirkung wie das heutige Magnetfeld.

Es gibt einige Anzeichen für eine bevorstehende Polumkehr. So gibt es Stellen in der Kern-Mantel-Zone, wo die Richtung des Magnetflusses umgekehrt ist als für die jeweilige Hemisphäre üblich (siehe weiter oben). Die größte dieser Regionen erstreckt sich südlich unter der Südspitze Afrikas nach Westen bis unter die Südspitze Südamerikas (Südatlantikanomalie, siehe am Ende des Artikels). Weitere Flussrichtungswechsel zeichnen sich unter der Ostküste Nordamerikas und unter der Arktis ab. Diese Bereiche vergrößern sich messbar und bewegen sich immer weiter polwärts. Mit diesem Phänomen lässt sich die Schwächung und anschließende Umkehrung des Dipolfeldes erklären. Die Flussumkehr entsteht, wenn sich auf der Kern-Mantel-Grenze durch Turbulenzen die Konvektionsströme und damit auch die magnetischen Feldlinien, die im Kern normalerweise horizontal verlaufen, zu vertikalen Schlaufen verbiegen. Tritt eine solche Schlaufe in einem Punkt aus dem Kern aus und in einem anderen wieder in ihn ein, so erhält man zwei räumlich nah beieinander liegende Orte mit unterschiedlicher Richtung des magnetischen Flusses. Diese Anomalien können das Gesamtfeld schwächen, wenn die Region mit dem umgekehrten Fluss näher am geographischen Pol liegt als die Region mit normalem Fluss, weil das Dipolfeld besonders empfindlich auf Veränderungen im Polbereich reagiert. Bis zur vollständigen Polumkehr werden also diese Anomalien immer weiter wachsen.

Magnetfeld und Klima

Die aktuelle Thematik der Globalen Erwärmung wird von manchen CO2-Kritikern in Zusammenhang mit dem veränderten Erdmagnetfeld gebracht. Dieses würde bedeuten, dass nicht oder nicht nur das CO2 für den Klimawandel verantwortlich sei, sondern die elektromagnetische Umpolung unseres Planeten.

Beobachtung des Feldes

Derzeit wird das Magnetfeld in über 200 Laboratorien weltweit ständig gemessen und überwacht. Die Gesamtheit des Erdmagnetfeldes wird von Satelliten gemessen. Den Anfang markierte der NASA-Satellit Magsat im Jahre 1980, die momentan genauesten Daten liefert seit 2000 CHAMP, ein vom GeoForschungsZentrum Potsdam entwickelter Minisatellit. Seine Messungen des Erdmagnetfeldes erreichen in Stärke und Richtung eine überaus große Genauigkeit von 0,0002 Prozent, darüber hinaus kann man mit ihm Echtzeitbeobachtungen machen. Für 2010 ist der Start des Satelliten Swarm geplant.

Neben den globalen Messungen werden magnetische Messungen in großer Zahl für die Angewandte Geophysik und Erkundung von Rohstofflagerstätten vorgenommen. Nicht zuletzt sind Richtungsmessungen mit Magnetsonden und Kompassen für Zwecke der Navigation und Geodäsie zu erwähnen.

Labor- und Computermodelle

Schon seit den 1960er Jahren ist bekannt, wie man kleine Geodynamos im Labor erzeugen könnte. Schwierigkeiten bei der Umsetzung macht jedoch vor allem die extreme Verkleinerung der Wirklichkeit im Labor. Es mussten also eine entsprechende Reynolds-Zahl (sie gibt die maßstabsgerecht zulässigen Veränderungen an) und entsprechende Versuchsbedingungen gefunden werden. So gelang es erst im Jahre 2000 ein solches Magnetfeld mit flüssigem Natrium als Strömungsmedium im Labor zu erzeugen.

Seit 1995 werden auch numerische Computersimulationen eingesetzt, um herauszufinden, wie sich das Erdmagnetfeld in Zukunft verändern könnte, beziehungsweise was die Ursachen für historische Veränderungen waren. Die Rechenzeiten sind meistens sehr lange, so benötigte die Aufstellung eines 3D-Modells der Veränderung des Erdmagnetfeldes über einen Zeitraum von 300.000 Jahren eine Rechenzeit von über einem Jahr (bei einer Arbeitszeit von 12 Stunden pro Tag). Die so entstandenen Vorhersagemodelle entsprechen recht genau der tatsächlichen momentanen oder historischen Entwicklung des Magnetfeldes und stützen so die oben dargelegten Theorien, jedoch ist nicht gesichert, inwieweit sie die Verhältnisse im Erdinneren realistisch wiedergeben. So können die Simulationen noch keine dreidimensionalen Turbulenzen im Erdinneren wiedergeben, außerdem ist ihre räumliche Auflösung noch sehr gering. Man hofft, die Computer bis 2015 entsprechend verbessern zu können.

Die Südatlantikanomalie

Siehe Südatlantische Anomalie.

Orientierung von Lebewesen am Erdmagnetfeld

Einige Tiere, so zum Beispiel Blindmäuse, Haustauben, Zugvögel, Meeresschildkröten, Haie und wahrscheinlich auch Wale nutzen das Erdmagnetfeld zur Orientierung. Dieses geschieht durch eingelagerte ferromagnetische Substanzen in ihren Organen.

Einige in Gewässern vorkommende, mikroaerophile Bakterienarten werden durch das Erdmagnetfeld parallel zu den Feldlinien ausgerichtet. Im Inneren dieser magnetotaktischen Einzeller befinden sich Reihen von Magnetosomen, die die ferromagnetischen Minerale Magnetit oder Greigit enthalten. Die Magnetosomen wirken wie Kompassnadeln und drehen so die Bakterien parallel zu den Feldlinien des Erdmagnetfelds. Die Bakterien schwimmen in nördlichen Breiten zum magnetischen Südpol, in südlichen Breiten zum magnetischen Nordpol. Dadurch und wegen der Inklination des Magnetfelds schwimmen die Bakterien stets schräg nach unten, wo sie dicht über dem Sediment ein von ihnen bevorzugtes Milieu mit niedrigen O2-Konzentrationen vorfinden. (Siehe auch Magnetotaxis)

Literatur

  • Volker Haak, Stefan Maus, Monika Korte, Hermann Lühr: Das Erdmagnetfeld - Beobachtung und Überwachung. Physik in unserer Zeit 34(5), S. 218 - 224 (2003), ISSN 0031-9252
  • Rolf Emmermann und Volker Haak: Die Erde. Physik Journal 1 (2002) Nr. 10, Seiten 29-31
  • U. R. Christensen, A. Tilgner: Der Geodynamo. Physik Journal 1 (2002) Nr. 10, Seiten 41-47
  • U. R. Christensen, A. Tilgner: Power Requirement of the geodynamo …. Nature 429 (13 May 2004)
  • Gary A. Glatzmaier, Peter Olson: Geheimnisvoller Geodynamo. In: Spektrum der Wissenschaft 09/05, S. 54ff
  • Kertz, W., 1999: Geschichte der Geophysik. Zur Geschichte der Wissenschaften, Band 3, TU Braunschweig

Video

Aus der Fernsehsendung Alpha Centauri:

  • RealVideo: Zerfällt das Erdmagnetfeld?
  • RealVideo: Was passiert, wenn das Erdmagnetfeld verschwindet?

Quellen

  1. Näherung gemäß der Dipolformel
  2. Näherung gemäß der Dipolformel
  3. IGRF
  4. Näherung gemäß der Dipolformel
  5. RealVideo: Was passiert, wenn das Erdmagnetfeld verschwindet?
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