Meine Merkliste
my.chemie.de  
Login  

Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe



  Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (kurz PAK oder aus dem Englischen PAH = Polycyclic Aromatic Hydrocarbons) bilden eine Stoffgruppe von organischen Verbindungen, die aus mindestens zwei und mehreren miteinander verbundenen (annellierten) Benzolringen bestehen. Man spricht auch von kondensierten Ringsystemen.

Diese ringförmigen Kohlenwasserstoffe können zudem zusätzlich mit Substituenten (häufig Methylgruppen) versehen sein. Aber auch Derivate mit Heteroatomen (vorrangig Sauerstoff und Stickstoff) in Form von Aldehyd-, Keto-, Carboxyl- und Nitrogruppen aber auch Heteroaromaten zählt man zu den PAK. Dadurch ergibt sich ein großer Variantenreichtum innerhalb der Gruppe der PAK: Es sind mehrere hundert PAK bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Eigenschaften

  PAK sind überwiegend neutrale, unpolare Feststoffe und bilden farblose, leicht gelbliche oder grüne Kristalle. Viele zeigen Fluoreszenz. PAK sind nur sehr gering wasserlöslich. Mit zunehmender Anzahl Ringe bzw. mit zunehmender Molekülgröße sind PAK schwerer flüchtig und schwerer löslich in Wasser.

Fast alle PAK, die aus mehr als vier Benzolringen bestehen, sind nachweislich karzinogen (krebserregend), da sie bei der Metabolisierung im Körper epoxidiert (zu Epoxiden oxidiert) werden und diese Epoxide mit der DNA reagieren können (Interkalation).

Wegen der unterschiedlichen toxikologischen und physikalisch-chemischen Eigenschaften ist eine Einteilung in niedermolekulare PAK (2-3 Ringe) und höhermolekulare PAK (4-6 Ringe) sinnvoll.

Verbindungen

Naphthalin, ein weißer Feststoff, ist der einfachste PAK, der aus zwei annellierten Benzolmolekülen besteht. Auch Biphenyl gehört zu den PAKs, obwohl die Benzolringe nicht annelliert sind. Weitere wichtige PAKs sind Anthracen und Benzopyren. Darüber hinaus zählt man Acenaphthylen, Acenaphthen, Fluoren, Phenanthren, Fluoranthen, Pyren, Benzanthracen, Coronen, Ovalen, Tetracen, Pentacen und Chrysen zu dieser Stoffgruppe. In den letzten Jahren war es möglich sogenannte „Superacene“ zu synthetisieren und charakterisieren. Diese Verbindungen bestehen aus einer vielzahl annelierter Benzoleinheiten, sind sehr stabil, haben eine extrem hohen Schmelzpunkt und stellen quasi eine Vorstufe des Graphits dar.

Eine weitere Anwendung ist α-Naphthylamin beim Nachweis von Nitrit mit Hilfe von Lunges Reagenz. Eigenschaften verschiedener PAK sind der Liste zu entnehmen.

Name Summenformel Molmasse [g/mol] Smp. [°C] Sdp. [°C] Dichte [g/cm³]
Naphthalin C10H8 128,17 80 218 1,03
Anthracen C14H10 178,23 216 340 1,28
Phenanthren C14H10 178,23 101 340 0,98
Tetracen C18H12 228,29 357 440 1,35
Chrysen C18H12 228,29 256 441 1,27
Pyren C16H10 202,26 150 395 1,27
Pentacen C22H14 278,35 <300 subl.
Pentaphen C22H14 278,35 264
Hexacen C26H16 328,41 380 zers.
Heptaphen C30H18 372,42 473
Heptacen C30H18 372,42  ?
Coronen C24H12 300,36 438 525
Trinaphthylen C30H18 378,47 392

