Bayer-Chef Schneider tritt ab und wechselt in Aufsichtsrat Von Peter Lessmann, dpa

25.04.2002
Leverkusen (dpa) - Wenn Manfred Schneider auf seine fast zehnjährige Tätigkeit als Vorstandschef des Bayer-Konzerns zurückblickt, fällt ihm sofort das Jahr 1994 ein: Nach fast 75 Jahren erhielt das Unternehmen seine Markenrechte in Nordamerika zurück und durfte uneingeschränkt wieder mit dem Bayerkreuz werben. Und dann natürlich der Börsengang am größten Finanzplatz der Welt vor einem Jahr: «Wir waren endlich am Ziel», sagt Schneider. Jetzt ist der 63-jährige Topmanager der deutschen Chemie- und Pharmaindustrie an einem anderen Ziel angekommen: Auf der Hauptversammlung der Bayer AG an diesem Freitag wird Schneider ein letztes Mal den Aktionären Rede und Antwort stehen. Danach soll er von ihnen in den Aufsichtsrat gewählt werden und dort den Vorsitz übernehmen. Finanzvorstand Werner Wenning rückt dann an die Konzernspitze. Dass die geradlinige Karriere des eingefleischten Bayer-Manns und Fußballfans (Bayer Leverkusen) noch einen Kratzer bekam, war nicht nur Pech für Bayer, wie Schneider das Debakel um die Rücknahme des Medikaments Lipobay im vergangenen Jahr bezeichnet. Die Affäre, die den Konzern einen dreistelligen Millionenbetrag an Ertrag kostete und das Unternehmen in eine tiefe Vertrauenskrise stürzte, war auch ganz persönlich Pech für den Vorstandschef. Hätte Schneider seinen Vorstandsvertrag nicht um ein Jahr verlängert, wäre ihm das größte Fiasko der Firmengeschichte erspart geblieben. Denn nur ein kurzer Blick auf die Konzern-Bilanzen verrät: Schneider hat seit Beginn seiner Amtszeit 1993 keinen schlechten Job gemacht. Jahr für Jahr eilte das Unternehmen von einem Rekordergebnis zum anderen. Und zur Freude der Aktionäre legte der Vorstandschef bei der Dividende fast immer «einen Schnaps» darauf. Dass die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) ihn auf seiner letzten Hauptversammlung als Vorstandsvorsitzender wegen Informationsmängeln im Falle Lipobay nicht entlasten will, schmerzt Schneider. «Dafür habe ich überhaupt kein Verständnis», sagt er. Doch der scheidende Bayer-Vorstand ist hart im Nehmen: «Ich neige nicht dazu, den Kopf in den Sand zu stecken», sagt der promovierte Betriebswirt, der seine berufliche Karriere 1966 bei Bayer begann. Mit seinem designierten Nachfolger Werner Wenning arbeitete er in der Lipobay-Folge zügig am Umbau des Konzerns. «Die Weichen für die Zukunft sind gestellt», sagt er heute. «Wenning und seine Mannschaft werden Bayer auf Erfolgskurs bringen». So bekommt der integrierte Chemie- und Pharmariese ein völlig neues Gesicht. Von der alten Konglomeratstruktur nimmt das Unternehmen Abschied: Unter dem Dach der Bayer AG werden künftig die Sparten Gesundheit, Pflanzenschutz, Chemie und Kunststoffe als operativ eigenständige Konzerntöchter geführt und damit Kooperationen und Partnerschaften erleichtert. Die Kommunikation mit der großen Politik klappt bei Bayer derzeit ausgezeichnet: Mit Bundeskanzler Gerhard Schröder, den er auch schon mal zum Tennisspiel herausfordert, versteht sich Schneider besser als mit dessen Vorgänger. «Schröder ist nicht nur ein Auto-Mann, sondern auch ein Chemie-Mann». Mit seinem Rückzug aus dem Bayer-Vorstand wird Schneider keineswegs arbeitslos. Neben seiner Tätigkeit als Chefkontrolleur von Bayer habe er dann auch mehr Zeit für seine Aufsichtsrat-Posten bei DaimlerChrysler, Allianz, RWE und der Metro. Und für den Fall, dass er seinem Nachfolger Wenning ins Tagesgeschäft hineinregiert, haben die beiden eine Abmachung getroffen: «Erst zeigt er mir die gelbe Karte, und bei der roten wird eine guter Wein fällig». dpa ls yynwd ra

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