Ein Gift hilft Wasserstoff produzierende Biokatalysatoren zu verstehen

Das giftige Cyanidmolekül greift die Enzyme an, ermöglicht aber auch neue Einblicke in die Katalyse

20.12.2022 - Deutschland

In der Natur sind bestimmte Enzyme, sogenannte Hydrogenasen, in der Lage, molekularen Wasserstoff (H2) zu produzieren. Spezielle Arten dieser Biokatalysatoren, sogenannte [FeFe]-Hydrogenasen, sind äußerst effizient und daher für die biobasierte Wasserstoffherstellung von Interesse. Obwohl die Wissenschaft bereits viel über die Funktionsweise dieser Enzyme weiß, sind einige Details noch nicht vollständig geklärt. Eine Wissenslücke konnte die Arbeitsgruppe Photobiotechnologie der Ruhr-Universität Bochum um Dr. Jifu Duan und Prof. Dr. Thomas Happe schließen. Die Forschenden zeigten, dass externes Cyanid an die [FeFe]-Hydrogenasen bindet und die Wasserstoffbildung hemmt. Dabei konnten sie eine strukturelle Veränderung in der Protonentransportbahn nachweisen, die die Kopplung von Elektronen- und Protonentransport verstehen hilft. Sie berichten in der Zeitschrift „Angewandte Chemie“ vom 4. Dezember 2022.

© RUB, Marquard

Thomas Happe erforscht Biokatalysatoren, die auf umweltfreundlichem Weg Wasserstoff herstellen können.

Ausgeklügelter interner Katalysator

Um Wasserstoff zu erzeugen, übertragen die Biokatalysatoren Elektronen auf Protonen, wobei sie eine ausgeklügelte Struktur als internen Katalysator verwenden. Dieser sogenannte H-Cluster enthält elektronisch aktive Eisenionen, die an das gebunden sind, was die meisten Menschen als Toxine kennen: Kohlenmonoxid und Cyanid. Doch obwohl internes Kohlenmonoxid und Cyanid für die hohe Aktivität der Hydrogenasen bedeutend sind, verhindert zusätzliches externes Kohlenmonoxid, wenn es an den H-Cluster bindet, dessen H2-Produktion. „Interessanterweise ist auch Cyanid ein bekannter Hemmstoff für eisenhaltige Biokatalysatoren“, so Jifu Duan. „Seine Wirkung auf [FeFe]-Hydrogenasen wurde jedoch bisher kaum untersucht.“

Diese Lücke konnte das Bochumer Forschungsteam schließen. Die Forschenden zeigten, dass auch externes Cyanid an [FeFe]-Hydrogenasen bindet und diese hemmt. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Proteinkristallographie von Prof. Dr. Eckhard Hofmann konnte das Team die Struktur von H2 produzierenden Biokatalysatoren auflösen, an die externes Cyanid gebunden war. „Die hochauflösende Struktur in Kombination mit spektroskopischen Analysen zeigt uns, dass das externe Cyanid direkt an den H-Cluster bindet, ähnlich wie bei anderen bisher untersuchten Inhibitoren“, sagt Jifu Duan. „Das erklärt, warum die Hydrogenase nach der Behandlung mit Cyanid inaktiv ist.“

Zufällig einen Übergangszustand erfasst

Als die Wissenschaftler die Struktur der mit Cyanid vergifteten Hydrogenase genauer untersuchten, erlebten sie eine Überraschung: Sie fanden strukturelle Veränderungen in der Protonentransportbahn, die notwendig ist, um die Protonen, die zu H2 werden, zum H-Cluster zu leiten. „Diese Veränderung wurde als entscheidend für einen effizienten Protonen-Shuttle vermutet, war aber strukturell noch nie beobachtet worden. Zufälligerweise half uns die Cyanidbindung, einen solchen Übergangszustand zu erfassen“, sagt Jian Duan. „Diese Erkenntnisse sind wichtig, um die Kopplung von Elektronen- und Protonentransport zu verstehen, die nicht nur für H2 erzeugende Enzyme, sondern auch für viele andere Biokatalysatoren von Bedeutung ist“, schließt Thomas Happe.

Originalveröffentlichung

Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen

Entdecken Sie die neuesten Entwicklungen in der Batterietechnologie!