Konjunktur in der Kunststoffbranche: Drastischer Einbruch im Zuge der Corona-Krise

Stimmung ist besser als die Lage - Investitionen und Beschäftigung im Rückwärtsgang

10.08.2020 - Deutschland

Auch die Kunststoffbranche erlebte im ersten Halbjahr 2020 einen drastischen Einbruch der Geschäftsentwicklung. Als Reaktion auf die unerwartet schlechte Geschäftslage haben die Unternehmen ihre Investitionsplanungen zurückgefahren und den Personalbestand reduziert. Für die zweite Jahreshälfte erwartet die Branche eine Seitwärtsbewegung.

Kunststoff Information Verlagsgesellschaft mbH

Der Einbruch ist so stark wie in der Finanzkrise Ende 2008.

Zu diesen Ergebnissen kommt die aktuelle Umfrage zur Kunststoffkonjunktur des Branchendienstes „KI – Kunststoff Information“ vom Juli 2020. Seit 2001 befragt KI im halbjährlichen Rhythmus Führungskräfte der Kunststoffindustrie u.a. zu Geschäftsverlauf und -erwartung, Investitionen und Beschäftigung und liefert so das wohl aussagefähigste Stimmungsbild der Kunststoffbranche. Die vorliegenden Ergebnisse basieren auf den Angaben von 512 Teilnehmern.

71 Prozent der Unternehmen verzeichneten schlechtere Geschäfte als im Halbjahr zuvor, nur 15 Prozent meldeten eine positive Entwicklung. Noch im Januar hatten 26 Prozent bessere Geschäfte erwartet, lediglich 22 Prozent rechneten mit einem Rückgang. Dementsprechend sank der „KI Entwicklungsindex“, der in Anlehnung an den „Ifo Index“ die Geschäftsentwicklung der Kunststoffbranche misst, auf den Tiefstand aus der Finanzkrise 2008/2009. Der „KI Erwartungsindex“ hingegen notiert deutlich höher und bewegt sich auf dem Niveau der vergangenen zwei Jahre. So zeigt sich – sehr untypisch – die Stimmung besser als die Lage, was zuletzt im Sommer 2009 der Fall war. „Die Geschäfte sind abgestürzt wie in der Finanzkrise. Aber trotz des nicht absehbaren Endes der Corona-Bedrohung überwiegt der Optimismus. Die Unternehmen sehen sich betrieblich gut für eine zweite Virus-Welle gerüstet.“ erklärt Peter Reinhardt, KI-Chefredakteur.

Die schlechte Geschäftsentwicklung in der ersten Jahreshälfte war beim Export noch stärker ausgeprägt als im Inland. Entsprechend schlecht schnitt der Maschinenbau ab, der gemeinsam mit dem Kunststoffrecycling von den einzelnen Branchenzweigen die heftigsten Einbrüche zu verzeichnen hatte. Das Kunststoffrecycling hingegen litt im ersten Halbjahr unter den extrem niedrigen Neuwarepreisen. 50 Prozent der Unternehmen haben ihre kurz- und mittelfristige Investitionsplanung im ersten Halbjahr nach unten korrigiert, nur 6 Prozent haben sie erhöht. Die massivsten Einschnitte erfolgten in Kunststofferzeugung und Maschinenbau, wo jeweils mehr als 70 Prozent der Unternehmen ihre Investitionspläne kürzten. Erstmals seit Jahren ging die Beschäftigung zurück: 28 Prozent der Unternehmen verringerten die Beschäftigungszahl, nur 8 Prozent erhöhten sie.

Bemerkenswert ist, dass die Tiefe der Einschnitte bei Investitionen und Beschäftigung mit der Unternehmensgröße wächst, während die Geschäftsentwicklung im ersten Halbjahr und die Erwartungen für die zweite Jahreshälfte ganz unabhängig von der Unternehmensgröße zu sein scheint.

Im Laufe der Corona-Krise sahen sich die Unternehmen vor völlig neue Herausforderungen gestellt. Hygienevorschriften sowie die Lieferfähigkeit der Vorlieferanten, also die Aufrechterhaltung der Supply-Chain, rückten wesentlich in den Fokus. Der Absatz als Top-Thema gewann nochmals an Bedeutung. Die in den vergangenen Jahren dringlichen Themen Verkaufspreise, Lohn-, Energie- und Materialkosten sowie Personalsuche rückten demgegenüber deutlich in den Hintergrund.

48 Prozent der Unternehmen sind der Ansicht, dass die Corona-Krise Änderungen der Supply-Chain-Strategien erforderlich macht, 33 Prozent glauben das nicht. Recht einig hingegen ist sich die Branche in der Frage, ob sich staatliche Förderrmaßnahmen im Zuge der Pandemie an Nachhaltigkeitskriterien orientieren sollten: 68 Prozent befürworten dies, 20 Prozent lehnen es ab.

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