Röntgenholographie im Flug
Neue Methode der Röntgenholographie erzeugt Bilder von Partikeln in der Gasphase
Wissenschaftler in der Arbeitsgruppe von Prof. Thomas Möller am Institut für Optik und Atomare Physik der TU Berlin ist es gemeinsam mit einem internationalen Team gelungen, eine neue Art der Holographie, die sogenannte „In-Flight Holographie“ zu entwickeln. Mit dieser speziellen Art von Röntgenholographie konnten sie erstmalig hochauflösende Bilder von Nanoviren erzeugen, die vorher nicht an eine Oberfläche fixiert werden mussten – also „in Flight“ waren.
Holographie beruht im weitesten Sinne auf Interferenz – also Überlagerung – von Lichtstrahlen. Ein Hologramm entsteht, wenn Licht an einem Objekt gestreut und mit einem Referenzstrahl überlagert wird. Diese Überlagerung führt zu einzigartigen Interferenzmustern, aus denen man mit Hilfe spezieller Algorithmen die Information über die Struktur des Objektes errechnen kann. So lässt sich beispielsweise bei optischen Hologrammen die drei-dimensionale Struktur eines Objekts feststellen.

(Bild links) Die Röntgenstrahlung wird an zwei Kugeln gestreut und bildet ein charakteristisches Interferenzmuster welches als Hologramm bezeichnet wird. (Bild Mitte) Veränderungen der Größe oder des Abstands der Kugeln, spiegeln sich direkt in dem Hologramm wider und lassen sich daraus auch wieder zurückrechnen. (Bild rechts) Sind die beiden Kugeln nicht in der selben Ebene, so verändern sich die Interferenzstreifen zu gekrümmten Linien, aus denen die dreidimensionale Anordnung zurückgewonnen werden kann.
© Tais Gorkhover & Anatoli Ulmer
Bei der „In-Flight Holographie“ wird die kleinere Kugel als holographische Referenz genutzt und die größere durch die zu untersuchende Probe ersetzt. Aus dem Hologramm lässt sich nicht nur der Abstand, sondern auch die Struktur der Probe durch die charakteristische Interferenz zurückgewinnen.
Im Röntgenbereich ist die Holographie ein mächtiges Werkzeug und erlaubt ohne viel Rechenaufwand einzigartige Einblicke in die Struktur von winzigen Teilchen, wie Viren und andere Nanopartikel. „Ein Nachteil: Bis jetzt musste man die nur Nanometer großen Proben auf einer Oberfläche fixieren. Dies kann für biologische und empfindliche Proben, wie zum Beispiel Viren, ein Problem darstellen, da jede Art der Fixierung die Probe automatisch verändert. Das resultierende Bild gibt also nicht den Originalzustand wieder“, erläutert Anatoli Ulmer, Coautor der Studie und Doktorand am Lehrstuhl von Prof. Möller an der TU Berlin.
„Das Besondere an unserer Methode liegt zum einen daran, dass wir Nanopartikel untersuchen, ohne sie vorher verändern zu müssen. Zusätzlich ermöglicht das Verfahren auch eine eindeutige und einfache Rekonstruktion der Probe und ist weniger anfällig für Hintergrundrauschen und andere Störfaktoren im Vergleich zu nicht-holographischen Ansätzen“, so Anatoli Ulmer.
In dieser Studie konnten die Forscher zeigen, dass Röntgenholographie auch an nicht-fixierten Nanoteilchen in der Gasphase erfolgreich angewendet werden kann. Das Experiment wurde federführend von Dr. Tais Gorkhover, Prof. Dr. Christoph Bostedt und Anatoli Ulmer am Linac Coherent Light Source (LCLS) Röntgenlaser in Kalifornien durchgeführt.
Zu den Viren in der Probe wurde ein Referenzobjekt gegeben und damit die Bedingung für eine holographische Aufnahme geschaffen. Als Referenz dienten dabei sogenannte Nanocluster: kugelförmige Nanobällchen aus Xenon.
Sowohl die Nanoviren wie die Nanocluster wurden zusammen in den Fokus des Röntgenlasers injiziert. Die Probe wird mit einem Laserpuls in der Größenordnung von 100 Femtosekunden (1Femtosekunde = 10-15 Sekunden) bestrahlt. Die Röntgenstrahlung wird sowohl an den Nanoclustern als auch an den Viren gestreut. Die resultierenden Interferenzmuster des gestreuten Lichtes werden mit einer speziellen Kamera aufgezeichnet und enthalten Informationen über die Struktur des Virus.
„Ohne Holographie müssen die Streubilder in tausenden von Schritten und mit komplizierten Algorithmen analysiert werden. Die Struktur resultiert dann aus der Mittelung von hunderten möglichen Lösungen. Im Gegensatz dazu können unsere Hologramme in nur zwei Schritten eindeutig interpretiert werden”, ergänzt Dr. Tais Gorkhover, die Erst-Autorin der Studie, leitende Wissenschaftlerin des für das Experiment zusammengestellten Teams und ehemalige Mitarbeiterin der TU Berlin, die derzeit an der Stanford Universität in den USA forscht.
Auf lange Sicht könnte dieses holographische Verfahren neue Wege ermöglichen, um beispielsweise Nanoteilchen, die bei Luftverschmutzung, Verbrennungsmechanismen und Katalyse eine große Rolle spielen, besser studieren zu können.
Originalveröffentlichung
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