Vorkommen

PAK sind natürlicher Bestandteil von Kohle und Erdöl. Der bei der Verkokung von Steinkohle anfallende Teer enthält hohe Anteile an PAK. Daher ist seine Verwendung im Straßenbau und z.B. als Dachpappe in der BRD seit etwa 1970 verboten. Im Gegensatz dazu enthält das bei der schonenden Destillation von Erdöl entstehende Bitumen nur geringe Spuren an PAK. Mit Steinkohleteer behandelte Produkte, z. B. teergebundener Asphalt aus der Zeit vor 1970, Teerpappe oder Teerimprägnierungen (für Telegrafenmasten oder Eisenbahnschwellen), enthalten daher viel PAK. In Otto- und Dieselkraftstoff bzw. Heizöl findet man ebenfalls Spuren von PAK. Des Weiteren kommen sie in Tabakrauch, Gemüse sowie geräucherten, gegrillten und gebratenen Fleischprodukten vor. In Gebäuden sind sie oftmals in Teer und pechhaltigen Klebstoffe und Farben unter Holzparkett, als Beschichtung von Trinkwasserleitungen sowie bei alten Fußbodenbelägen mit teerhaltigem Asphalt zu finden. In den 1990er Jahren stellte sich beispielsweise heraus, dass die Parkettfußböden in den von den alliierten Truppen übergebenen Wohnungen im Rhein-Main-Gebiet mit einem Klebstoff auf Teerbasis verlegt waren, der stark PAK-haltig war. Sämtliche Wohnungen mussten mit großem finanziellen Aufwand saniert werden. Bei verkehrsreichen Straßen kann man PAK auch im Hausstaub finden.

Entstehung

PAK entstehen bei der Pyrolyse (unvollständige Verbrennung) von organischem Material (z. B. Kohle, Heizöl, Kraftstoff, Holz, Tabak) und sind deswegen weltweit nachzuweisen. Der überwiegende Anteil der PAK stammt heute aus anthropogenen Prozessen, sie können aber auch natürlichen Ursprungs sein (Waldbrände). Ein wichtiger Prozess in Hinblick auf die Altlastenproblematik ist die Gewinnung von Koks und Gas aus Steinkohle. Abfallprodukte von Kokereien und ehemaligen Gaswerken (Teer) sind nicht selten Ausgangspunkt schwerwiegender Grundwasserverunreinigungen. PAK werden außerdem durch Kondensations-Reaktionen aus Huminsäuren gebildet. In der Natur beobachtet man die Produktion von biologisch aktiven PAKs durch Mikroorganismen, Pilzen, Pflanzen und Tieren.

Verwendung

Nur wenige PAK-Einzelverbindungen werden gezielt hergestellt und finden als End- oder Zwischenprodukt Verwendung. Naphthalin dient in der chemischen Industrie als Zwischenprodukt hauptsächlich für Azofarbstoffe, Insektizide, Stabilisatoren, Pharmaka, Kosmetikzusätze und Weichmacher. Es wurde in geringem Umfang auch als Mottenbekämpfungsmittel verwendet. 1-Methylnaphthalin dient zur Herstellung des Phytohormons 1-Naphthylessigsäure. In der Textilindustrie wurde ein Isomerengemisch aus 1- und 2-Methylnaphthalin als Lösungsmittel verwendet. Anthracen ist ein Zwischenprodukt bei der Farben- und Plastikherstellung.

PAK als Umweltschadstoffe

Wegen ihrer Persistenz, ihrer Toxizität und ihrer ubiquitären Verbreitung haben PAK eine große Bedeutung als Schadstoffe in der Umwelt. Bereits in den 1980er Jahren hat die amerikanische Bundesumweltbehörde (USEPA) aus den mehrere hundert zählenden PAK-Einzelverbindungen 16 Substanzen in die Liste der „Priority Pollutants“ aufgenommen. Diese 16 „EPA-PAK“ werden seitdem hauptsächlich und stellvertretend für die ganze Stoffgruppe analysiert. Es sind: Naphthalin, Acenaphthylen, Acenaphthen, Fluoren, Phenanthren, Anthracen, Fluoranthen. Pyren, Benzo(a)antracen, Chrysen, Benzo(b)fluoranthen, Benzo(k)fluoranthen, Benzo(a)pyren, Dibenzo(a,h,)anthracen, Indeno(1,2,3-cd)pyren und Benzo(g,h,i)perylen.

