Gute Nachrichten bleiben rar

Wirtschaftliche Lage der chemisch-pharmazeutischen Industrie

18.03.2024
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Nach der langen Dürrephase keimt erste Hoffnung auf: Einzelne Unternehmen berichten von einer leicht verbesserten Auftragslage (Symbolbild).

Die chemisch-pharmazeutische Industrie hat das Jahr 2023 mit einem ernüchternden Schlussquartal abgeschlossen. Besonders die fehlenden Aufträge als Folge der schwachen Industriekonjunktur in Europa und der intensive Wettbewerb führten zu Umsatzrückgängen im In- und Ausland. Weitere Produktionsdrosselungen waren die Folge.

VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup kommentiert die aktuelle Situation: "Das Jahr 2023 hat auf der ganzen Linie enttäuscht. Und die guten Nachrichten für den Standort Deutschland bleiben auch weiterhin rar gesät. Nicht nur die chemisch-pharmazeutische Industrie, sondern die gesamte heimische Wirtschaft leidet weiterhin unter der schleppenden Konjunktur und den strukturellen Problemen. Trotzdem keimt nach der langen Dürrephase erste Hoffnung auf. Seit Februar berichten einzelne Unternehmen von einer leicht verbesserten Auftragslage - vor allem im Ausland. Dieses zarte Pflänzchen einer wirtschaftlichen Erholung braucht jetzt Wasser, Dünger und viel Licht. Auch von der Politik."

Denn trotz dieser vorsichtig positiven Signale ist aus Sicht des VCI noch keine konjunkturelle Trendwende erkennbar. Die Lage auf den Energie- und Rohstoffmärkten bleibt angespannt. Der anhaltende Auftragsmangel in Verbindung mit den hohen Produktionskosten am Standort Deutschland belastet weiterhin die Geschäfte.

Die wirtschaftlichen Zahlen im Überblick

  • Die Produktion ging im Vergleich zum Vorquartal um 2,3 Prozent zurück. Im Vorjahresvergleich entsprach dies einem Minus von 4,3 Prozent. Die Kapazitäten der Branche waren mit 77,2 Prozent nicht ausgelastet.
  • Die Erzeugerpreise gingen im Vergleich zum Vorquartal um 0,1 Prozent zurück. Damit waren chemische und pharmazeutische Erzeugnisse 5,3 Prozent günstiger als ein Jahr zuvor.
  • Der Umsatz der Chemie- und Pharmaindustrie sank saisonbereinigt um 1 Prozent auf insgesamt 51,3 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahr sanken die Verkaufserlöse um 11,9 Prozent.
  • Die Zahl der Beschäftigten in der chemisch-pharmazeutischen Industrie blieb mit rund 477.000 Beschäftigten stabil.
  • Betrachtet man das Gesamtjahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr, ging die Produktion um 7,9 Prozent zurück und der Umsatz sank um 12,2 Prozent auf insgesamt 229,3 Mrd. Euro.
  • Für das Gesamtjahr 2024 rechnet der VCI mit einer auf niedrigem Niveau stagnierenden Produktion. Bei rückläufigen Preisen wird der Branchenumsatz in diesem Jahr voraussichtlich um 3,5 Prozent sinken.

Der deutschen Wirtschaft macht nicht nur die schwache Konjunktur weiterhin zu schaffen, sondern vor allem die Wettbewerbsnachteile am Standort Deutschland. Und letztere werden im Aufschwung nicht von allein verschwinden. "Die deutsche Wirtschaft braucht dringend ein Comeback. Dazu ist eine Kehrtwende in der Wirtschaftspolitik nötig, die den Fokus auf Wachstum, Transformation und Resilienz legt. Wir müssen an die Ursachen der Standortschwäche ran und nicht deren Symptome mit viel Geld kurieren", sagt Wolfgang Große Entrup. Der Verband fordert die Bundesregierung auf, den wirtschaftspolitischen Kompass neu auszurichten. Sie muss mit ihrer Politik wieder berechenbar werden und zu ihren Entscheidungen stehen. Unternehmen brauchen den Glauben an dauerhaft bezahlbare Energiepreise, smarte Regulierung, vernünftige Unternehmenssteuern und Luft zum Atmen bei Bürokratie und Genehmigungsverfahren.

Klarheit, Berechenbarkeit und Vertrauen sind auch auf europäischer Ebene dringend erforderlich. Die Europawahl im Juni bietet gute Chancen für eine Neujustierung. Für die kommende Legislaturperiode braucht es auch hier einen neuen Politikstil: Die EU muss mehr fördern, Anreize schaffen, Freiräume lassen - und insgesamt für ein Umfeld sorgen, in dem sich unsere Branche angemessen entfalten kann. Einen Lichtblick gibt die Antwerpener Erklärung, die einen 10-Punkte-Plan für einen Industrial Deal umfasst, den Wirtschaft und Politik im Februar gemeinsam auf den Weg gebracht haben. Die notwendigen Strukturreformen bedeuten einen immensen Kraftakt für alle Beteiligten. Aber nur ein wirtschaftlich starkes Europa kann in einer zunehmend volatilen Welt auch politische Stärke zeigen.

Gleiches gilt auch für Deutschland: "Veränderungen sind notwendig, um Deutschland zurück zu alter Stärke zu führen", so Große Entrup. "Am Ende werden alle davon profitieren: Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Wir bewahren uns als innovative und starke Branche auch in diesen schwierigen Zeiten die Zuversicht und arbeiten mit ganzer Kraft am Comeback dieses Landes."

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