PAK gelangen überwiegend bei der Verbrennung fossiler Energieträger mit den Abgasen in die Luft. Mit der Deposition werden sie auf und in den Boden eingetragen, wo PAK flächendeckend nachweisbar sind. Lokal von Bedeutung als PAK-Emittenten sind Altlasten, z. B. ehemalige Gaswerke und Kokereien, oder Altablagerungen mit PAK-haltigen Abfällen (z. B. Aschen, Altöl).

Höhermolekulare PAK mit vier und mehr Ringen liegen in der Luft und im Boden überwiegend partikelgebunden vor. Niedermolekulare PAK mit zwei und drei Ringen liegen in der Luft hauptsächlich gasförmig vor, im Untergrund gelöst im Sicker- oder Grundwasser.

Wirkung bei Menschen

Die Aufnahme der Stoffe erfolgt durch die Nahrung und Trinkwasser sowie durch die Haut durch die Atmung der belasteten Luft über die Lunge, wobei Autoabgase und Tabakrauch für die allgemeine Bevölkerung am bedeutendsten sind.

PAK entfetten die Haut, führen zu Hautentzündungen und können Hornhautschädigungen hervorrufen sowie die Atemwege, Augen und den Verdauungstrakt reizen.

Einige PAK sind beim Menschen eindeutig krebserzeugend (z.B. Lungen-, Kehlkopf-, Hautkrebs sowie Magen- und Darmkrebs bzw. Blasenkrebs). Die Möglichkeit der Fruchtschädigung oder Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfähigkeit besteht.

Zum Beispiel wird das Benzo(a)pyren bei Schornsteinfegern für den Hautkrebs verantwortlich gemacht.

Literatur

  • Karsten Strey: Die Welt der polycyclischen Aromaten Lehmanns Media 2007, Berlin, ISBN 978-3-86541-184-6
  • Maximilian Zander:„Polycyclische Aromaten - Kohlenwasserstoffe und Fullerene“ Teubner Verlag 1995, ISBN 3519035375
  • Michael Herrenbauer:Biosorption von Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) an Mikroorganismen und Liposomen. Shaker Verlag GmbH (2002), ISBN 3826599039
  • Tilman Gocht, Peter Gratwohl: Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe aus diffusen Quellen. Atmosphärische Deposition und Anreicherung in Böden des ländlichen Raums. Umweltwissenschaften und Schadstoffforschung - Zeitschrift für Umweltchemie und Ökotoxikologie 16(4), S. 245 - 254 (2004), ISSN 0934-3504
  • Ronald G. Harvey: „Polycyclic Aromatic Hydrocarbons“ Wiley VCH 1997, ISBN 0-471-18608-2
  • Ronald G. Harvey: „Polycyclic Aromatic Hydrocarbons - Chemistry and carcinogenicity“ Cambridge University Press 1991, ISBN 0-521-36458-2
  • C. Glende: „Synthese und Mutagenitätsuntersuchungen von Derivaten des Pyrens, 1-Nitropyren und 1-Aminopyrens“ Cuvillier Verlag Göttingen 2001, ISBN 3-89873-327-0
  • Andreas Luch: „The Carcinogenic Effects of Polycyclic Aromatic Hydrocarbons“ Imperial College Press 2005, ISBN 1-86094-417-5
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Polyzyklische_aromatische_Kohlenwasserstoffe aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
Ihr Bowser ist nicht aktuell. Microsoft Internet Explorer 6.0 unterstützt einige Funktionen auf ie.DE nicht.